Nach der Europäischen Union haben sich auch die Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein mit dem lateinamerikanischen Staatenbund Mercosur auf ein Freihandelsabkommen geeinigt. Damit würden 95 Prozent der Ausfuhren in die Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay vom Zoll befreit, teilte das schweizerische Wirtschaftsministerium am Samstag mit. Zudem würden technische Handelshemmnisse abgebaut und etwa Investitionen und Bewerbung um öffentliche Aufträge vereinfacht. Es gebe auch Bestimmungen zu Handel und nachhaltiger Entwicklung. Der Deal geriet unter anderem wegen der schweren Brände in Brasiliens Regenwald sofort in die Kritik.
Die vier europäischen Länder Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein bilden selbst eine Freihandelszone (EFTA). Darin ist die Schweiz mit einem Bruttoinlandsprodukt von gut 600 Milliarden Euro mit Abstand der größte Partner, gefolgt von Norwegen. Die EFTA hat 13,6 Millionen, Mercosur 260 Millionen Einwohner.
Der Deal beinhalte auch Verpflichtungen zum Kampf gegen illegalen Holzschlag, teilte der norwegische Wirtschaftsminister Torbjørn Røe Isaksen mit. Seine Regierung schaue sich die Situation und jüngsten Entwicklungen im Amazonasgebiet genau an. Die norwegische Opposition bezeichnete es als Skandal, dass eine Vereinbarung getroffen werde, während große Teile des Amazonas in Flammen stünden. Norwegen hatte angekündigt, Finanzhilfen an Brasilien zum Schutz des Amazonasurwalds wegen der beschleunigten Abholzung auf Eis zu legen.
Auch beim G7-Gipfel in Biarritz steht der vor kurzem ausgehandelte Deal der EU mit den Mercosur-Staaten unter Beschuss. Er würde die größte Freihandelszone der Welt aufbauen. Frankreich und Irland drohen angesichts der Brände mit einem Veto, sollte Brasilien sich nicht zu einem stärkeren Schutz des Waldes bekennen. EU-Ratspräsident Donald Tusk befürchtete ein Scheitern der Ratifizierung des Freihandelsabkommens der EU mit Mercosur für den Fall von weiteren schweren Bränden im Amazonas-Regenwald.
Die Schweizer Grünen verlangten von der Regierung, das Abkommen bei einer Volksabstimmung vorzulegen. Verträge, die mit Ländern wie Brasilien abgeschlossen würden und die "grüne Lunge und wichtigste CO2-Senke der Welt" bedrohten, müssten gestoppt werden können. Zudem brauche es wesentliche Verbesserungen zum Schutz des Regenwaldes und gegen die Vertreibung der indigenen Bevölkerung. Dem Präsidenten des Bauernverbandes, Markus Ritter, gingen Zugeständnisse bei Rindfleisch zu weit. Eine Agrarpolitik sei nicht mehr glaubwürdig, wenn einerseits im Inland strenge Vorgaben gemacht würden, deren Ziele aber andererseits bei einem Freihandelsabkommen nur noch eine untergeordnete oder gar keine Rolle mehr spielen./oe/DP/zb
AXC0058 2019-08-24/19:05