Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat bei einem Besuch im Irak angesichts zunehmender Spannungen in der Krisenregion zur Deeskalation aufgerufen. "Die Gefahr, dass Fehlkalkulationen, Missverständnisse, Provokationen in einer höchst angespannten Region zu unabsehbaren Folgen führen, ist klar vorhanden", sagte er bei seiner Ankunft in Bagdad. Besonders der Streit über das Atomabkommen mit dem Iran habe "die Fieberkurve heftig ausschlagen lassen".
Vor einem Jahr war US-Präsident Donald Trump einseitig aus dem internationalen Abkommen mit dem Iran ausgestiegen, das Teheran im Gegenzug zum kontrollierten Verzicht auf Atomwaffen ein Recht auf ein ziviles Atomprogramm einräumt. Er setzte schrittweise harte Wirtschaftssanktionen wieder in Kraft, die den Iran von den Energie- und Finanzmärkten abschneiden sollen und das Land in eine Krise stürzten.
Die USA werfen der Führung in Teheran vor, Konflikte in der Region anzuheizen und Terrorismus zu unterstützen. Sie haben bereits einen Flugzeugträger und eine Bomberstaffel in die Region geschickt und wollen 1500 zusätzliche Soldaten dort stationieren.
Der Irak gilt als möglicher Schauplatz einer militärischen Eskalation zwischen den USA und dem Iran. In dem Land sind Schiitenmilizen aktiv, die von Teheran unterstützt werden. Zugleich sind dort mehrere Tausend US-Soldaten stationiert, die Iraks Armee ausbilden und im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) unterstützen.
"Die jüngste Zuspitzung fordert uns als europäische Nachbarn: einzutreten für Deeskalation und friedlichen Ausgleich", sagte Maas. "Wir können Dialog nicht nur anmahnen, sondern müssen ihn führen - gerade dort, wo Gegensätze unaufhebbar scheinen und langjährige Konflikte tief sitzen."
Der Besuch des Außenministers in Bagdad war aus Sicherheitsgründen nicht angekündigt worden. Er flog mit einem Militärtransporter des Typs Transall vom jordanischen Luftwaffenstützpunkt Al-Asrak dorthin. In der irakischen Hauptstadt kommt es immer wieder zu Anschlägen.
Maas wollte mit Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi und Präsident Barham Salih über die zunehmenden Spannungen in der Region sprechen. Am Sonntag will er nach Zwischenstopps in Jordanien und in den Vereinigten Arabischen Emiraten in den Iran weiterreisen.
Dort will er versuchen, die iranische Führung von einem Ausstieg aus dem Abkommen abzuhalten. Der Iran hat den verbliebenen Vertragspartnern - neben Deutschland sind das Großbritannien, Frankreich, China und Russland - eine Frist bis zum 7. Juli gesetzt, um für die in dem Abkommen versprochenen wirtschaftlichen Zugeständnisse zu sorgen. "Wir Europäer sind überzeugt, dass es alle Mühe wert ist, für den Erhalt der Wiener Nuklearvereinbarung mit Iran zu arbeiten", sagte Maas in Bagdad.
Auch der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe wird in den kommenden Tagen in Teheran erwartet. Abe will den Iran zu Verhandlungen mit den USA motivieren.
Allerdings ist der Iran nur zu Gesprächen mit Washington bereit, wenn Trump zum Wiener Atomabkommen zurückkehrt und die Sanktionen aufhebt. Erst am Freitag verhängte Washington aber neue Sanktionen, diesmal gegen den iranischen Petrochemie-Konzern PGPIC. Zur Begründung hieß es, PGPIC habe Verbindungen zu den iranischen Revolutionsgarden. Das Teheraner Außenministerium wertete dies als "Wirtschaftsterrorismus" und Beleg dafür, dass Trumps Gesprächsangebote "absurd, leer und betrügerisch" seien./mfi/DP/zb
AXC0037 2019-06-08/18:20