Bielefeld (ots) - Andrea Nahles hat den Schlussstrich gezogen. Sie wollte Klarheit und hat sie bekommen. Ihr Rücktritt von allen Ämtern ist konsequent und verdient Respekt. Die Auswirkungen sind jedoch gravierend - für die SPD, die Große Koalition und die politische Stabilität in Deutschland insgesamt.
Einer möglichen Abwahl als Fraktionschefin ist die 48-Jährige zuvorgekommen. Besser macht es das für die SPD nicht. Dem tagelangen Machtkampf voller Intrigen und Indiskretionen folgte nun das Ende.
Andrea Nahles zog die Reißleine, weil ihr der Rückhalt der Partei gefehlt hat. Den hatte sie aber schon längst nicht mehr. Spätestens nach der Europawahl und dem katastrophalen Abschneiden in Bremen war sie bereits in höchster Not. Von Putsch war zuletzt die Rede, aber niemand traute sich aus der Deckung. Die aktuelle Forsa-Umfrage hat das Fass möglicherweise zum Überlaufen gebracht. Die sah die SPD nur noch bei zwölf Prozent.
Das Problem der SPD ist nicht nur Andrea Nahles, sondern die Partei selbst. Sie ist seit Jahren zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Sie weiß nicht, wofür sie steht, wohin sie will und wer sie eigentlich ist. Die internen Querelen, Machtkämpfe und Personaldiskussionen, aber auch ständige Störfeuer wie die von Juso-Chef Kevin Kühnert, haben der Partei Glaubwürdigkeit und Akzeptanz entzogen. Wenn dann auch noch Sigmar Gabriel seine Partei zu einer »Entgiftung« aufruft, dann weiß man, wie es um die Kommunikation der SPD bestellt ist. Die schlechte Performance hat die aus SPD-Sicht gute Sachpolitik übertüncht. Beispiele sind Themen wie der Mindestlohn, die Mütterrente, das Kita-Gesetz, die Parität bei den Kassenbeiträgen oder die besseren Bedingungen für Paketzusteller.
Zum schlechten Stil innerhalb der SPD und auch zum Fehlen von Sympathieträgern an der Spitze kommt erschwerend hinzu, dass die Partei sich in den Fängen der Großen Koalition herumquält. Erst wollte sie nicht rein, jetzt will oder kann sie möglicherweise nicht wieder raus. Kündigt die Partei die GroKo auf, würde das zu Neuwahlen im Herbst führen. Aber dieses Szenario würde die SPD noch tiefer in den Abgrund stürzen, als es schon jetzt der Fall ist. Zudem würde die Partei alleine für das Scheitern der Regierung verantwortlich gemacht. Besser wäre für die SPD ein geordneter Rückzug in die Opposition, aber der ist eben nicht so leicht möglich. Vermutlich nicht einmal die Grünen halten Neuwahlen noch in diesem Jahr für richtig - selbst wenn sie dann vielleicht stärkste Partei würden. Aber dieser großen Verantwortung wollten und könnten die Grünen niemals gerecht werden. Immerhin müssten sie nach aktuellen Umfragen sogar darauf vorbereitet sein, möglicherweise die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler zu stellen.
Auch für die CDU käme das Ende der Großen Koalition zu einer falschen Zeit. Erstens aufgrund der jüngsten Europawahlergebnisse, zweitens wegen des Versprechens Angela Merkels, Kanzlerin bis 2021 bleiben zu wollen, und drittens, weil Annegret Kramp-Karrenbauers Beliebtheitswerte aktuell nicht gerade gut sind.
Andrea Nahles ist zurückgetreten. Sie hat den Weg frei gemacht für einen Nachfolger, der im Herbst mit gleich drei historischen Landtagswahl-Niederlagen starten dürfte. Die Lage der SPD ist ernst - im Herbst könnte sie sehr ernst werden.
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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Andreas Kolesch Telefon: 0521 585-261 wb@westfalen-blatt.de
Einer möglichen Abwahl als Fraktionschefin ist die 48-Jährige zuvorgekommen. Besser macht es das für die SPD nicht. Dem tagelangen Machtkampf voller Intrigen und Indiskretionen folgte nun das Ende.
Andrea Nahles zog die Reißleine, weil ihr der Rückhalt der Partei gefehlt hat. Den hatte sie aber schon längst nicht mehr. Spätestens nach der Europawahl und dem katastrophalen Abschneiden in Bremen war sie bereits in höchster Not. Von Putsch war zuletzt die Rede, aber niemand traute sich aus der Deckung. Die aktuelle Forsa-Umfrage hat das Fass möglicherweise zum Überlaufen gebracht. Die sah die SPD nur noch bei zwölf Prozent.
Das Problem der SPD ist nicht nur Andrea Nahles, sondern die Partei selbst. Sie ist seit Jahren zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Sie weiß nicht, wofür sie steht, wohin sie will und wer sie eigentlich ist. Die internen Querelen, Machtkämpfe und Personaldiskussionen, aber auch ständige Störfeuer wie die von Juso-Chef Kevin Kühnert, haben der Partei Glaubwürdigkeit und Akzeptanz entzogen. Wenn dann auch noch Sigmar Gabriel seine Partei zu einer »Entgiftung« aufruft, dann weiß man, wie es um die Kommunikation der SPD bestellt ist. Die schlechte Performance hat die aus SPD-Sicht gute Sachpolitik übertüncht. Beispiele sind Themen wie der Mindestlohn, die Mütterrente, das Kita-Gesetz, die Parität bei den Kassenbeiträgen oder die besseren Bedingungen für Paketzusteller.
Zum schlechten Stil innerhalb der SPD und auch zum Fehlen von Sympathieträgern an der Spitze kommt erschwerend hinzu, dass die Partei sich in den Fängen der Großen Koalition herumquält. Erst wollte sie nicht rein, jetzt will oder kann sie möglicherweise nicht wieder raus. Kündigt die Partei die GroKo auf, würde das zu Neuwahlen im Herbst führen. Aber dieses Szenario würde die SPD noch tiefer in den Abgrund stürzen, als es schon jetzt der Fall ist. Zudem würde die Partei alleine für das Scheitern der Regierung verantwortlich gemacht. Besser wäre für die SPD ein geordneter Rückzug in die Opposition, aber der ist eben nicht so leicht möglich. Vermutlich nicht einmal die Grünen halten Neuwahlen noch in diesem Jahr für richtig - selbst wenn sie dann vielleicht stärkste Partei würden. Aber dieser großen Verantwortung wollten und könnten die Grünen niemals gerecht werden. Immerhin müssten sie nach aktuellen Umfragen sogar darauf vorbereitet sein, möglicherweise die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler zu stellen.
Auch für die CDU käme das Ende der Großen Koalition zu einer falschen Zeit. Erstens aufgrund der jüngsten Europawahlergebnisse, zweitens wegen des Versprechens Angela Merkels, Kanzlerin bis 2021 bleiben zu wollen, und drittens, weil Annegret Kramp-Karrenbauers Beliebtheitswerte aktuell nicht gerade gut sind.
Andrea Nahles ist zurückgetreten. Sie hat den Weg frei gemacht für einen Nachfolger, der im Herbst mit gleich drei historischen Landtagswahl-Niederlagen starten dürfte. Die Lage der SPD ist ernst - im Herbst könnte sie sehr ernst werden.
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