Von Florian Faust
NEW YORK (Dow Jones)--Auch einen Tag nach dem Zollschreck hat die Wall Street diesen am Freitag noch immer nicht verdaut. Vielmehr befanden sich die US-Börsen weiter im Würgegriff des Handelsstreits. Auch Konjunkturdaten im Rahmen der Erwartungen vermochten die Stimmung nicht zu stützen. Die überraschende Ankündigung neuer US-Zölle auf chinesische Importe durch US-Präsident Donald Trump am Vortag belastete erneut die Aktienkurse. Allerdings blieb weiteres Ungemach aus: Denn Trump verkündete die Unterzeichnung eines Abkommens mit der EU, das den Streit über den Import von Rindfleisch nach Europa beilegte. Die von einigen Marktteilnehmer befürchtete Ankündigung von US-Importzöllen auf EU-Autos blieb aus. Allerdings machte Trump klar, dass solche weiterhin nicht vom Tisch seien.
Der Dow-Jones-Index verlor 0,4 Prozent auf 26.485 Punkte, nachdem er am Vortag bereits von seinem Tageshoch rund 600 Punkte abgerutscht war. S&P-500 und Nasdaq-Composite reduzierten sich um 0,7 bzw. 1,3 Prozent. Dabei standen 1.178 (Donnerstag: 1.018) Kursgewinner 1.788 (1.957) -verlierern an der Nyse gegenüber, unverändert schlossen 73 (76) Titel. "Diese überraschende Salve von Trump nach der Zinssenkung der US-Notenbank diese Woche hat den Markt unvorbereitet getroffen", sagte Investmentstratege Eli Lee von der Bank of Singapore. Er fügte hinzu, dass die neuen Strafzölle mehr Schaden anrichten könnten als frühere Maßnahmen und verwies vor allem auf den nun betroffenen Konsumgütersektor. Die Konjunkturdaten interessierten daher kaum: "Für die Märkte rücken die Konjunkturdaten in den Hintergrund und die globale Handelspolitik bestimmt das Geschehen", sagte Derivate-Händler John Brady von R.J. O'Brien & Associates.
Während der sonst stets gewichtige US-Arbeitsmarkt einen Stellenaufbau im erwarteten Rahmen offenbarte, wobei allerdings die Daten der beiden Vormonate etwas nach unten revidiert wurden, erhöhten sich die Stundenlöhne etwas deutlicher als vorausgesagt. Die Stimmung der US-Verbraucher hatte sich im Juli aufgehellt und der auch der Auftragseingang der US-Industrie war im Juni gestiegen. Beide Datenreihen verfehlten die Markterwartungen - aber jeweils knapp. Das Defizit der US-Handelsbilanz war im Juni leicht, aber geringer als erwartet, gesunken und dürfte Trump damit weitere Argumente im Handelsstreit liefern.
Apple weiter unter Druck
Unter den Einzelwerten sanken Apple um weitere 2,1 Prozent. Die Analysten von Wedbush gingen davon aus, dass sich mit den neuen Zöllen der Gewinn je Aktie im Jahr 2020 um rund 4 Prozent reduzieren dürfte. Die US-Nachfrage für das iPhone dürfte um 6 bis 8 Millionen Einheiten sinken. Die Analysten erwarteten weiter, dass es Apple lediglich gelingen dürfte, in den kommenden 18 bis 24 Monaten etwa 5 bis 7 Prozent der Produktion von China nach Indien oder Vietnam zu verlagern.
Der Ölkonzern Exxon Mobil hatte im zweiten Quartal zwar einen Gewinneinbruch verzeichnet, die Aktie fiel um 1 Prozent. Wettbewerber Chevron hatte dank Sonderposten deutlich mehr verdient, der Umsatz war indes rückläufig. Die Titel schlossen behauptet. Der US-Telekomkonzern Sprint war in ersten Periode in die Verlustzone gerutscht. Die Papiere verloren 5,8 Prozent.
Der IT-Konzern IBM erwartet ab dem kommenden Jahr positive Ergebnisbeiträge von der jüngst übernommenen Red Hat. Zunächst aber belastete die größte Übernahme der Firmengeschichte - IBM kappte die Ergebnisprognose 2019 wegen Wertberichtigungen bei Red Hat. Die Titel sanken um 2 Prozent.
Die Netapp-Aktie brach um 20,2 Prozent ein. Das Datenspeicherunternehmen hatte einen schwächeren Start ins Geschäftsjahr von als Experten prognostiziert verzeichnet. Für Herbalife Nutrition ging es um 6,8 Prozent abwärts. Der Hersteller von Diätprodukten hatte die Prognosen der Wall Street nicht erfüllen.
Newell Brands zogen dagegen um 14,2 Prozent an. Der Anbieter von Haushaltswaren schnitt besser als gedacht ab und hob den Jahresausblick an. Brands International, Mutter der Restaurantkette Burger King, überraschte ebenfalls positiv, die Titel stiegen um 6,1 Prozent.
"Sichere Häfen" verteidigen Gewinne weitgehend
Auf die neuen US-Strafzölle auf China-Importe hatten am Devisenmarkt vermeintlich sichere Häfen wie Yen und Franken mit Aufschlägen gegenüber dem Dollar reagiert. Beide Währungen werteten weiter zum Greenback auf. Auch zum Euro schwächelte der Dollar weiter, die Gemeinschaftswährung kletterte im Tageshoch bis auf 1,1117 Dollar. Im Tagestief hatte der Euro am Vortag noch bei 1,1026 Dollar gelegen. Zuletzt ging der Euro mit 1,1108 Dollar um. Hatten Anleger am Mittwoch nach den eher falkenhaften Aussagen von US-Notenbankpräsident Jerome Powell nach der US-Zinssenkung noch an weiteren Lockerungsschritten gezweifelt, preiste der Zinsterminmarkt nach den neuen Ereignissen nun einen weiteren Zinsschritt um 25 Basispunkte im September mit einer Wahrscheinlichkeit von 98 Prozent ein. Dies schwäche den Dollar, hieß es.
Die Ölpreise, die am Vortag den größten Tagesverlust seit vier Jahren verbucht hatten, erholten sich etwas. Der Preis für ein Fass US-Leichtöl der Sorte WTI gewann 3,1 Prozent auf 55,66 Dollar. Für die globaler gehandelte Sorte Brent ging es um 2,2 Prozent auf 61,89 Dollar nach oben. Gestützt hatte die nachlassende Förderaktivität in den USA. Die Anzahl der aktiven Ölförderanlagen war die fünfte Woche in Folge gesunken. Händler gaben aber keine Entwarnung: Bei Umsetzung der jüngsten US-Zölle könnte die globale Ölnachfrage um 250.000 bis 500.000 Fass täglich sinken, mutmaßte Bank of America-Merrill Lynch.
Nach der Goldpreisrally des Vortages nahmen Anleger ein Gewinne mit. Der Preis für die Feinunze sank um 0,4 Prozent auf 1.441 Dollar. Gleichwohl war der Settlementpreis der höchste seit mehr als sechs Jahren. Gold bleibe bei der politischen Großwetterlage attraktiv, hieß es.
Auch Anleihen blieben nach den Zollankündigungen Trumps als "sicherer Hafen" gesucht. So lagen erstmalig alle Renditen deutscher Bundesanleihen im negativen Bereich. US-Staatsanleihen legten ebenfalls weiter kräftig zu. Die Rendite zehnjähriger Papiere gab weitere 4,0 Basispunkte auf 1,85 Prozent nach. Anleger preisten mit den Konjunktursorgen wegen des Handelsstreits weitere Zinssenkungen ein, hieß es.
=== INDEX zuletzt +/- % absolut +/- % YTD DJIA 26.485,01 -0,37 -98,41 13,54 S&P-500 2.932,05 -0,73 -21,51 16,96 Nasdaq-Comp. 8.004,07 -1,32 -107,05 20,63 Nasdaq-100 7.692,80 -1,39 -108,35 21,53 US-Anleihen Laufzeit Rendite Bp zu VT Rendite VT +/-Bp YTD 2 Jahre 1,71 -1,6 1,73 51,2 5 Jahre 1,66 -2,1 1,68 -26,4 7 Jahre 1,74 -2,8 1,77 -50,5 10 Jahre 1,85 -4,6 1,89 -59,6 30 Jahre 2,38 -6,3 2,44 -68,8 DEVISEN zuletzt +/- % Fr, 08:15 Uhr Do, 17.23 Uhr % YTD EUR/USD 1,1107 +0,21% 1,1085 1,1061 -3,1% EUR/JPY 118,38 -0,49% 118,72 119,72 -5,9% EUR/CHF 1,0910 -0,60% 1,0959 1,0991 -3,1% EUR/GBP 0,9139 -0,06% 0,9154 0,9115 +1,6% USD/JPY 106,58 -0,70% 107,10 108,22 -2,8% GBP/USD 1,2153 +0,27% 1,2110 1,2135 -4,8% Bitcoin BTC/USD 10.452,75 +0,37% 10.452,50 9.994,75 +181,0% ROHÖL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD WTI/Nymex 55,29 53,95 +2,5% 1,34 +15,6% Brent/ICE 61,38 60,50 +1,5% 0,88 +11,0% METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD Gold (Spot) 1.440,55 1.446,00 -0,4% -5,45 +12,3% Silber (Spot) 16,20 16,34 -0,9% -0,15 +4,5% Platin (Spot) 846,56 853,50 -0,8% -6,94 +6,3% Kupfer-Future 2,57 2,67 -3,7% -0,10 -2,9% ===
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August 02, 2019 16:15 ET (20:15 GMT)
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