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Neue Erkenntnisse unterscheiden vier "Sprechtypen" - Sprachwandel als Maß des gesellschaftlichen Zusammenhaltes?
Neue Studien der Universitäten Mainz und Marburg legen einen Zusammenhang zwischen Sprachgebrauch und gesellschaftlichem Zusammenhalt nahe. Professor Roland Imhoff, Sozialpsychologe in Mainz und Professor Christopher Cohrs, Sozialpsychologe in Marburg, untersuchten den Sprachwandel durch Anglizismen in getrennten Studien erstmals aus sozialpsychologischer Sicht.
Dabei ging es eben nicht um die Frage "Wie verändert sich die Sprache?", sondern "Wer verändert die Sprache?". Ziel der Forschungen war es, Persönlichkeitsmerkmale, Einstellungen und Überzeugungen der Sprachwandler zu erkennen und somit psychologische Triebfedern des Sprachverhaltens zu identifizieren. Beide Studien wurden von der Vestischen Forschungsstiftung (VFS) gefördert.
Als dominierende und stabilste Merkmale der Anglizismenfreunde zeigten sich in beiden Untersuchungen deren geringere Identifikation mit der deutschen Kultur und Gesellschaft bei gleichzeitig stärkerer Hinwendung zu US-amerikanischen Lebensformen. Unter den weiteren Merkmalen des Zusammenhaltes zeigen sie ein eher geringeres soziales Engagement. Einen starken Zusammenhang mit dem Sprachverhalten zeigen auch die demografischen Variablen Alter, Bildung und Geschlecht. Bezüglich der Gründe des Sprachverhaltens sind dies jedoch nur indirekte Variable. Aufklärung über das Warum leisten hier nur die weiteren Persönlichkeitsmerkmale der Gruppen, die eben durch Lebensalter, Bildung und Geschlecht geprägt werden. Frauen sind Anglizismen gegenüber aufgeschlossener als Männer, und zwar besonders dann, wenn sie politisch eher linksorientiert und gesellschaftlich weniger engagiert sind.
Mit dem Alter ist meist eine stärkere Identifikation mit der deutschen Kultur, geringere Englischkenntnisse und größerer Wohlstand verbunden. Merkmale, die auf einen eher geringen Fremdwortgebrauch hinweisen. "Die hauptsächlichen, auslösenden Faktoren für einen steigenden Gebrauch von Anglizismen im Alltag sind Medien, die Finanzbranche und vor allem die Werbewirtschaft. Leider waren diese nicht Teil der Untersuchungen", erklärt Dr. Hans-Joachim Thelen, Vorsitzender der VFS. "Diese richten ihren Sprachgebrauch an den wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen aus". Die Forschergruppen um Prof. Imhoff und Prof. Cohrs waren bei ihrer Suche nach den Gründen des Sprachwandels aber auf der Suche nach Persönlichkeitseigenschaften, Meinungen, Einstellungen und Überzeugungen von Individuen.
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