Tausende haben am Samstag in mehreren deutschen Städten gegen die türkische Militäroffensive in Nordsyrien protestiert. Die Demonstrationen verliefen weitgehend friedlich. In Köln etwa blieb eine befürchtete Eskalation aus. In Stuttgart dagegen kam es nach Angaben der Polizei zu Auseinandersetzungen zwischen Teilnehmern der Demonstration und der Polizei. Dabei wurde nach bisherigem Stand ein Polizist verletzt.
Die Türkei hatte am 9. Oktober mit verbündeten syrischen Rebellen einen Feldzug gegen die Kurdenmiliz YPG im Norden Syriens begonnen. Die Türkei betrachtet die YPG als Terrororganisation. In Europa stieß die Offensive auf heftige Kritik. Außenpolitiker werteten sie etwa als "militärische Aggression und Verletzung des Völkerrechts".
Nach Angaben der Stuttgarter Polizei spaltete sich bei der Abschlusskundgebung in der baden-württembergischen Landeshauptstadt eine größere Gruppe ab und lief teils vermummt Richtung Hauptbahnhof. Die Menge habe sich nicht aufhalten lassen. "Um nicht überrannt zu werden, mussten die Einsatzkräfte Pfefferspray und Schlagstock einsetzen. Sie wurden mit Gegenständen und Böllern beworfen, weshalb die Versammlung gegen 17.15 Uhr durch die Polizei aufgelöst wurde." Anschließend kontrollierten die Beamten mehr als 200 Personen. Dabei seien erneut Flaschen- und Böller geworfen worden. Ein Beamter erlitt ein Knalltrauma und wurde von Rettungskräften versorgt.
Die befürchtete Eskalation einer pro-kurdischen Kundgebung in Köln blieb dagegen aus. Die Demonstration durch die Innenstadt sei weitgehend störungsfrei verlaufen, teilte die Polizei am frühen Abend mit. Demnach waren mehr als 10 0000 Teilnehmer gekommen - deutlich weniger als erwartet. Am Vorabend hatte die Kölner Polizei gewarnt: Man rechne mit mehreren Tausend gewaltbereiten Demonstranten, in ganz Europa sei zum Marsch in Köln aufgerufen worden. Türkische Nationalisten könnten sich unter die Kurden mischen und provozieren.
Diese blieben aber nun fern. Mehrere Male musste die Demo jedoch kurz angehalten werden, etwa wegen eines PKK-Rufs oder einer verbotenen Flagge der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz. Die Stadt ließ Cafés und Restaurants die Tische und Stühle wegräumen, damit sie nicht als Wurfgeschosse missbraucht werden konnten.
"Deutsche Panzer raus aus Rojava", riefen die Protestierenden in Köln mit Bezug auf deutsche Waffenlieferungen in die Türkei, die bei einer solchen Offensive wie in der nordsyrischen Provinz zum Einsatz kommen könnten. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wurde wiederholt als "Terrorist" bezeichnet. Deutschland dürfe sich nicht "an die Seite eines Despoten stellen", hieß es. Es reiche nicht, wenn die Bundesregierung den türkischen Einmarsch verurteile - aus Angst vor dem Ende des Flüchtlingsdeals, mit dessen Aufkündigung Erdogan der EU bereits wiederholt drohte. Die Veranstalter, darunter viele linke Bündnisse, forderten konkrete Maßnahmen von der Bundesregierung
- etwa erneut den UN-Sicherheitsrat einzuberufen oder im Europarat
auf die Türkei einzuwirken.
Auch in anderen deutschen Städten gingen Menschen gegen die Militäroffensive der Türkei auf die Straße, etwa in Hamburg oder Berlin. In Frankfurt am Main etwa demonstrierten rund 4500 Menschen friedlich./beg/swe/seb/DP/zb
AXC0071 2019-10-19/22:35