Regensburg (ots) - Der britische Kriegspremier Winston Churchill, US-Präsident Franklin D. Roosevelt und Sowjetdiktator Josef Stalin sitzen einträchtig nebeneinander auf einer Bank. Dahinter stehen hochrangige Militärs der drei alliierten Mächte, die kurz davor sind, Nazi-Deutschland zu besiegen. Dieses Bild, das vor 75 Jahren auf der Kriegskonferenz im Krim-Kurort Jalta entstand, ist zu einer Ikone der Weltgeschichte geworden. Derzeit ist die Szene aber wieder hochaktuell. Denn der russische Präsident Wladimir Putin plant eine Art Neuauflage des Treffens, das am 11. Februar 1945 endete.
Putin schwebt ein Jalta 2.0 vor, das diesmal allerdings im Mai stattfinden soll, zum Jahrestag der deutschen Kapitulation. Außerdem sollen 2020 nicht nur Briten, Amerikaner und Russen zusammensitzen, sondern auch Franzosen und Chinesen beteiligt werden. Damit wären dann die fünf UN-Vetomächte am Start, die "eine besondere Verantwortung für den Erhalt der menschlichen Zivilisation tragen". So erklärte Putin seinen Plan Ende Januar.
Tatsächlich scheint im Angesicht einer drohenden Klimakatastrophe sowie anhaltender Kriege und Hungersnöte, die mit Flucht und Vertreibung einhergehen, kaum etwas nötiger zu sein als eine global abgestimmte Anti-Krisen-Politik. Allerdings sind Zweifel erlaubt, ob es Putin wirklich um "die drängendsten Probleme der Menschheit" geht, wie er es formulierte. Man braucht sich ja nur die russische Rolle auf den Schlachtfeldern in Syrien und Libyen ins Gedächtnis zu rufen und vor allem den hybriden Krieg in der Ukraine, der 2014 in der Eroberung der Krim gipfelte.
Hinzu kommt, dass der Name Jalta in vielen osteuropäischen Staaten zu Recht auf dem Index der Schreckenswörter steht: als Synonym für eine Weltmachtpolitik auf Kosten kleinerer und schwächerer Nationen. Denn Stalin, Roosevelt und Churchill debattierten 1945 auf der Krim nicht nur über Deutschland, sondern auch über die Westverschiebung Polens und die geopolitische Spaltung Europas in eine westliche und eine sowjetische Einflusssphäre. Für Balten, Rumänen, Ungarn und Ukrainer waren die Beschlüsse von Jalta gleichbedeutend mit dem Beginn einer Jahrzehnte währenden Fremdherrschaft. In Hauptstädten wie Kiew, Tallinn, Riga und Vilnius ist das Entsetzen über Putins neue alte Weltmachtpolitik entsprechend groß. Die heftigste Empörung ist aber seit Wochen in Polen zu hören. Dort konzentriert sich die Debatte aber stärker auf die unsägliche geschichtspolitische Flankierung der geopolitischen Offensive des Kremls. Putin hatte sich zum Jahreswechsel gleich mehrfach in einer Weise über den Hitler-Stalin-Pakt von 1939 geäußert, die nur als Relativierung der sowjetischen Rolle beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gewertet werden konnte.
Indirekt gab er Polen sogar eine Mitschuld an der militärischen Eskalation. Dagegen ist sich die überwältigende Mehrheit der Historiker weltweit einig, dass Stalins Pakt mit Hitler den deutschen Vernichtungskrieg im Osten entscheidend forcierte. Allerdings scheint es Putin auch weniger darum zu gehen, Stalin reinzuwaschen. Angesichts der Quellenlage wäre das auch unmöglich. Nein, im Zentrum der geschichtspolitischen Offensive steht vielmehr die Gegenwart, frei nach der Devise: "Die Ausbootung der Sowjetunion durch den Westen 1939 war von Übel. Jalta 1945 dagegen hat funktioniert. Also lasst uns dort anknüpfen." Das wäre dann Jalta 2.0, in einem erweiterten Format. Der französische Präsident Emmanuel Macron hat die Einladung bereits angenommen. Die anderen überlegen noch. Sie sollten es lassen und sich lieber in New York am UN-Tisch treffen.
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Putin schwebt ein Jalta 2.0 vor, das diesmal allerdings im Mai stattfinden soll, zum Jahrestag der deutschen Kapitulation. Außerdem sollen 2020 nicht nur Briten, Amerikaner und Russen zusammensitzen, sondern auch Franzosen und Chinesen beteiligt werden. Damit wären dann die fünf UN-Vetomächte am Start, die "eine besondere Verantwortung für den Erhalt der menschlichen Zivilisation tragen". So erklärte Putin seinen Plan Ende Januar.
Tatsächlich scheint im Angesicht einer drohenden Klimakatastrophe sowie anhaltender Kriege und Hungersnöte, die mit Flucht und Vertreibung einhergehen, kaum etwas nötiger zu sein als eine global abgestimmte Anti-Krisen-Politik. Allerdings sind Zweifel erlaubt, ob es Putin wirklich um "die drängendsten Probleme der Menschheit" geht, wie er es formulierte. Man braucht sich ja nur die russische Rolle auf den Schlachtfeldern in Syrien und Libyen ins Gedächtnis zu rufen und vor allem den hybriden Krieg in der Ukraine, der 2014 in der Eroberung der Krim gipfelte.
Hinzu kommt, dass der Name Jalta in vielen osteuropäischen Staaten zu Recht auf dem Index der Schreckenswörter steht: als Synonym für eine Weltmachtpolitik auf Kosten kleinerer und schwächerer Nationen. Denn Stalin, Roosevelt und Churchill debattierten 1945 auf der Krim nicht nur über Deutschland, sondern auch über die Westverschiebung Polens und die geopolitische Spaltung Europas in eine westliche und eine sowjetische Einflusssphäre. Für Balten, Rumänen, Ungarn und Ukrainer waren die Beschlüsse von Jalta gleichbedeutend mit dem Beginn einer Jahrzehnte währenden Fremdherrschaft. In Hauptstädten wie Kiew, Tallinn, Riga und Vilnius ist das Entsetzen über Putins neue alte Weltmachtpolitik entsprechend groß. Die heftigste Empörung ist aber seit Wochen in Polen zu hören. Dort konzentriert sich die Debatte aber stärker auf die unsägliche geschichtspolitische Flankierung der geopolitischen Offensive des Kremls. Putin hatte sich zum Jahreswechsel gleich mehrfach in einer Weise über den Hitler-Stalin-Pakt von 1939 geäußert, die nur als Relativierung der sowjetischen Rolle beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gewertet werden konnte.
Indirekt gab er Polen sogar eine Mitschuld an der militärischen Eskalation. Dagegen ist sich die überwältigende Mehrheit der Historiker weltweit einig, dass Stalins Pakt mit Hitler den deutschen Vernichtungskrieg im Osten entscheidend forcierte. Allerdings scheint es Putin auch weniger darum zu gehen, Stalin reinzuwaschen. Angesichts der Quellenlage wäre das auch unmöglich. Nein, im Zentrum der geschichtspolitischen Offensive steht vielmehr die Gegenwart, frei nach der Devise: "Die Ausbootung der Sowjetunion durch den Westen 1939 war von Übel. Jalta 1945 dagegen hat funktioniert. Also lasst uns dort anknüpfen." Das wäre dann Jalta 2.0, in einem erweiterten Format. Der französische Präsident Emmanuel Macron hat die Einladung bereits angenommen. Die anderen überlegen noch. Sie sollten es lassen und sich lieber in New York am UN-Tisch treffen.
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