Bielefeld (ots) - Die AfD in Thüringen will nun plötzlich den Linken-Chef Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten des Landes wählen. Ramelow wiederum sucht die Unterstützung von Unionsabgeordneten, um nach dem Rückzug des FDP-Vorsitzenden Thomas Kemmerich von diesem Amt, als Regierungschef gewählt zu werden.
Bundeskanzlerin Merkel ihrerseits greift von außen mit harter Hand in diese Thüringen-Debatte ein und entlässt ihren Ost-Beauftragten. Zugleich aber erklärt sie Ramelow per Telefon am Rande des Koalitionsgipfels, die Union könne keinen Linken wählen.
So relativiert sich Führung. Eine Erfahrung, die FDP-Chef Christian Lindner schon gemacht hat. Der noch amtierende Vorsitzende der Liberalen hat seine Partei so gut wie geschrottet. Er scheint überhaupt nur noch im Amt zu sein, weil die auf ihn ausgerichtete FDP derzeit keine darstellbare Alternative hat. Es dürfte kaum länger dauern als bis zur Hamburg-Wahl, dass Lindner als FDP-Chef Geschichte ist.
Was also nun? Man scheint nicht mehr recht durchblicken zu können. Vieles spricht dafür, dass genau dies das Kalkül der AfD um den zum Faschismus neigenden Björn Höcke im thüringischen Landtag ist. Beide setzen auf das Chaos und befördern das politische Desaster bei den übrigen politisch Handelnden. Das Dilemma ist, das eben diese Demokraten keine gemeinsame und verantwortbare Antwort auf diese Herausforderung der Demokratie finden.
Es fehlt an Führung. In der Union wird beispielhaft deutlich, wie schwierig die Trennung von Kanzlerschaft und Parteivorsitz ist. Angela Merkel hat aus dem Ausland mit ein paar Anrufen und einem Krisengespräch in der Großen Koalition mehr bewegt als Annegret Kramp-Karrenbauer in langen Debatten mit Thüringer CDU-Abgeordneten im Landtag. Entscheidend vorangekommen ist die Lösung für das Land deswegen gleichwohl erstmal nicht.
Die Kanzlerin vermittelt ihrer Umgebung immer stärker das Gefühl, dass sie bereits auf Weg aus dem Amt ist. Sie sieht sich zwar noch bis zur Bundestagswahl Ende 2021 dort. Aber alle seit langem schwelenden Fragen des künftigen Kurses der Partei bleiben vor diesem Hintergrund ungeklärt.
In der Union wird so die ungeklärte Führungs- und Machtfrage um die Doppelspitze immer mehr zum Problem für die Partei. Eine Lösung ist schwierig, auch weil es derzeit keine alternative Mehrheit zu einer Kanzlerin Merkel zu geben scheint.
Mit einem gewissen Neid blicken bereits viele CDU-Funktionäre auf die Schwesterpartei in Wien. Dort sei es dem Bundeskanzler Kurz gelungen, mit seinem schwarzgrünen "österreichischen Modell" eine Politik auf einer leicht rechten Mitte zu beschreiben, die zugleich den Lager-Konflikt zu den Grünen beherrschbar macht. Das zielt bereits auf den nächsten Wahlkampf im Bund.
Neuwahlen - das wird der Ausweg aus dem Dilemma sein müssen
Verschärft wird das Führungsdilemma der Union durch die unterschiedliche Struktur der Partei in Ost und West und innerhalb des Ostens. So sehr in der CDU-Spitze die Führungskraft Michael Kretschmers in Sachsen gefällt, so entsetzt ist man dort über den egozentrischen, auch von eigenen Karrierezielen gezeichneten Auftritt des Vorsitzenden Mike Mohring. So sehr die CDU-Spitze - einschließlich der Kanzlerin - auf eine Lösung der Thüringen-Krise hofft, so wenig beherrscht sie die Stimmungslage in Union und Unionsfraktion vor Ort, die immer noch sehr stark bestimmt ist von den persönlichen Schicksalen der Mitglieder in den Gefängnissen der SED. Das versperrt den Weg einer Verständigung mit der Linkspartei über die Lösung der Krise. Das hat Merkel Linksparteichef Bodo Ramelow klar gemacht.
So verfahren ist die Lage. Sie wird zur Zeit ausgenutzt von einem Landesverband der AfD, der zu den schlimmsten Teilen dieser Partei gehört und von einem "blutvölkischen" Grundverständnis des künftigen Deutschlands ausgeht.
Neuwahlen - das wird der Ausweg aus diesem thüringischen Dilemma sein müssen. Und zwar ohne Tricks und Machtspielchen der demokratischen Parteien im dortigen Landtag. Vielleicht kann ja das Österreich-Modell mit einem Verfassungsrichter als Übergangs-Ministerpräsident in diesem Fall dabei tatsächlich Vorbild sein.
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Bundeskanzlerin Merkel ihrerseits greift von außen mit harter Hand in diese Thüringen-Debatte ein und entlässt ihren Ost-Beauftragten. Zugleich aber erklärt sie Ramelow per Telefon am Rande des Koalitionsgipfels, die Union könne keinen Linken wählen.
So relativiert sich Führung. Eine Erfahrung, die FDP-Chef Christian Lindner schon gemacht hat. Der noch amtierende Vorsitzende der Liberalen hat seine Partei so gut wie geschrottet. Er scheint überhaupt nur noch im Amt zu sein, weil die auf ihn ausgerichtete FDP derzeit keine darstellbare Alternative hat. Es dürfte kaum länger dauern als bis zur Hamburg-Wahl, dass Lindner als FDP-Chef Geschichte ist.
Was also nun? Man scheint nicht mehr recht durchblicken zu können. Vieles spricht dafür, dass genau dies das Kalkül der AfD um den zum Faschismus neigenden Björn Höcke im thüringischen Landtag ist. Beide setzen auf das Chaos und befördern das politische Desaster bei den übrigen politisch Handelnden. Das Dilemma ist, das eben diese Demokraten keine gemeinsame und verantwortbare Antwort auf diese Herausforderung der Demokratie finden.
Es fehlt an Führung. In der Union wird beispielhaft deutlich, wie schwierig die Trennung von Kanzlerschaft und Parteivorsitz ist. Angela Merkel hat aus dem Ausland mit ein paar Anrufen und einem Krisengespräch in der Großen Koalition mehr bewegt als Annegret Kramp-Karrenbauer in langen Debatten mit Thüringer CDU-Abgeordneten im Landtag. Entscheidend vorangekommen ist die Lösung für das Land deswegen gleichwohl erstmal nicht.
Die Kanzlerin vermittelt ihrer Umgebung immer stärker das Gefühl, dass sie bereits auf Weg aus dem Amt ist. Sie sieht sich zwar noch bis zur Bundestagswahl Ende 2021 dort. Aber alle seit langem schwelenden Fragen des künftigen Kurses der Partei bleiben vor diesem Hintergrund ungeklärt.
In der Union wird so die ungeklärte Führungs- und Machtfrage um die Doppelspitze immer mehr zum Problem für die Partei. Eine Lösung ist schwierig, auch weil es derzeit keine alternative Mehrheit zu einer Kanzlerin Merkel zu geben scheint.
Mit einem gewissen Neid blicken bereits viele CDU-Funktionäre auf die Schwesterpartei in Wien. Dort sei es dem Bundeskanzler Kurz gelungen, mit seinem schwarzgrünen "österreichischen Modell" eine Politik auf einer leicht rechten Mitte zu beschreiben, die zugleich den Lager-Konflikt zu den Grünen beherrschbar macht. Das zielt bereits auf den nächsten Wahlkampf im Bund.
Neuwahlen - das wird der Ausweg aus dem Dilemma sein müssen
Verschärft wird das Führungsdilemma der Union durch die unterschiedliche Struktur der Partei in Ost und West und innerhalb des Ostens. So sehr in der CDU-Spitze die Führungskraft Michael Kretschmers in Sachsen gefällt, so entsetzt ist man dort über den egozentrischen, auch von eigenen Karrierezielen gezeichneten Auftritt des Vorsitzenden Mike Mohring. So sehr die CDU-Spitze - einschließlich der Kanzlerin - auf eine Lösung der Thüringen-Krise hofft, so wenig beherrscht sie die Stimmungslage in Union und Unionsfraktion vor Ort, die immer noch sehr stark bestimmt ist von den persönlichen Schicksalen der Mitglieder in den Gefängnissen der SED. Das versperrt den Weg einer Verständigung mit der Linkspartei über die Lösung der Krise. Das hat Merkel Linksparteichef Bodo Ramelow klar gemacht.
So verfahren ist die Lage. Sie wird zur Zeit ausgenutzt von einem Landesverband der AfD, der zu den schlimmsten Teilen dieser Partei gehört und von einem "blutvölkischen" Grundverständnis des künftigen Deutschlands ausgeht.
Neuwahlen - das wird der Ausweg aus diesem thüringischen Dilemma sein müssen. Und zwar ohne Tricks und Machtspielchen der demokratischen Parteien im dortigen Landtag. Vielleicht kann ja das Österreich-Modell mit einem Verfassungsrichter als Übergangs-Ministerpräsident in diesem Fall dabei tatsächlich Vorbild sein.
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