BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung hat die von den Ländern geforderten Änderungen am Kohleausstiegsgesetz abgelehnt und damit heftige Kritik auf sich gezogen. Auf Empfehlung von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte das Kabinett die Vorschläge des Bundesrates am Mittwoch in einer Gegenäußerung zurückgewiesen. Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) warf der Regierung "Politik nach Gutsherrenart" vor. "Berechtigte Kritik und konstruktive Vorschläge der Länderkammer werden schlicht vom Tisch gewischt."
Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme Mitte März unter anderem Entschädigungszahlungen für Steinkohle-Kraftwerke und bessere Anreize für den Umstieg von Kohle auf Gas für Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung gefordert. Auch mahnten die Länder einen schnelleren Ökostromausbau sowie eine Entlastung bei den Strompreisen an. Die Beratungen zwischen Bund und Ländern lagen wegen der Corona-Krise jedoch zuletzt auf Eis.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bezeichnete insbesondere das Nein der Regierung zu besseren Bedingungen für die Steinkohle als "nicht nachvollziehbar". Laut dem umstrittenen Gesetzentwurf sollen Betreiber von Steinkohleblöcken nur bis 2026 entschädigt werden, danach soll es auch Zwangsabschaltungen geben dürfen. "Dabei geht es nicht um Almosen oder ein 'goldenes Ende' für die Kraftwerke", betonte BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae. "Es geht um die Wahrung rechtstaatlicher Grundsätze, einen erfolgreichen Kohleausstieg, die Wahrung der Versorgungssicherheit sowie darum, die Unternehmen und deren Eigner nicht in finanzielle Schieflagen zu bringen." Das betreffe auch viele Kommunen, denen im Zuge der Corona-Krise ohnehin neue Lasten drohten, so Andreae.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) erklärte, die Gegenäußerung der Bundesregierung sei "bedauerlich". Jetzt komme es darauf an, dass der Bundestag an wesentlichen Stellen des Kohleausstiegsgesetzes nachbessere, erklärte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. "Die kommunale Energiewirtschaft benötigt langfristig sichere Rahmenbedingungen für Investitionen in die Strom- und Wärmewende."
Das Kohleausstiegsgesetz sieht den schrittweisen Ausstiegs Deutschlands aus der Stein- und Braunkohleverstromung vor. Bis 2022 soll die Kapazität auf jeweils 15 Gigawatt reduziert werden, bis 2030 auf rund acht Gigawatt Leistung bei der Steinkohle und neun bei der Braunkohle. 2038 soll dann das letzte Kraftwerk stillgelegt sein.
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April 08, 2020 10:49 ET (14:49 GMT)
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