Nach der Parlamentswahl in Belgien steht dem Königreich einmal mehr eine schwierige Regierungsbildung bevor. Die flämischen Nationalisten bleiben Zwischenergebnissen zufolge trotz deutlicher Verluste am Sonntag stärkste Kraft, der rechtsextreme Vlaams Belang konnte kräftig zulegen. Die Zukunft des liberalen Premierministers Charles Michel ist ungewiss.
Obwohl die flämisch-nationalistische N-VA mehr Stimmen als jede andere Partei holte, sprach deren Vorsitzender Bart De Wever am Abend von einer Niederlage. "Wir haben die Wahlen verloren, ich gratuliere dem Vlaams Belang", sagte er der Tageszeitung "L'Echo" zufolge. Nach Auszählung der Stimmen aus rund 6000 von 6700 Wahlkreisen kam seine Partei zwar noch auf knapp 17,5 Prozent der Stimmen. Vor fünf Jahren waren es aber noch gut 20 Prozent gewesen. Die N-VA geriet zuletzt unter Druck durch den Vlaams Belang, der dem Zwischenstand zufolge auf knapp 13 Prozent kam - dies wäre ein Plus von knapp 10 Prozentpunkten.
Bis Ende 2018 war die N-VA sogar noch Teil der Mitte-Rechts-Koalition des liberalen Premiers Michel gewesen. Dann stellte sie sich jedoch gegen den UN-Migrationspakt und ließ die Koalition platzen. Seitdem besteht die Regierung aus den flämischen Christdemokraten der CD&V sowie den flämischen und den wallonischen Liberalen Open-VLD und MR.
Regierungsbildungen sind in dem Königreich traditionell kompliziert. Die Parteien haben jeweils eigene Ableger im flämischen Norden und in der französischsprachigen Wallonie im Süden, in der Koalition sollen Parteien aus beiden Teilen des Landes sein. Nach den Wahlen vom Sommer 2010 hatte es in Belgien 541 Tage gedauert, bis Sozialisten, Christdemokraten und Liberale beider Sprachgruppen sich auf eine Koalition einigten, um ohne die N-VA eine Regierung bilden zu können. 2014 stand die Koalition nach gut vier Monaten. Bereits am Sonntagabend schlossen einige Politiker die Zusammenarbeit mit dem Vlaams Belang aus.
Hinzugewinnen konnten am Sonntag in beiden Landesteilen vor allem die Grünen. Michels MR verlor dem Zwischenstand zufolge knapp drei Prozentpunkte, auch die konservativen Parteien im Süden und im Norden büßten Stimmen ein. Gleiches gilt für die Sozialdemokraten in Flandern und der Wallonie./wim/DP/edh
AXC0139 2019-05-26/23:38