BERLIN (dpa-AFX) - Mehr als acht Stunden haben die Spitzen von Union und SPD bei ihrem ersten Treffen nach der Sommerpause miteinander gerungen. Am Ende erzielten sie auch beim Wahlrecht eine Einigung, die allerdings von der Opposition scharf kritisiert wird. Die Beschlüsse in der Kurzübersicht:
- Bei der Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestags gibt es nach jahrelangem Streit einen Kompromiss. Für die Wahl 2021 soll die Zahl der Wahlkreise noch unangetastet bleiben, bis 2025 soll sie von derzeit 299 auf 280 reduziert werden. Schon 2021 sollen aber nicht mehr alle Überhangmandate ausgeglichen werden - nämlich bis zu drei nicht. Details soll eine noch in dieser Legislaturperiode eingesetzte Reformkommission klären. Auch das Wahlalter 16, Parität auf Parteilisten, also die abwechselnde Besetzung mit Männern und Frauen, und die Dauer der Legislaturperiode sollen dort diskutiert werden.
- Das Kurzarbeitergeld wird verlängert von regulär 12 auf bis zu 24 Monate. Längstens soll das Hilfsmittel gegen Massenentlassung bis Ende 2021 ausgezahlt werden können. Sozialversicherungsbeiträge sollen bis Mitte 2021 komplett erstattet werden, in der zweiten Jahreshälfte dann in der Regel noch zur Hälfte.
- Die bestehenden Lockerungen im Insolvenzrecht werden verlängert, um eine Pleitewelle zu verhindern. Bis Ende des Jahres wird die Regelung über die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für den Antragsgrund der Überschuldung weiter ausgesetzt.
- Gesetzlich Versicherten stehen für 2020 wegen der Corona-Krise mehr Krankentage zur Betreuung ihrer Kinder zur Verfügung. Für Elternpaare soll das Kinderkrankengeld für jeweils fünf weitere Tage und für Alleinerziehende für zusätzliche zehn Tage gewährt werden.
- Wer wegen der Corona-Pandemie Angehörige pflegt oder deren Pflege neu organisieren muss, kann 2020 bis zu 20 Arbeitstage der Arbeit fernbleiben. Erfolgt die Pflege aufgrund von Versorgungsengpässen wegen der Krise zuhause, dann kann auch das Pflegeunterstützungsgeld bis zu 20 Arbeitstage in Anspruch genommen werden.
- Die Überbrückungshilfen für kleine und mittelständische Betriebe werden bis Ende des Jahres verlängert. Das Programm war bisher bis Ende August befristet. Für die Zuschüsse hatte der Bund 25 Milliarden Euro eingeplant.
- Von der Krise besonders betroffene Künstler, Soloselbstständige und Kleinunternehmer sollen erleichterten Zugang zur Grundsicherung erhalten. Dazu sollen beim Schonvermögen großzügigere Regelungen gelten. Auch der wegen der Corona-Krise erleichterte Zugang zur Grundsicherung insgesamt soll verlängert werden - bis Ende 2021.
- Aus den EU-Corona-Hilfsgeldern soll eine digitale Bildungsoffensive finanziert werden. Mit 500 Millionen Euro sollen Lehrkräfte mit digitaler Technik ausgestattet werden. Auch eine bundesweite Bildungsplattform etwa für hochwertige digitale Lernangebote soll eingerichtet werden.
- Werden Schulen oder Kitas geschlossen, sollen Kinder ärmerer Eltern auch bis Ende 2020 im Rahmen des Bildungspakets mit einem Mittagessen versorgt werden.
- Soziale Dienstleister sollen weiter vor existenzbedrohenden Problemen wegen Einschränkungen in der Corona-Krise geschützt werden. Dazu wurde eine Verlängerung von Regeln zum Erhalt der Einrichtungen bis Ende des Jahres vereinbart.
- Es soll ein auf 2020 und 2021 befristetes Förderprogramm in Höhe von 500 Millionen Euro zur Corona-gerechten Umrüstung von Klimaanlagen in öffentlichen Gebäuden und Versammlungsstätten finanziert werden.
- EU-Mittel aus dem Corona-Hilfspaket sollen auch für die Strukturanpassungen in den Kohlegebieten eingesetzt werden.
- Eine Arbeitsgruppe soll ausloten, wie Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden können. Dies hatten Union und SPD bereits im Koalitionsvertrag vereinbart.
- Eine weitere Arbeitsgruppe soll Regelungen zum Abbau von Bürokratie für ein Bürokratieentlastungsgesetz IV erarbeiten.
- Auch wie eine Erweiterung des Geltungsbereichs für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen aussehen kann, will eine Arbeitsgruppe herausarbeiten./rbo/DP/eas