Von Ulrike Dauer
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Finanzaufsicht hat einer Bafin-Sprecherin zufolge im Juli der Staatsanwaltschaft München einen weiteren Verdacht des Insiderhandels mit Wirecard-Aktien durch den ehemaligen Wirecard-CEO Markus Braun angezeigt. Es geht laut Bafin-Sprecherin Anja Schuchhardt um zwei Transaktionen durch die Braun zuzurechnende MB Beteiligungsgesellschaft. Die Bafin-Anzeige richtet sich gegen die MB Beteiligungsgesellschaft.
Für eine der beiden Transaktionen, bei der die MB Beteiligungsgesellschaft am 24. Juni - also dem Tag bevor das Unternehmen Insolvenz anmeldete - Wirecard-Aktien im Wert von 6,6 Millionen Euro verkauft habe, hat die Bafin laut Sprecherin am 10. Juli der Staatsanwaltschaft den Verdacht des Insiderhandels angezeigt. Bei einer zweiten Transaktion, bei der die MB Beteiligungsgesellschaft am 22. Juni Wirecard-Aktien für 3,4 Millionen Euro verkauft habe, prüft die Bafin noch, ob es Anhaltspunkte für Insiderhandel gebe.
Am Vormittag war bekannt geworden, dass die Bafin die Staatsanwaltschaft München I im Juni über den Verdacht des Insiderhandels mit Aktien des nun insolventen Zahlungsdienstleisters im Vorfeld des verweigerten Testats durch die Wirtschaftsprüfer informiert hat. Grund seien entsprechende Hinweise im Internet gewesen, unter anderem ein Post in einem Börsen-Forum.
"Den aktuellen Hinweis zum Post vom 10. Juni haben wir am 25. Juni an die Staatsanwaltschaft weitergegeben", sagte Bafin-Sprecherin Anja Schuchhardt.
Acht Tage vor dem Wirecard-Crash hatte laut Handelsblatt ein Nutzer in einem Börsen-Forum geschrieben, dass der Bilanzprüfer EY nicht uneingeschränkt testieren werde, denn die Wirecard-Geschäftsführung habe keine erforderlichen Nachweise erbracht, woher erhebliche Summen als Sicherheiten auf Treuhandkonten stammen. Dem Forums-Post zufolge hätten Mitarbeiter die Information weitergegeben. Damit habe der anonyme Hinweisgeber laut Handelsblatt das Prüfergebnis von EY vorweg genommen.
Am 18. Juni verweigerten die Abschlussprüfer der Wirecard AG das Testat für den Abschluss 2019 und am 22. Juni gestand Wirecard ein, dass in den Bilanzen auftauchende Guthaben von 1,9 Milliarden Euro mit "überwiegender Wahrscheinlichkeit" gar nicht existierten. Am 25. Juni teilte das Unternehmen mit, dass Insolvenz angemeldet werde.
Braun war bereits am 19. Juni als CEO zurückgetreten. Er stellte sich der Staatsanwaltschaft München, die einen Haftbefehl gegen ihn erwirkt hatte, und ist derzeit gegen Kaution von 5 Millionen Euro auf freiem Fuß. Informierten Personen zufolge sucht die Staatsanwaltschaft auch nach dem ehemaligen Wirecard-Vorstand Jan Marsalek.
Auch am 24. Juni ging aus zwei Pflichtmitteilungen hervor, dass Braun mit seinen am Vortag gemeldeten Aktienverkäufen seine Beteiligung an Wirecard deutlich reduziert hat. Am 18. Juni war Brauns Anteil, ebenfalls über die MB Beteiligungsgesellschaft, auf 4,94 Prozent nach 8,04 Prozent zuvor gesunken. Am 19. Juni fiel der Anteil weiter auf 2,62 Prozent. Braun war zuvor größter Einzelaktionär von Wirecard. Über die wenige Tage später erfolgten beiden Transaktion der MB Beteiligungsgesellschaft, die nun Gegenstand des Verdachts des Insiderhandels sind, wurden keine Stimmrechtmitteilungen veröffentlicht, weil Braun zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr im Vorstand war.
Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt bereits gegen Braun und weitere Wirecard-Manager wegen des Verdachts auf Betrug, Bilanzfälschung, Marktmanipulation und Geldwäsche. Des weiteren untersuchen die US-Behörden, ob Wirecard eine entscheidende Rolle in einem mutmaßlichen 100 Millionen US-Dollar umfassenden Bankbetrug im Zusammenhang mit einem Online-Marihuana-Marktplatz gespielt hat.
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July 14, 2020 14:02 ET (18:02 GMT)
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