
DJ ESM-Chef Regling fordert Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Chef des Euro-Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, hat eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts des Währungsraums gefordert. In einer virtuellen Podiumsdiskussion anlässlich des 50. Jahrestags des Werner-Plans begründete Regling das mit der mangelnden Glaubwürdigkeit des aktuellen Pakts und geänderten makroökonomischen Zusammenhängen. "Ich weiß von meinen Kontakten unter Investoren, dass diese nicht viel Vertrauen in den aktuellen Pakt haben", sagte Regling.
Der Pakt muss nach seiner Aussage "einfacher" und für Märkte und Politiker "leichter verständlich" werden. Regling wies zudem darauf hin, dass die seit der Reform von 2011 angewendete Methode zur Berechnung "struktureller", also konjunkturbereinigter Defizitquoten im aktuellen Umfeld nicht mehr funktioniere. "Der Saldo muss geschätzt werden, und dazu braucht es eine Schätzung der Output-Lücke und der Potenzialrate jedes Euro-Landes", sagte Regling. Dafür gebe es jedoch seit der Finanzkrise keine allgemein akzeptierte Methode mehr.
Der Stabilitäts- und Wachstumspakt setzt den Euro-Ländern Obergrenzen für das laufende Haushaltsdefizit und die Gesamtverschuldung. Im Zuge der Reform von 2011 war die bis dahin geltende Defizitobergrenze von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von der einer wachstumsabhängigen Größe abgelöst worden. Gegenwärtig sind die Defizitregeln wegen der Corona-Pandemie zunächst bis 2021 suspendiert. Regling sprach sich dafür aus, nach dem Ende der Corona-Krise wieder zu strikteren Haushaltsregeln zurückzukehren.
Der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, sagte in der gleichen Diskussion, die EU-Kommission werde die Regeln im Frühjahr 2021 überprüfen. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, warnte, dass es keine voreilige Straffung der Fiskalpolitik geben dürfe. Die Aussichten seien weiterhin sehr unsicher.
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October 06, 2020 11:49 ET (15:49 GMT)
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