Berlin (ots) - Bei der Europawahl haben die Bürger ein wichtiges Signal gesetzt: Die gestiegene Wahlbeteiligung wurde zum Triumph der Demokraten. Die Glaubwürdigkeit des EU-Parlaments ist gestärkt. Doch wenn sich die EU-Regierungschefs an diesem Dienstag zum Abendessen in Brüssel treffen, droht der große Rückschlag: Wird der neue Präsident der Kommission doch wieder hinter verschlossenen Türen ausgekungelt? Ein zentrales Wahlversprechen wäre gebrochen: Nur wer als Spitzenkandidat bei der Europawahl angetreten ist, sollte Regierungschef der EU werden können, so hatten es die meisten etablierten Parteien im Sinne von demokratischer Transparenz versprochen. Das Problem: Gewählt wird der Präsident vom Parlament - vorgeschlagen aber er von den Regierungschefs. Zu Recht erhebt der christdemokratische Spitzenkandidat Manfred Weber den Anspruch auf den Top-Job. Nicht weil Deutschland mal wieder dran wäre. Sondern weil Webers EVP klar stärkste Partei geblieben ist. Eine Mehrheit in der Volksvertretung muss der sanfte Bayer selbst schmieden, vor allem mit inhaltlichen Zugeständnissen. Aber sein Versuch hat alle Unterstützung verdient, auch durch den Gipfel. Die Querschüsse des französischen Präsidenten sind nicht akzeptabel. Macron will zurück zur Kungelei und Weber verhindern. Dabei ist der CSU-Vize gerade jetzt der richtige Kandidat. Gebraucht wird an der Spitze der Kommission kein autoritärer Kraftmeier, sondern angesichts der Zersplitterung im Parlament ein Moderator, ein Brückenbauer. Genau das ist Weber. Aber was er jetzt benötigt, ist die Hilfe der Kanzlerin. Angela Merkel muss deutlich machen, dass sie auch im Ernstfall hinter Weber steht und nicht Hintertüren offen hält. Sonst dürfen sich die Wähler verschaukelt fühlen. Das neue Ansehen des Parlaments wäre rasch wieder verspielt.
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