Eine Auswahl an Kommentaren aus Tageszeitungen zu wichtigen Themen des Tages.
CORONA-VERMÖGENSABGABE
Frankfurter Rundschau: "Muss das jetzt sein? Ist es nicht unanständig, sozusagen noch am Krankenbett über die Verteilung der Beerdigungskosten zu reden? Und was soll das Gezackere über die Lastenverteilung, wenn doch das Virus alle gleichermaßen treffen kann, ob arm oder reich? Die Einwände sind verständlich, aber sie überzeugen nur begrenzt. Natürlich kann Covid-19 auch einen Millionär umbringen. Aber es stimmt eben genauso, dass Reiche gesünder sind als Arme. Wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verdient, stirbt als Frau im Durchschnitt 4,4 Jahre früher als diejenigen, die mehr als 150 Prozent des mittleren Werts zu Verfügung haben. Bei Männern beträgt der Unterschied sogar 8,6 Jahre. Das bedeutet selbstverständlich auch für diese Pandemie: Armut schadet der Gesundheit. Damit ist schon mal ein gutes Argument dafür genannt, die Privilegierten und besser Geschützten irgendwann stärker zur Kasse zu bitten als die unteren und mittleren Einkommens- und Vermögensgruppen."
Welt: Über einen Lastenausgleich nachzudenken, bevor die akute Gefahrenlage auch nur annähernd bewältigt ist, ist brandgefährlich. Denn die Politik ist dringend darauf angewiesen, dass diejenigen, die derzeit wirtschaftliche Entscheidungen treffen, nicht die Zuversicht verlieren. In der Finanzkrise haben viele Mittelständler die Jobs nur halten können, weil sie an ihre eigenen Reserven gegangen sind. Es sind Familienunternehmer, erfolgreiche Selbstständige und so manche Vermieter, die hierzulande oftmals ein Vermögen besitzen. Doch nun droht Millionen von ihnen eine Durststrecke, weil Einnahmen fehlen und die Fixkosten bleiben. Wer wie Esken jetzt den Klassenkampf heraufbeschwört, hat den Ernst der wirtschaftlichen Lage noch immer nicht erkannt."
Mitteldeutsche Zeitung. "Mit ihrer Idee, Reiche stärker an den Kosten der Corona-Krise zu beteiligen, hat SPD-Chefin Saskia Esken erwartbare Kritik der FDP, vorhersehbares Lob der Linkspartei und die unvermeidliche Aufregung bei Twitter geerntet. Natürlich wird die Corona-Krise Milliarden kosten. Und natürlich wird man eines Tages auch darüber reden müssen, wie diese Summen finanziert werden sollen. Dieser Zeitpunkt ist aber nicht jetzt. Die Frage, wer die Rechnung bezahlt, gehört zu den Aufräumarbeiten. Für die ist noch genügend Zeit. Später."
CORONA-FÄLLE IN PFLEGEHEIMEN
Allgemeine Zeitung Mainz: "Auch wenn hundertprozentiger Schutz nie möglich sein wird, muss an dieser Stelle dringend nachgebessert werden. Dass gerade in Einrichtungen für die Hauptrisikogruppe seit Wochen Schutzausrüstung fehlt und selbst Pflegepersonal nicht zeitnah auf das Virus getestet werden kann, ist schwer erträglich. Von grundsätzlichen, regelmäßigen Tests für alle Mitarbeiter gar nicht zu reden. Und auch wenn es niemand offen ausspricht: Es gibt auch Einrichtungen, in denen krankes Personal weiterarbeitet, weil die Pflege sonst nicht mehr gewährleistet wäre. Das alles muss sich ändern, wenn wir die Zahl der Ausbrüche in Senioreneinrichtungen möglichst gering halten wollen. Auf keinen Fall darf der Eindruck entstehen, dass ausgerechnet die Hochrisikogruppe älterer Menschen zu wenig im Blick sei. Es muss aber auch allen Senioren, die noch mobil und weiterhin draußen und zum Einkaufen unterwegs sind, klar sein, dass sie besonders gefährdet sind. Sie sollten die mittlerweile vielerorts angebotenen Alltagshilfen annehmen und zu Hause bleiben. Das gilt gerade für jene, die in Senioreneinrichtungen leben."
CORONA-BONDS
Badisches Tagblatt: "Alle Wirtschaften in der EU schmieren ab. Daher wird es für den Aufbau nach der Krise für alle EU-Staaten irgendwelche Hilfen geben müssen, wie auch immer man diese nennen mag. Die Staats- und Regierungschefs werden so kreativ und fantasievoll sein, neue Instrumente dafür zu (er)finden. Das müssen nicht die verrufenen Bonds sein. Die Europäer sollten zu einer tragfähigen, solidarischen Lösung finden, von der am Ende alle profitieren können. Das wird am besten gelingen, wenn man sich von Reiz- und Kampfbegriffen löst. Es gibt nicht nur die eine Weise, einander in der Not beizustehen, sondern viele. Und die Deutschen werden vielleicht einen Weg finden, sich an den neuen EU-Töpfen ebenfalls zu bedienen."
Straubinger Tagblatt: "Deutschland als die weitaus größte Exportnation in Europa braucht wirtschaftlich stabile Nachbarn. Mehr als die Hälfte aller Ausfuhren geht in die Europäische Union. Wenn aber ringsherum die Wirtschaft abstürzt, dann wird auch hierzulande ein rascher Aufschwung nach der Krise illusorisch. Die Konsequenz aus alledem sollte mithin lauten: Ja, Deutschland ist gewillt, seine hervorragende Reputation auf dem Kapitalmarkt zugunsten Europas in die Waagschale zu werfen. Es sollte freilich dafür sorgen, dass es einen Verteilungsmechanismus gibt, der die Corona-Bonds nicht zu einem Füllhorn macht, das man beliebig anzapfen kann. Und dass solche Bonds strengstens auf die augenblickliche Notsituation begrenzt bleiben."
CORONAVIRUS UND FUßBALL
Mitteldeutsche Zeitung: "Was für die erste und zweite Liga als halbwegs praktikabel gilt, ist keinesfalls auf die dritte Liga übertragbar. Insolvenzexperten haben durchgerechnet: Geisterspiele würden je Klub ein Minus nahe der Million erbringen, das in Spielklasse drei nicht kompensierbar ist. Im spielfreien Kurzarbeiter-Modus ist die Überlebenschance gerade größer. Vor diesem Fakt verschließen Drittligisten trotzdem die Augen. Geblendet von der vagen Aussicht, vielleicht aufsteigen und in Liga zwei die Verluste ausgleichen zu können. Ein Spiel mit dem Feuer, das auch diejenigen die Existenz kosten könnte, die jetzt mahnen."
CORONAVIRUS UND NATO
Straubinger Tagblatt: "Für die Nato geht es (...) um die Sicherung ihrer ureigenen Aufgaben. Man ist Verpflichtungen gegenüber Partnern eingegangen - von Trainingsmissionen für inländische Sicherheitskräfte im Irak oder in Afghanistan bis hin zu der Frage, wie Sicherheit und Gefahrenabwehr der eigenen Mitglieder aufrechterhalten werden kann. Diese Frage stellt sich umso drängender, da einige Mitgliedstaaten ihre eigenen Kräfte im Inland binden. Der Einsatz von Soldaten für die innere Sicherheit sowie die Kontrollen der Ausgangssperren ist längst nicht überall so strikt verboten wie in Deutschland. In einem wie auch immer gearteten Ernstfall hätte die Allianz derzeit wohl größte Probleme, die notwendigen Truppen zusammenzubekommen. Das kann und darf nicht sein."
GESUNDHEITS-APP
Mitteldeutsche Zeitung: "Tatsächlich könnte die App in der kommenden Woche einsetzbar sein. Natürlich bleibt die Corona-Krise eine Bedrohung für Liebhaber der Freiheitsrechte, die im Grundgesetz verbrieft sind. Diese Liebhaber sollten wir alle sein. Man darf die Bedrohung nicht kleinreden; sie gehört in normalen Zeiten wieder auf die Tagesordnung. Nur: Das sind keine normalen Zeiten. Überhaupt ist die Corona-Krise auch eine Angst-Krise. Angst ergibt sich aus Kontrollverlust. Wir sollten nach Wegen suchen, diesen zu stoppen. Das würde uns noch mehr Hoffnung machen."
- Alle Angaben ohne Gewähr.
- Die Meinungen geben die Ansicht des jeweiligen Kommentators wieder.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
DJG/AFP/sha
(END) Dow Jones Newswires
April 01, 2020 17:22 ET (21:22 GMT)
Copyright (c) 2020 Dow Jones & Company, Inc.