Von Florian Faust
NEW YORK (Dow Jones)--Was die US-Notenbank am Vortag nicht geschafft hatte, gelang am Mittwoch der US-Innenpolitik: Die Wall Street feierte den Sieg von Joe Biden beim "Super Tuesday" der Demokraten, nachdem eine überraschende Leitzinssenkung der Fed am Vortag den Absturz der US-Börsen sogar noch beschleunigt hatte. Eine Präsidentschaftskandidatur des linksgerichteten Bernie Sanders, das "Schreckgespenst" vieler Börsianer, wurde durch das wichtige Zwischenergebnis der US-Vorwahlen unwahrscheinlicher. "Die höhere Wahrscheinlichkeit eines mehr der Mitte zuzuordnenden demokratischen Kandidaten hat etwas Entspannung geliefert", sagte Marktstratege Hugh Gimber von JP Morgan Asset Management.
Der Dow-Jones-Index gewann 4,6 Prozent auf 27.091 Punkte, für S&P-500 und Nasdaq-Composite ging es um 4,2 bzw. 3,8 Prozent nach oben. Den 2.557 (Dienstag: 1.025) Kursgewinnern an der NYSE standen 423 (1.955) -verlierer gegenüber. Unverändert schlossen 41 (52) Aktien. Gestützt wurde die US-Börsen auch von Anzeichen koordinierter Aktionen verschiedener Staaten rund um den Globus zur Eindämmung des Konjunkturabsturzes wegen der Coronavirus-Ausbreitung. In den USA wurde ein Programm über rund 8 Milliarden Dollar auf den Weg gebracht, das die Epidemie direkt bekämpfen soll.
Auch die Volatilität, die am Vortag noch extrem ausgefallen war, schwächte sich deutlich ab - ein Zeichen sinkender Verunsicherung. Zwar offenbarten sich die negativen konjunkturellen Auswirkungen der Corona-Epidemie abermals an extrem schwachen Konjunkturdaten aus China einschließlich Hongkong, doch zeigten sich in den USA bislang kaum konjunkturelle Bremsspuren: Laut Arbeitsmarktdienstleister ADP hatten die US-Unternehmen ihren Personalbestand im Februar stärker aufgestockt als erwartet. Und der ISM-Einkaufsmanagerindex des nicht-verarbeitenden Gewerbes lieferte für Februar ebenfalls eine positive Überraschung. Lediglich der von IHS Markit für den Dienstleistungssektor ermittelte Einkaufsmanagerindex schwächte sich ab, blieb aber im erwarteten Rahmen.
Das "Beige Book" der US-Notenbank attestierte der US-Wirtschaft allerdings erste Auswirkungen des Coronavirus-Ausbruchs. Vor allem das produzierende Gewerbe sei betroffen, hieß es im Konjunkturbericht der Fed. Insofern fand auch die Zinssenkung des Vortages plötzlich Fürsprecher: "Es passiert bei Zinssenkungen - gerade bei überraschenden, dass der Markt manchmal ein paar Tage benötigt, um zu einer Einschätzung zu gelangen", sagte Marktstratege Chris Konstantinos von RiverFront Investment.
Ölpreis dreht ins Minus
Die Ölpreise drehten ins Minus. Die Rohöllagerbestände in den USA hatten sich in der Woche zum 28. Februar ausgeweitet, wenn auch nicht so dramatisch wie gedacht. Allerdings kletterte die US-Förderung auf Allzeithoch. Die abermals extrem schlechten Wirtschaftsdaten aus China deuteten zudem auf einen Nachfragerückgang hin. Eine zusätzliche Fördermengensenkung durch das Erdölkartell Opec mit weiteren Staaten schien zudem wieder etwas fraglich zu sein. Russland habe einen entsprechenden Plan aus Saudi-Arabien abgelehnt, hieß es aus informierten Kreisen. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte WTI verbilligte sich um 0,8 Prozent auf 46,78 Dollar. Für Nordseeöl der Sorte Brent geht es um 1,4 Prozent auf 51,13 Dollar nach unten.
Der Goldpreis konnte die Vortagesgewinne nicht behaupten, nachdem er den höchsten Tagesgewinn seit Juni 2019 verzeichnet hatte. Der Preis für die Feinunze sank im späten Geschäft um 0,2 Prozent auf 1.638 Dollar. Der Preis verharrte damit aber in der Nähe seiner jüngsten Hochs. Sinkende Zinsen, steigende Inflation sowie die konjunkturelle Abschwächung steigerten die Attraktivität des Edelmetalls, hieß es. Aber auch die Aktienrally belastete, Anleger schichteten um in Aktien.
Die Rally am Rentenmarkt lief indes aus mit den deutlichen Aufschlägen bei Aktien. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen war allerdings zunächst auf neue Rekordtiefs deutlich unter der Schallmauer von 1 Prozent gefallen. Die Benchmarkrendite erholte sich im späten Handel um 3,6 Basispunkte auf 1.03 Prozent. Am kurzen Ende des Marktes sanken die Renditen aber weiter - ein Beleg, dass Anleger kurzfristig mit weiteren Zinssenkungen in den USA rechneten.
Am Devisenmarkt erholte sich der US-Dollar etwas von der Vortagesschwäche im Zuge der Zinssenkung - der WSJ-Dollarindex stieg um 0,1 Prozent nach Vortagesabgaben von 0,4 Prozent. Der Euro gab die Vortagesgewinne vollständig ab und notierte bei 1,1133 Dollar. Am Vortag war die Gemeinschaftswährung in Folge eines schwächeren Dollars nach der Fed-Zinssenkung bis auf 1,12 Dollar geklettert.
Gesundheitswerte gesucht
Unter den Einzelwerten gab die Aktie von Hewlett Packard Enterprise um 2,6 Prozent nach. Der Technologiekonzern hatte seine Prognose für den Cashflow im laufenden Jahr gesenkt. Das Unternehmen spricht zur Begründung von Ausfällen in der Lieferkette - wohl wegen des Coronavirus.
Die Auswirkungen des Coronavirus wird auch den Cashflow von General Electric im ersten Quartal schmälern. An seiner Jahresprognose für die Kennziffer hielt das Unternehmen aber fest. Die Aktie stieg um 0,6 Prozent.
Der Erfolg von Joe Biden, einem Verfechter einer gesetzlichen Krankenversicherung, beim "Super Tuesday" der Demokraten verlieh den Sektorwerten kräftigen Aufwind. Das Papier des Versicherungsunternehmens von UnitedHealth verteuerte sich um 10,7 Prozent. Auch Cigna und Humana profitierten vom Wahlausgang und schnellten um 10,7 bzw. 14,4 Prozent in die Höhe - Anthem zogen um 15,6 Prozent an.
Die Nordstrom-Aktie fiel dagegen um 1,7 Prozent, nachdem der Einzelhändler im vierten Quartal die Erwartungen auf breiter Front verfehlt hatte. Zudem senkte das Unternehmen seinen Gewinnausblick, wobei darin drohende negative Folgen der Coronavirus-Epidemie noch nicht berücksichtigt waren.
=== INDEX zuletzt +/- % absolut +/- % YTD DJIA 27.090,86 4,53 1173,45 -5,07 S&P-500 3.130,12 4,22 126,75 -3,12 Nasdaq-Comp. 9.018,09 3,85 334,00 0,51 Nasdaq-100 8.949,28 4,13 354,79 2,48 US-Anleihen Laufzeit Rendite Bp zu VT Rendite VT +/-Bp YTD 2 Jahre 0,67 -2,0 0,69 -52,9 5 Jahre 0,77 2,4 0,75 -115,4 7 Jahre 0,92 3,2 0,89 -132,9 10 Jahre 1,04 4,2 1,00 -140,7 30 Jahre 1,68 7,3 1,61 -138,4 DEVISEN zuletzt +/- % Mi, 7:55 Uhr Di, 17:17 Uhr % YTD EUR/USD 1,1132 -0,35% 1,1158 1,1154 -0,8% EUR/JPY 119,67 -0,03% 119,82 119,82 -1,8% EUR/CHF 1,0655 -0,26% 1,0681 1,0673 -1,9% EUR/GBP 0,8652 -0,76% 0,8707 0,8702 +2,2% USD/JPY 107,49 +0,30% 107,39 107,40 -1,2% GBP/USD 1,2866 +0,42% 1,2814 1,2817 -2,9% USD/CNH (Offshore) 6,9227 -0,39% 6,9345 6,9490 -0,6% Bitcoin BTC/USD 8.723,51 -0,58% 8.783,26 8.726,01 +21,0% ROHÖL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD WTI/Nymex 47,18 47,18 0% 0,00 -21,9% Brent/ICE 51,62 51,86 -0,5% -0,24 -20,2% METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD Gold (Spot) 1.637,02 1.640,75 -0,2% -3,74 +7,9% Silber (Spot) 17,22 17,25 -0,2% -0,03 -3,5% Platin (Spot) 876,50 880,50 -0,5% -4,00 -9,2% Kupfer-Future 2,59 2,58 +0,4% +0,01 -7,4% ===
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March 04, 2020 16:35 ET (21:35 GMT)
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