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Starke AfD in Sachsen und Brandenburg kann Wirtschaft treffen

Finanznachrichten News

BERLIN (Dow Jones)--Die Landtagswahlen am Wochenende in Sachsen und Brandenburg könnten auch zum Prüfstein für die weitere wirtschaftliche Entwicklung in diesen beiden Bundesländern werden - und darüber hinaus möglicherweise auch in den übrigen ostdeutschen Ländern. Denn ein Wahlausgang mit einem deutlichen Erstarken der AfD kann negative Konsequenzen für die Zuwanderung und Investitionen in Ostdeutschland haben, warnen Wirtschaftsforscher und Verbandsvertreter.

Schneide die AfD so stark ab, wie es zu erwarten sei, könnte das dringend benötigte Zuwanderer aus Drittstaaten abschrecken und so die Wirtschaftsentwicklung zusätzlich schwächen, erklärte der Ökonom Joachim Ragnitz vom Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung. "Wir brauchen in ganz Ostdeutschland, vor allem in Brandenburg in den periphereren Regionen, aber auch in Sachsen und in Thüringen, inzwischen Zuwanderer aus dem Ausland", sagte Ragnitz, der stellvertretender Leiter der Ifo-Niederlassung Dresden ist, zu Dow Jones Newswires. "Es wird sicherlich schwieriger, Fachkräfte aus dem Ausland, vor allem aus Nicht-EU-Ländern, zu holen, wenn die AfD stark ist."

Ausstrahlung auf alle ostdeutschen Länder 

Eine solche Entwicklung könne über die beiden Bundesländer hinausgehen und auch dazu führen, dass der "Osten über einen Kamm geschoren" werde. "Das kann sich dann negativ auf alle fünf Länder auswirken", warnte Ragnitz. Um die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben, seien aber Zuwanderung, eine Produktivitätssteigerung durch Innovationen sowie Bildung die entscheidenden Ansatzpunkte. "Das sind die drei relevanten Strategiefelder, die man bearbeiten muss." Das wesentliche Hemmnis werde demografiebedingt das Fehlen von Arbeitskräften sein - was vor allem mit Zuwanderung aus Nicht-EU-Staaten ausgeglichen werde.

Auch der Vizepräsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Oliver Holtemöller, warnte vor den negativen Folgen eines fremdenfeindlichen Klimas für die Wirtschaft. "Der wirtschaftliche Aufholprozess in den ostdeutschen Flächenländern stagniert", konstatierte er. Das hänge vor allem mit der Demografie und der Qualifikation der Erwerbsbevölkerung zusammen.

Regionen als Investitionsstandort weniger attraktiv 

Aufgrund der Alterung der Bevölkerung nehme die Attraktivität einiger Regionen in Ostdeutschland als Investitionsstandort ab, weil es dort für die Unternehmen in Zukunft schwieriger werden werde, geeignetes Personal zu finden. "Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte wäre geeignet, die Probleme zu mildern", betonte der Leiter der Abteilung Makroökonomik des IWH. "Allerdings ist das mancherorts fremdenfeindliche Klima hinderlich."

Die Ökonomen stehen mit ihren Befürchtungen nicht allein. Aus der Wirtschaft selbst wurden ähnliche Besorgnisse laut. So warnte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, eindringlich vor einem Erstarken der AfD bei den Landtagswahlen. Eine starke AfD würde dem international vernetzten Deutschland "politisch und wirtschaftlich enorm schaden", sagte Kempf der Funke-Mediengruppe laut dem Industrieverband. Auch Siemens-Chef Joe Kaeser hat bereits Position gegen die Partei bezogen.

IHK hofft auf hohe Wahlbeteiligung 

Die Unternehmen selbst und ihre Industrie- und Handelskammern (IHK) halten sich mit direkten Aussagen hierzu aber zurück. "In den vergangenen Jahren hat der Freistaat Sachsen erfolgreich umgesteuert. Alle Fragen, die die Wirtschaft berühren, stehen auf der Agenda unserer Landesregierung ganz oben", sagte der Hauptgeschäftsführer der IHK Chemnitz, Hans-Joachim Wunderlich, zu Dow Jones Newswires. "Mit einer hohen Wahlbeteiligung sollte dieser Weg fortsetzbar sein."

Hauptforderungen der regionalen Wirtschaft an die Politik sind laut einer landesweiten Befragung der sächsischen Kammern eine Entbürokratisierung und Planungsbeschleunigung, eine weitere Reduzierung des Lehrermangels und der flächendeckende Breitband- und Mobilfunkausbau.

Der Hauptgeschäftsführer der IHK Potsdam, Mario Tobias, hat seinerseits bereits Ende Mai betont, dass besonders das Brexit-Chaos und der anhaltende Handelsstreit zwischen den USA und China, aber auch die unklare politische Lage vor den Wahlen offenbar viele Unternehmen verunsicherten, und verlangt, "dass die nächsten Monate intensiv genutzt werden müssen, um über wachstumsorientierte wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen im Land zu sprechen".

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

DJG/ank/smh

(END) Dow Jones Newswires

August 28, 2019 09:19 ET (13:19 GMT)

Copyright (c) 2019 Dow Jones & Company, Inc.

© 2019 Dow Jones News
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