Bielefeld (ots) - Wenn Bremen kein Bundesland wäre, würde das wohl kaum jemanden stören - außer die Bremer und die Bremerhavener natürlich. Doch in zwei Wochen kommt der kleine Zwei-Städte-Staat groß raus. Am 26. Mai wird hier ein neues Landesparlament gewählt - und dabei mal wieder über das Schicksal der SPD entschieden. Ziemlich genau ein Jahr ist Andrea Nahles jetzt Vorsitzende der Sozialdemokraten, nun geht ihr banger Blick in Richtung Weser. Während man bei der zeitgleich stattfindenden Europawahl trotz der prominenten Spitzenkandidatin und Noch-Justizministerin Katarina Barley schon mit einem Ergebnis von rund um die 20 Prozent zufrieden wäre, geht es in Bremen um mehr. Denn in den vergangenen 74 Jahren hat in der Hansestadt immer nur die SPD regiert. 19 Mal haben die Sozialdemokraten hier gewonnen, doch diese Dominanz könnte nun ein Ende haben. Gegenwärtig liegen SPD und CDU in Umfragen gleichauf bei 25 Prozent. Entscheidend könnten die Grünen werden, die mit 19 Prozent auf Rang drei rangieren und womöglich darüber entscheiden, ob es eine rot-rot-grüne Regierung unter Führung der SPD gibt oder ob am Weserstrand demnächst die Flagge Jamaikas gehisst wird und CDU, Grüne und FDP koalieren. Ironie am Rande: Ausgerechnet ein Neuling könnte für die CDU die letzte rote Bastion erobern. Der 58-jährige Carsten Meyer-Heder ist Chef einer Software-Firma und hat noch nie Politik gemacht. Ganz anders als Carsten Sieling, der vor vier Jahren von Jens Böhrnsen das Amt des Bürgermeisters übernommen hat. Sieling ist seit fast 25 Jahren in der Politik, war in Bremen mal Parteivorsitzender, mal Chef der Bürgerschaftsfraktion und saß im Bundestag. Allerdings: Eine Wahl hat der 60-Jährige für die SPD noch nie gewonnen. Brüssel und Bremen - geht's hier wie dort schief, könnte das in der SPD eine unkalkulierbare Dynamik in Gang setzen. Das wäre gewiss ungerecht, denn Andrea Nahles wäre weder für das Eine noch für das Andere allein verantwortlich zu machen. Doch die Neigung der Sozialdemokraten, Probleme an Personen und nicht an Programmen festzumachen, ist groß. Und die Erfolge der SPD-Frontfrau sind bescheiden: Zwar hat die 48-Jährige ihre Partei nach dem Martin-Schulz-Desaster stabilisiert - doch auf äußerst niedrigem Niveau. So sieht sich Nahles von Kritikern umstellt. Hier der stille Olaf Scholz, der seine ganz eigene Agenda verfolgt, dort umso lauter ihr Vorgänger Sigmar Gabriel und Ex-Kanzler Gerhard Schröder. Und dann ist da ja noch Kevin Kühnert. Freilich liefert die 48-Jährige auch immer wieder die passenden Steilvorlagen. Ihre Bätschi-Momente wirken so unseriös wie ihre öffentlichen Gesangseinlagen unmelodisch sind. Peinlich ist beides. Wie peinlich aber wird's erst am 27. Mai?
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