BERLIN (dpa-AFX) - Die Koalition aus Union und SPD verschleppt nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) die geplante Stärkung von Frauen in Unternehmensgremien. "Wieder einmal wird das Thema auf die lange Bank geschoben", sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack.
Weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit hatten die Spitzen der Koalition am Dienstag die Einsetzung einer Arbeitsgruppe mit Vertretern von CDU/CSU und SPD beschlossen. Diese soll die "Umsetzung des Prüfauftrages im Koalitionsvertrag" beraten, wie eine Erweiterung der gleichberechtigten Teilhabe von Männern und Frauen an Führungspositionen in Wirtschaft und öffentlichem Dienst umgesetzt werden könne.
"Das ist vollkommen unverständlich", sagte Hannack. "Die große Koalition hatte sich verpflichtet, hier voran zukommen." Ein Reformvorschlag von Bundesfrauenministerin Franziska Giffey und Justizministerin Christine Lambrecht (beide SPD) liege längst vor. "Er darf jetzt nicht verschleppt, sondern muss zügig auf den Weg gebracht werden."
Giffey hatte bereits vor rund einem Jahr angekündigt, eine Novelle zur Durchsetzung von Frauenquoten in Unternehmensgremien komme bald ins Bundeskabinett. Das Führungspositionengesetz schreibt seit 2016 vor, dass die etwa 100 größten börsennotierten und mitbestimmungspflichtigen Unternehmen mindestens 30 Prozent der Aufsichtsratsposten mit Frauen besetzen müssen.
Anfang des Jahres legten Giffey und Lambrecht dann ihren Gesetzentwurf vor. Giffey erklärte nun, dass sie das Gesetz noch in diesem Jahr ins Kabinett bringen wolle. Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag Verbesserungen beim Gesetz zu Frauen in Führungspositionen verabredet.
Geplant ist die Ausweitung der Frauenquote für Aufsichtsräte und eine Vorgabe, dass in rein männliche Unternehmens-Vorstände mit mindestens vier Mitgliedern künftig eine Frau nachrücken soll, wenn ein Platz frei wird. Im Sommer sagte Giffey, die Ressortabstimmung habe ergeben, dass es von den unionsgeführten Ressorts keine Zustimmung gebe. Dazu zählt das Wirtschaftsministerium von Peter Altmaier (CDU).
Knapp jeder dritte Aufsichtsratsposten in den 188 größten börsennotierten deutschen Unternehmen war nach einer aktuellen Auswertung der Organisation "Frauen in die Aufsichtsräte" (Fidar) zuletzt mit einer Frau besetzt. In den Vorständen dominierten die Männer mit fast 90 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr legte der Frauenanteil in beiden Kategorien nur um maximal 1,5 Prozentpunkte zu. Zugleich planen der Erhebung zufolge 75 Konzerne weiter auch perspektivisch mit Führungsetagen ganz ohne Frauen - darunter das Dax -30-Unternehmen Heidelberg Cement, der Dax-30-Aufsteiger Deutsche Wohnen und etwa Delivery Hero , Hello Fresh und Rocket Internet ./bw/DP/mis