LEIPZIG/BERLIN (Dow Jones)--Christine Lagarde hat Bundeskanzlerin Angela Merkel für ihre Diplomatie, Sorgfalt, Zielstrebigkeit sowie ihr Pflichtbewusstsein gelobt. Die zukünftige Präsidentin der Europäischen Zentralbank beschrieb in ihrer Laudatio auf Merkel deren Führungsstil als ein Vorgehen, das ausgewogen, methodisch und wohltemperiert sei.
"Sie ist eine Ausnahmepersönlichkeit", sagte Lagarde laut vorab verbreitetem Redetext. "Indem sie alte Muster aufbricht und die gesellschaftliche Modernisierung in Deutschland vorantreibt, schafft Angela Merkel neue Sichtweisen, neue Gewissheiten."
Merkel wurde am Samstag von der Leipzig Graduate School of Management eine Ehrendoktorwürde für ihre Führungsfähigkeiten verliehen. Lagarde hat sie in den vergangenen Jahren in ihrer Rolle als geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) und zuvor als französische Finanzministerin erlebt. Im November wird Lagarde Mario Draghi an der Spitze der Europäischen Zentralbank nachfolgen. Dessen achtjährige Amtszeit läuft dann aus. Zu geldpolitischen Themen bezog sie in dem Redetext keine Stellung.
In ihrer Laudatio hob Lagarde hervor, dass Merkel sich für mehr Kooperation und weniger Konfrontation eingesetzt habe mit dem Ziel, ein besseres multilaterales System zu entwickeln. "Manchmal mag es einem vorkommen, als ob sie alleine spiele", so Lagarde. "Aber sie spielt niemals alleine. Wir alle spielen mit ihr und lassen uns von ihr führen."
Auch lobte sie Merkel für ihre Sorgfalt. Sie sei "immer die am besten vorbereitete Person im Raum" gewesen, die Probleme systematisch zerlege und Vor- und Nachteile abwäge, bis sie Schritt für Schritt zu einer Lösung komme.
In ihrem Führungsstil lasse Merkel eine Zielstrebigkeit erkennen, um einen Kompromiss in Verhandlungen zu erreichen. Bei diesem seien definitionsgemäß alle Parteien zwar etwas unzufrieden, letztlich stünden aber alle besser als vorher da. Dies sei auch während der Finanz- und Schuldenkrise der Fall gewesen.
"Diese Denkweise hat unsere Welt vor allem in den letzten zehn Jahren stark geprägt", betonte Lagarde. Angela Merkel habe hart für den Zusammenhalt Europas in dieser schweren Zeit gekämpft hat.
"Sie hat damals mitgeholfen, gemeinsame Kräfte zu mobilisieren, damit die den von der Krise betroffenen Länder beispiellose Unterstützung erhalten," sagte Lagarde. "Fiskalregeln wurden gestärkt und neue wichtige Institutionen wurden geschaffen - wie der Europäische Stabilitätsmechanismus."
Um diese Herausforderung zu bewältigen, habe Merkels tief verwurzeltes Pflichtbewusstsein geholfen. Denn letztlich sei Europa eine Herzensangelegenheit für sie ebenso wie ihre feste Überzeugung, dass Deutschlands Schicksal in einem von Frieden und Wohlstand geprägten Europa liegt.
Merkel habe immer danach gefragt, was geht, um dann nach dem zu suchen, was noch nie so gemacht wurde. "In den letzten dreißig Jahren verkörperte Angela Merkel diese von Mut und Führungskraft geprägte Denkweise", sagte Lagarde.
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August 31, 2019 05:30 ET (09:30 GMT)
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