Berlin (ots) - Kurzform: Solange das Asylrecht so offen ist, dass jeder, der "Asyl" ruft, einen noch so unbegründeten Antrag stellen und durch alle Instanzen verfolgen darf, ziehen sich die Verfahren zwangsläufig in die Länge; auch dann, wenn jemand wie Miri gerade erst abgelehnt worden ist und das Gastrecht mit zig Straftaten missbraucht hat. Solange die Grenzen offen (im Schengenraum) oder löchrig (Außengrenze) sind, ist es nicht schwer, wie Miri nach einer Abschiebung zurückzukehren und wieder sein Glück zu versuchen. Die deutsche Abschiebepolitik hat etwas Sisyphoshaftes. Das hat der Fall Miri - nebenbei - vor Augen geführt. Bei Miri hatte die Politik keine andere Wahl. Aber grundsätzlich stellt sich längst die Sinnfrage. Die Asylpraxis ist ein Irrsinn, gut gemeint, aber schlecht gemacht.
Der vollständige leitartikel: Der Fall Ibrahim Miri ist besonders. Deswegen haben die Behörden in Bremen wie im Bund am Wochenende so entschlossen, so zügig reagiert und den Mann zum frühestmöglichen Zeitpunkt in den Libanon abgeschoben. Beim Bremer Clanchef haben sie - politisch, wohlgemerkt - nicht lange gefackelt. Viel an diesem Fall ist politisch. Es es keineswegs üblich, dass die Kosten und näheren Umstände - Learjet - umgehend bekannt werden; inklusive der Ankündigung, den Libanesen zur Kasse zu bitten. Diese Rechnungslegung ist gesetzeskonform, also legal, und auch in ihrer Öffentlichkeit legitim. Vor allem ist die Abschiebung eine Machtdemonstration. Sie lautet: Die Sicherheitsbehörden sind auf Zack. Sie lassen sich nicht an der Nase herumführen. Das ist auch gut so. Sie haben ein Exempel statuiert, dreifach Entschlossenheit signalisiert: gegenüber weiteren kriminellen Clans, was man in Berlin oder in Nordrhein-Westfalen besonders empfangsbereit registrieren wird. Auch gegenüber anderen ausreisepflichtigen Asylbewerbern. Nicht zuletzt gegenüber den Bürgern. Stellen wir uns einfach mal den umgekehrten Fall vor. Stellen wir uns vor, dass ein rechtskräftig verurteilter Mehrfachtäter, der abgeschoben wird und umgehend illegal zurückkehrt, damit erfolgreich durchgekommen wäre - was wäre das? Der Offenbarungseid. Es hätte die Glaubwürdigkeit der Politik und das Rechtsempfinden der Bürger erschüttert. Das ist die Flughöhe, die der Fall Miri zuletzt angenommen hatte. Innenminister Horst Seehofer (CSU) hat das gewusst. Er ist sowohl als Fundamentalkritiker der Flüchtlingspolitik als auch als maßvoller Mittler bei der Verteilung der Bootsflüchtlinge im Mittelmeer in Erscheinung getreten. Aber noch am allerstärksten ausgeprägt ist sein Sinn für Stimmungen. Der Innenminister hat im Fall Miri gedrängt, weil er zur Tagesordnung übergehen wollte. Der schnelle Abschluss des Falles lässt eine andere Frage in den Hintergrund treten: die nach der Abschiebepraxis in Deutschland. An der Debatte hat Seehofer kein Interesse. Sie wäre nicht gerade schmeichelhaft für die deutsche Innenpolitik. Eine gängige Forderung lautet: mehr Abschiebungen. Leichter gesagt als getan. Die Berliner Gewerkschaft der Polizei hat neulich kritisiert, dass nur ein Viertel der Direktabschiebungen erfolgreich verlaufe. Die Klage kennt man aus allen Ländern. Viele Ausreisepflichtige trifft man gar nicht erst an. Sie tauchen ab, setzen sich zur Wehr - nicht nur juristisch. Einzelne Herkunftsstaaten legen sich quer, in dem sie just die Sammelabschiebungen ablehnen, die der Chef des Bamf fordert. Die Kosten sind teilweise schockierend hoch. Miri zum Beispiel wurde mit einem Learjet ausgeflogen, begleitet von acht Beamten und einem Arzt. Allein der Flug hat mit über 60.000 Euro zu Buche geschlagen. Vielleicht gelingt es in seinem Fall, sie beim Verursacher einzutreiben. In den meisten Fällen kommt die Allgemeinheit auf. Solange das Asylrecht so offen ist, dass jeder, der "Asyl" ruft, einen noch so unbegründeten Antrag stellen und durch alle Instanzen verfolgen darf, ziehen sich die Verfahren zwangsläufig in die Länge; auch dann, wenn jemand wie Miri gerade erst abgelehnt worden ist und das Gastrecht mit zig Straftaten missbraucht hat. Solange die Grenzen offen (im Schengenraum) oder löchrig (Außengrenze) sind, ist es nicht schwer, wie Miri nach einer Abschiebung zurückzukehren und wieder sein Glück zu versuchen. Die deutsche Abschiebepolitik hat etwas Sisyphoshaftes. Das hat der Fall Miri - nebenbei - vor Augen geführt. Bei Miri hatte die Politik keine andere Wahl. Aber grundsätzlich stellt sich längst die Sinnfrage. Die Asylpraxis ist ein Irrsinn, gut gemeint, aber schlecht gemacht.
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Der vollständige leitartikel: Der Fall Ibrahim Miri ist besonders. Deswegen haben die Behörden in Bremen wie im Bund am Wochenende so entschlossen, so zügig reagiert und den Mann zum frühestmöglichen Zeitpunkt in den Libanon abgeschoben. Beim Bremer Clanchef haben sie - politisch, wohlgemerkt - nicht lange gefackelt. Viel an diesem Fall ist politisch. Es es keineswegs üblich, dass die Kosten und näheren Umstände - Learjet - umgehend bekannt werden; inklusive der Ankündigung, den Libanesen zur Kasse zu bitten. Diese Rechnungslegung ist gesetzeskonform, also legal, und auch in ihrer Öffentlichkeit legitim. Vor allem ist die Abschiebung eine Machtdemonstration. Sie lautet: Die Sicherheitsbehörden sind auf Zack. Sie lassen sich nicht an der Nase herumführen. Das ist auch gut so. Sie haben ein Exempel statuiert, dreifach Entschlossenheit signalisiert: gegenüber weiteren kriminellen Clans, was man in Berlin oder in Nordrhein-Westfalen besonders empfangsbereit registrieren wird. Auch gegenüber anderen ausreisepflichtigen Asylbewerbern. Nicht zuletzt gegenüber den Bürgern. Stellen wir uns einfach mal den umgekehrten Fall vor. Stellen wir uns vor, dass ein rechtskräftig verurteilter Mehrfachtäter, der abgeschoben wird und umgehend illegal zurückkehrt, damit erfolgreich durchgekommen wäre - was wäre das? Der Offenbarungseid. Es hätte die Glaubwürdigkeit der Politik und das Rechtsempfinden der Bürger erschüttert. Das ist die Flughöhe, die der Fall Miri zuletzt angenommen hatte. Innenminister Horst Seehofer (CSU) hat das gewusst. Er ist sowohl als Fundamentalkritiker der Flüchtlingspolitik als auch als maßvoller Mittler bei der Verteilung der Bootsflüchtlinge im Mittelmeer in Erscheinung getreten. Aber noch am allerstärksten ausgeprägt ist sein Sinn für Stimmungen. Der Innenminister hat im Fall Miri gedrängt, weil er zur Tagesordnung übergehen wollte. Der schnelle Abschluss des Falles lässt eine andere Frage in den Hintergrund treten: die nach der Abschiebepraxis in Deutschland. An der Debatte hat Seehofer kein Interesse. Sie wäre nicht gerade schmeichelhaft für die deutsche Innenpolitik. Eine gängige Forderung lautet: mehr Abschiebungen. Leichter gesagt als getan. Die Berliner Gewerkschaft der Polizei hat neulich kritisiert, dass nur ein Viertel der Direktabschiebungen erfolgreich verlaufe. Die Klage kennt man aus allen Ländern. Viele Ausreisepflichtige trifft man gar nicht erst an. Sie tauchen ab, setzen sich zur Wehr - nicht nur juristisch. Einzelne Herkunftsstaaten legen sich quer, in dem sie just die Sammelabschiebungen ablehnen, die der Chef des Bamf fordert. Die Kosten sind teilweise schockierend hoch. Miri zum Beispiel wurde mit einem Learjet ausgeflogen, begleitet von acht Beamten und einem Arzt. Allein der Flug hat mit über 60.000 Euro zu Buche geschlagen. Vielleicht gelingt es in seinem Fall, sie beim Verursacher einzutreiben. In den meisten Fällen kommt die Allgemeinheit auf. Solange das Asylrecht so offen ist, dass jeder, der "Asyl" ruft, einen noch so unbegründeten Antrag stellen und durch alle Instanzen verfolgen darf, ziehen sich die Verfahren zwangsläufig in die Länge; auch dann, wenn jemand wie Miri gerade erst abgelehnt worden ist und das Gastrecht mit zig Straftaten missbraucht hat. Solange die Grenzen offen (im Schengenraum) oder löchrig (Außengrenze) sind, ist es nicht schwer, wie Miri nach einer Abschiebung zurückzukehren und wieder sein Glück zu versuchen. Die deutsche Abschiebepolitik hat etwas Sisyphoshaftes. Das hat der Fall Miri - nebenbei - vor Augen geführt. Bei Miri hatte die Politik keine andere Wahl. Aber grundsätzlich stellt sich längst die Sinnfrage. Die Asylpraxis ist ein Irrsinn, gut gemeint, aber schlecht gemacht.
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