Mainz (ots) - Nicht die Vernunft hat in Österreich gesiegt, sondern die Macht der vierten Gewalt. Was für eine Ironie: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache witterte die Chance, Medien auf Linie zu trimmen, stattdessen stürzt er über Enthüllungen der Presse. Der Skandal zeigt mal wieder, wie wichtig unabhängiger Journalismus für das Funktionieren der Demokratie ist. Zur Urheberschaft des Videos stehen zwar berechtigte Fragen im Raum: Wer hat es aufgenommen? Und was hat Satiriker Jan Böhmermann damit zu tun, der gerne Politiker öffentlich vorführt und früh von dem kompromittierenden Material wusste? Doch das sind bei nüchterner Betrachtung Nebenaspekte. Die Umstände ihrer Entstehung ändern nichts daran, dass diese Aufnahmen die Selbstdemaskierung und -demontage des führenden österreichischen Rechtspopulisten dokumentieren. Zu seiner Verteidigung hat Strache nicht mehr aufzubieten, als das in rechten Kreisen übliche Muster: einfach den Spieß umdrehen. Man ist nicht Täter, sondern Opfer. Und dreist ignorieren, dass der larmoyante Vorwurf der "Perfidie" und "Niederträchtigkeit" an die Gegner doppelt und dreifach auf einen selbst zurückfällt. Strache gab sich als politischer Saubermann, scherte sich in Wahrheit jedoch wenig um demokratische Prinzipien und hätte keine Skrupel, aus reiner Machtgier die österreichische Republik an obskure Investoren zu verhökern. Die Krise in Wien mag dazu beitragen, den Rechtspopulismus zu entzaubern und seinen Aufstieg in Europa abzubremsen. Doch eine Trendwende ist nicht in Sicht. Nicht nur in Amerika gibt es inzwischen jede Menge Wähler, die offenkundiges politisches Schurkentum nicht davon abhält, ihr Kreuzchen bei Schurken zu machen.
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