Bielefeld (ots) - Es gibt Momente in der Politik, da kann eine Partei nur verlieren. In Thüringen hat die CDU schon viel verloren, hat wohl deshalb Angst vor Neuwahlen. Es hilft nicht. Neuwahlen sollten auch in ihrem Interesse besser morgen als übermorgen stattfinden.
Sicher, vor Ort sträubt sich die Partei, die in Thüringen in 24 der 30 Jahre seit der Wiedervereinigung die Landesregierung angeführt hat. Aus jetziger Sicht wird die CDU Stimmen verlieren. Doch sollte es für eine Partei Schlimmeres geben als den Verlust einiger Mandate: das ist der Verlust der Glaubwürdigkeit.
Die CDU hat die Abgrenzung von politischen Extremen aus gutem Grund zu einer Grundsatzfrage gemacht. In einem Doppelbeschluss wurde Zusammenarbeit sowohl mit der AfD als auch mit der Partei "Die Linke" ausgeschlossen. Ein Landesverband, der diese Festlegung gleich zweimal für sich außer Kraft setzt, kann nicht erwarten, dass er dafür auch noch die Rückendeckung seines Bundesvorstandes erhält.
Zwar liegen gerade in Thüringen Welten zwischen dem rassisistisch hetzenden AfD-Chef Björn Höcke und dem sich bürgerlich gebenden und in der vergangenen Legislaturperiode auch weitgehend bürgerlich regierenden Bodo Ramelow. Aber die CDU hat nun schon mal bei der Wahl des FDP-Manns Thomas Kemmerich ein Tabu gebrochen, indem einige Abgeordnete mit der AfD stimmten. Dies wird nicht dadurch ungeschehen, dass man noch ein Tabu missachtet und nun mit der anderen Seite kungelt.
Dabei war das Angebot einer Minderheitsregierung unter der früheren CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht verlockend. Trotzdem schien der Preis - Neuwahlen innerhalb von 70 Tagen - einigen Abgeordneten zu hoch, vermutlich weil sie bei schnellen Wahlen um ihr Mandat fürchten. Dass sie dafür bereit waren, ein Jahr unter einem Ministerpräsidenten Ramelow zu akzeptieren, ist zumindest unverfroren.
Vielleicht verlöre die CDU mit der Haltung der Bundespartei in Thüringen kurzfristig Wählerstimmen. Aber sie könnte sich Respekt verdienen. Und dieser wird sich nach einer Zeit in der Opposition wahrscheinlich auch in Erfurt wieder in Wählerstimmen auszahlen.
Rasche Wahlen sind in der verfahrenen Lage richtig, selbst wenn das vermutete Ergebnis nach aktuellem Stand die Ränder stärken wird. Die Betonung liegt auf "aktuell". Es gibt keine Gewissheit, aber doch Hoffnung, dass das Massaker in Hanau selbst im Höcke-Land Wähler zum Nachdenken und von der AfD wegbringt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Rot-Rot-Grün in Erfurt nach Neuwahlen wieder eine Koalition bilden kann, ist groß. Aber dann wird das der Wille der Wähler sein, nicht das zufällige Ergebnis seltsamer Absprachen im Landtag. Und ob eine zweite Regierung Ramelow so stabil sein wird wie ihre Vorgängerin ist keineswegs ausgemacht.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Bernhard Hertlein
Telefon: 0521 585-261
wb@westfalen-blatt.de
Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell
Originalmeldung: https://www.presseportal.de/pm/66306/4527797
Sicher, vor Ort sträubt sich die Partei, die in Thüringen in 24 der 30 Jahre seit der Wiedervereinigung die Landesregierung angeführt hat. Aus jetziger Sicht wird die CDU Stimmen verlieren. Doch sollte es für eine Partei Schlimmeres geben als den Verlust einiger Mandate: das ist der Verlust der Glaubwürdigkeit.
Die CDU hat die Abgrenzung von politischen Extremen aus gutem Grund zu einer Grundsatzfrage gemacht. In einem Doppelbeschluss wurde Zusammenarbeit sowohl mit der AfD als auch mit der Partei "Die Linke" ausgeschlossen. Ein Landesverband, der diese Festlegung gleich zweimal für sich außer Kraft setzt, kann nicht erwarten, dass er dafür auch noch die Rückendeckung seines Bundesvorstandes erhält.
Zwar liegen gerade in Thüringen Welten zwischen dem rassisistisch hetzenden AfD-Chef Björn Höcke und dem sich bürgerlich gebenden und in der vergangenen Legislaturperiode auch weitgehend bürgerlich regierenden Bodo Ramelow. Aber die CDU hat nun schon mal bei der Wahl des FDP-Manns Thomas Kemmerich ein Tabu gebrochen, indem einige Abgeordnete mit der AfD stimmten. Dies wird nicht dadurch ungeschehen, dass man noch ein Tabu missachtet und nun mit der anderen Seite kungelt.
Dabei war das Angebot einer Minderheitsregierung unter der früheren CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht verlockend. Trotzdem schien der Preis - Neuwahlen innerhalb von 70 Tagen - einigen Abgeordneten zu hoch, vermutlich weil sie bei schnellen Wahlen um ihr Mandat fürchten. Dass sie dafür bereit waren, ein Jahr unter einem Ministerpräsidenten Ramelow zu akzeptieren, ist zumindest unverfroren.
Vielleicht verlöre die CDU mit der Haltung der Bundespartei in Thüringen kurzfristig Wählerstimmen. Aber sie könnte sich Respekt verdienen. Und dieser wird sich nach einer Zeit in der Opposition wahrscheinlich auch in Erfurt wieder in Wählerstimmen auszahlen.
Rasche Wahlen sind in der verfahrenen Lage richtig, selbst wenn das vermutete Ergebnis nach aktuellem Stand die Ränder stärken wird. Die Betonung liegt auf "aktuell". Es gibt keine Gewissheit, aber doch Hoffnung, dass das Massaker in Hanau selbst im Höcke-Land Wähler zum Nachdenken und von der AfD wegbringt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Rot-Rot-Grün in Erfurt nach Neuwahlen wieder eine Koalition bilden kann, ist groß. Aber dann wird das der Wille der Wähler sein, nicht das zufällige Ergebnis seltsamer Absprachen im Landtag. Und ob eine zweite Regierung Ramelow so stabil sein wird wie ihre Vorgängerin ist keineswegs ausgemacht.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Bernhard Hertlein
Telefon: 0521 585-261
wb@westfalen-blatt.de
Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell
Originalmeldung: https://www.presseportal.de/pm/66306/4527797
© 2020 news aktuell