Berlin (ots) - Kurzform: Es mag gute Gründe für die Einführung einer Selbstkontrolle der Wettbewerber gegeben haben. Doch wo sich der Staat zurückzieht, werden Lücken im Recht ausgenutzt. In diesem Fall sind es einmal "die Guten" in ihrem Einsatz für Umwelt und Verbraucher. Das ändert nichts daran, dass das genutzte Instrument der Abmahnungen ein sehr fragwürdiges bleibt. Es wäre besser, in diesem Zusammenhang über eine Reform des Wettbewerbsrechts zu diskutieren statt über den Entzug der Klagebefugnis für die Umwelthilfe.
Der vollständige Leitartikel: Wetten gegen die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sind bei Gerichtsverfahren des Vereins aussichtslos. Ob im Kampf gegen die schlechte Luft in den Städten oder wie jetzt gegen den Versuch, eine ihrer wichtigsten Finanzierungsquellen auszutrocknen: Die Umwelthilfe geht so gut wie immer als Sieger aus dem Gerichtssaal. Das hat vor allem zwei Gründe. Erstens verfügt die DUH über einen ausgezeichneten Rechtsbeistand in Person des Anwalts Remo Klinger. Zweitens, und das ist der wichtigere Grund, handelt sie innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens. Das hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe am Donnerstag wieder einmal bestätigt. Hier ging es um die Abmahnungen, die der Verein bei Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht gebührenpflichtig aussprechen darf. Alles geht korrekt zu. Und trotzdem haftet der Abmahnpraxis der Umwelthilfe ein fader Beigeschmack an. Es passt nicht recht in das Rechtsverständnis eines normalen Bürgers, dass Händler für kleinere Nachlässigkeiten kräftig zur Kasse gebeten werden. Moralisch zweifelhaft erscheint auch das Vorgehen, mit einer Art Fahnder durch die Autohäuser der Republik zu ziehen, um derlei Schwachstellen zu entdecken. Rechtens ist es trotzdem. Es zeigt sich nicht zum ersten Mal als ein Schwachpunkt des Wettbewerbsrechts. Das war zum Beispiel auch bei der Einführung der Datenschutzgrundverordnung der Fall. Die Angst vor windigen Anwaltskanzleien auf bundesweitem Abmahnkurs war seinerzeit groß. Auch die weniger gut beleumdeten Makler wurden vor Jahren schon zu Opfern von heute nicht mehr existenten Abmahnvereinen. Über die Ursache der Auswüchse, zu denen auch die Praxis der Deutschen Umwelthilfe gehört, wird weniger geredet. Der Staat überlässt die Kontrolle seiner gesetzlichen Vorgaben der Privatwirtschaft und ihren Verbänden. Sie überwachen sich sozusagen gegenseitig hinsichtlich der Einhaltung geltender Regeln. Es mag gute Gründe für die Einführung einer Selbstkontrolle der Wettbewerber gegeben haben. Doch wo sich der Staat zurückzieht, werden Lücken im Recht ausgenutzt. In diesem Fall sind es einmal "die Guten" in ihrem Einsatz für Umwelt und Verbraucher. Das ändert nichts daran, dass das genutzte Instrument der Abmahnungen ein sehr fragwürdiges bleibt. Es wäre jedoch besser, in diesem Zusammenhang über eine Reform des Wettbewerbsrechts zu diskutieren statt über den Entzug der Klagebefugnis für die Umwelthilfe. Diesen Schluss sollten sich auch jene merken, die dem Verein einen Feldzug gegen den wirtschaftlich so erfolgreichen Dieselmotor unterstellen. Auch hier wurden Ursache und Wirkung immer wieder durcheinandergebracht. Es waren Politiker, die die Definition illegaler Abschalteinrichtungen in der Motorsteuerung bewusst so schwammig formulierten, dass die Automobilindustrie dies als Freibrief für Mogeleien ansehen konnte. Dass die Deutsche Umwelthilfe die Tricks aufdeckte, lässt sich ihr kaum vorwerfen. Es sind auch Politiker, die trotz der bekannten Missstände scharfe Kontrollen durch das zuständige Kraftfahrt-Bundesamt unterbinden und geschädigte Verbraucher im Regen stehen lassen. Erst die Gerichte haben die Politik auf Trab gebracht. Unter dem Strich ist das jüngste Urteil wie auch schon vergangene Gerichtsentscheidungen vor allem ein Beleg für einen funktionierenden Rechtsstaat. Das ist unabhängig vom inhaltlichen Standpunkt des jeweiligen Betrachters ein Gewinn für alle.
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Der vollständige Leitartikel: Wetten gegen die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sind bei Gerichtsverfahren des Vereins aussichtslos. Ob im Kampf gegen die schlechte Luft in den Städten oder wie jetzt gegen den Versuch, eine ihrer wichtigsten Finanzierungsquellen auszutrocknen: Die Umwelthilfe geht so gut wie immer als Sieger aus dem Gerichtssaal. Das hat vor allem zwei Gründe. Erstens verfügt die DUH über einen ausgezeichneten Rechtsbeistand in Person des Anwalts Remo Klinger. Zweitens, und das ist der wichtigere Grund, handelt sie innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens. Das hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe am Donnerstag wieder einmal bestätigt. Hier ging es um die Abmahnungen, die der Verein bei Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht gebührenpflichtig aussprechen darf. Alles geht korrekt zu. Und trotzdem haftet der Abmahnpraxis der Umwelthilfe ein fader Beigeschmack an. Es passt nicht recht in das Rechtsverständnis eines normalen Bürgers, dass Händler für kleinere Nachlässigkeiten kräftig zur Kasse gebeten werden. Moralisch zweifelhaft erscheint auch das Vorgehen, mit einer Art Fahnder durch die Autohäuser der Republik zu ziehen, um derlei Schwachstellen zu entdecken. Rechtens ist es trotzdem. Es zeigt sich nicht zum ersten Mal als ein Schwachpunkt des Wettbewerbsrechts. Das war zum Beispiel auch bei der Einführung der Datenschutzgrundverordnung der Fall. Die Angst vor windigen Anwaltskanzleien auf bundesweitem Abmahnkurs war seinerzeit groß. Auch die weniger gut beleumdeten Makler wurden vor Jahren schon zu Opfern von heute nicht mehr existenten Abmahnvereinen. Über die Ursache der Auswüchse, zu denen auch die Praxis der Deutschen Umwelthilfe gehört, wird weniger geredet. Der Staat überlässt die Kontrolle seiner gesetzlichen Vorgaben der Privatwirtschaft und ihren Verbänden. Sie überwachen sich sozusagen gegenseitig hinsichtlich der Einhaltung geltender Regeln. Es mag gute Gründe für die Einführung einer Selbstkontrolle der Wettbewerber gegeben haben. Doch wo sich der Staat zurückzieht, werden Lücken im Recht ausgenutzt. In diesem Fall sind es einmal "die Guten" in ihrem Einsatz für Umwelt und Verbraucher. Das ändert nichts daran, dass das genutzte Instrument der Abmahnungen ein sehr fragwürdiges bleibt. Es wäre jedoch besser, in diesem Zusammenhang über eine Reform des Wettbewerbsrechts zu diskutieren statt über den Entzug der Klagebefugnis für die Umwelthilfe. Diesen Schluss sollten sich auch jene merken, die dem Verein einen Feldzug gegen den wirtschaftlich so erfolgreichen Dieselmotor unterstellen. Auch hier wurden Ursache und Wirkung immer wieder durcheinandergebracht. Es waren Politiker, die die Definition illegaler Abschalteinrichtungen in der Motorsteuerung bewusst so schwammig formulierten, dass die Automobilindustrie dies als Freibrief für Mogeleien ansehen konnte. Dass die Deutsche Umwelthilfe die Tricks aufdeckte, lässt sich ihr kaum vorwerfen. Es sind auch Politiker, die trotz der bekannten Missstände scharfe Kontrollen durch das zuständige Kraftfahrt-Bundesamt unterbinden und geschädigte Verbraucher im Regen stehen lassen. Erst die Gerichte haben die Politik auf Trab gebracht. Unter dem Strich ist das jüngste Urteil wie auch schon vergangene Gerichtsentscheidungen vor allem ein Beleg für einen funktionierenden Rechtsstaat. Das ist unabhängig vom inhaltlichen Standpunkt des jeweiligen Betrachters ein Gewinn für alle.
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