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Seyit Binbir
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Experteninterview: Holger Rausch von MINERVA Immobilien zur aktuellen Corona Krise in der Immobilienbranche

Finanznachrichten News

Bild: Immobilienexperte Holger Rausch von Minerva Immobilien berichtet im Interview mit Inside Wirtschaft über die Auswirkungen der Coronakrise auf die Immobilienbranche.

Hat Corona die Immobilienbranche durcheinander gewirbelt? Und was könnte die Politik im Bereich Immobilien und Immobilieninvestments tun, damit es für Mieter und Investoren besser läuft? Darüber spricht Holger Rausch von Minerva Immobilien im Interview mit Manuel Koch von Inside Wirtschaft.

Herr Rausch, Corona hat viele Branchen beeinflusst, sehen Sie das auch in der Immobilienbranche?

Rausch: Zunächst mal ist die Immobilienbranche ganz gut durch die Krise gekommen. Wie sich jeder ausmalen kann, ist allerdings der Bereich oder der Sektor der Hotelimmobilien stark negativ betroffen. Der Bereich der Logistik ist dagegen in einer ganz guten Situation. Wir haben natürlich im Bereich der Gewerbeimmobilien deutliche Veränderungen, insbesondere auf dem Büroimmobilienmarkt. Dort haben wir natürlich mit Beginn der Coronakrise einen Stop in den Vermietungen gesehen, wir haben gesehen, dass die Unternehmen sofort auf Home Office und Kurzarbeit umgeschaltet haben. Das hat Auswirkungen gehabt, Wir haben bis zu 30, 40 Prozent Rückgänge in Neuanmietungen gehabt. Wir haben auch einen Stop jeglicher Investitionsaktivitäten gehabt, sehen jetzt allerdings eine Erholung. Viele müssen jetzt eine Entscheidung treffen: vergrößere ich mein Unternehmen oder verkleinere ich es? Ziehe ich um? Man kann nicht warten bis die Krise vorbei ist, sondern muss mit der Situation leben - und das führt dazu, dass wir im Immobilienmarkt nahezu Zustände wie vor der Krise haben. Das heißt, dass die Preise für Investitionen hoch bleiben. Wir haben da interessanterweise keinen Rückgang.

Die Mieten sind nahezu gleich geblieben. Allerdings wird zunehmend das moderne Büro mit moderner Haustechnik und Flexibilitäten auf dem Markt gefordert. Die Unternehmen wollen den Arbeitnehmer wieder im Büro haben, weil die Prozesse, die Dynamik und Kreativität erfordern dort einfach effizienter ablaufen. Im Segment Wohnen gab es einen kurzen Schock aber ansonsten keine Rückgänge. Investoren, die neu sind oder einsteigen wollen, sind aktiv, und im Neubausegment sogar mit Preissteigerung.


Bild: Holger Rausch - MINERVA Immobilien- und Besitzgesellschaft mbH

Wenn Sie nun sagen, im Bürobereich müssen sich gerade viele Unternehmen entscheiden. Werden die Flächen eher größer - wegen des Abstandes zwischen den Mitarbeitern oder eher kleiner, weil viele Mitarbeiter aus dem Home Office arbeiten?

Rausch: Das ist schwer vorherzusagen, aber grundsätzlich glaube ich, dass die Veränderungen zu dem, was schon vor Corona begonnen hat, nicht besonders groß sind. Schließlich war auch da schon die Flexibilisierung des Arbeitsplatzes im Gange. Es gab viele Anbieter von flexiblen Büroflächen, die über den Bedarf hinaus gingen. Diese Anbieter haben jetzt einen Dämpfer bekommen, weil die Unternehmen natürlich jetzt weniger Büroarbeitsplätze anmieten als sie Mitarbeiter haben, da sie mit Urlaub, Krankheit und Home Office kalkulieren. Aber, dass das Modell Home Office dazu führen soll, dass es keine klassischen Büroflächen mehr gibt, ist absurd. Wir sprechen sogar von einem steigenden Bedarf an Büroarbeitsflächen.

Wir werden viel weniger Industrieland, sondern vielmehr Dienstleister sein. Wir werden einen viel höheren Anteil an Arbeitsplätzen haben, die im klassischen Büro stattfinden. Schließlich findet die Wertschöpfung nicht mehr nur durch Maschinen, sondern auch auf anderer Ebene statt. Das sehen wir insbesondere in Berlin. Der Kampf um die Arbeitskraft wird weiter anhalten, auch vor dem Hintergrund der Bevölkerungsentwicklung. Der junge, gut ausgebildete Arbeitnehmer will vor allem in urbanen Arealen leben, und dadurch bleibt die Büroimmobilie weiterhin ein Investment für die Zukunft.

Überlegen sich Investoren jetzt andere Strategien? Wie zb.: habe ich unten im Haus lieber einen Supermarkt oder einen Drogeriemarkt, der auch bei einem Lockdown geöffnet hätte, oder einen Einzelhändler, der vielleicht schließen muss? Oder ein Restaurant, bei dem die Sperrstunde greifen würde?

Rausch: Ich glaube, da wird sich nichts ändern. Das war auch schon vorher so, weil man natürlich einen 10 oder 15 Jahre dauernden Mietvertrag hat. Natürlich hat man den Top-Filialisten lieber in der Immobilie als die kleine Boutique, aber am Ende regelt das der Markt. Und natürlich ist die kleine Boutique im Erdgeschoss auch willkommen, vor allem weil man an der Hauptverkehrsstraße im Erdgeschoss weniger gern wohnen möchte.

Corona hat das private Eigentum in der Immobilienbranche also nicht weiter beeinflusst? Würden Sie sagen, der Markt ist ungetroffen?

Rausch: Der ist ungetroffen, und ich glaube, dass die Erkenntnis zugenommen hat, wie wichtig das private Eigentum ist. Allein deswegen, weil man nun die Qualität des Wohnens wieder in den Vordergrund rückt. Platz, Balkon, Ausblick...Ich glaube, dass die Wohnqualität ein wesentlicher Faktor ist, und ein zweiter Faktor ist natürlich der Aspekt der Altersvorsorge durch privates Eigentum.

In anderen Ländern ist es ja auch natürlicher, dass man eine Immobilie als Altersvorsorge hat, zum Beispiel in den südlichen Staaten Europas. Warum ist das in Deutschland nicht so? Für meine Großeltern etwa war es auch normal, für viele junge Leute heute ist es das nicht. Warum?

Rausch: Ja, das ist schade - und hat mit der politischen Ausrichtung in Deutschland zu tun. Weil nämlich der Mieter geschützt wird. Es ist im Grundsatz ja richtig, ihn nicht völlig den Kräften des Marktes auszusetzen, aber geht meiner Meinung nach völlig am Ziel vorbei, was die private Vermögensbildung angeht. Ich persönlich bin großer Fan der selbst genutzten Immobilie und der Kapitalanlage für mittlere Einkommen. Wenn ich selbst nicht in der Immobilie wohnen kann, dann brauche ich sie eben zumindest als Kapitalanlage. Für meine Absicherung in der Zukunft.

Jetzt sagen wahrscheinlich viele, dass sie das gern machen würden, aber die Preise sind einfach so teuer geworden, dass man sich das - zum Beispiel in Berlin Mitte - nicht leisten kann. Sollten private Anleger dann auf B-Lagen setzen?

Rausch: Es war ja im Grunde schon immer so, dass man sich nicht alles leisten kann. Das hängt von der eigenen Vermögens- und Einkommenslage ab. Ganz grundsätzlich vertrete ich die Meinung, dass der Immobilienmarkt sogar noch unterbewertet ist. Wir haben vor allem eine Entwicklung vor uns, die auf den Bestand abzielt. Es wird - aus verschiedenen Gründen - viel zu wenig neu gebaut, wodurch die Bestände natürlich an Wert gewinnen werden. Ich kann also jedem raten, abhängig von der Vermögenssituation, in die Eigentumswohnungen einzusteigen. Für den einen ist das Berlin Mitte, für den anderen Halle oder Lübeck. Es gibt eine Reihe von Standorten, weil Deutschland ein großes, diversifiziertes Land mit verschiedenen Standortangeboten ist. Ich glaube, da ist für jeden das richtige dabei. Und je eher man zuschlägt, desto besser.

Ich höre hier heraus, dass es keine Immobilienblase in Deutschland gibt, was ja sonst gern gesagt wird.

Rausch: Das wird zwar gerne gesagt, aber ich halte davon nichts, wobei es bei einigen Segmenten sicherlich kurz vor der Grenze ist. Also, wenn zum Beispiel Immobilien Anfangsrenditen von zwei bis drei Prozent vorweisen, etwa im Top-Büro-Segment, dann ist das nur was für Profis, die diese niedrigen Renditen aufgrund ihrer Finanzierungsinstrumente und der langen Perspektive aushalten können.

Für den Privatanleger empfehle ich dreieinhalb bis vier Prozent als Untergrenze, dann ist aber letztendlich die Frage, wie lange die Zinsen niedriger bleiben als das Wirtschaftswachstum ist. Das ist im Moment eine politische Frage, aber die Frage ist auch, ob sich irgendwann der Markt durchsetzt und dann die Zinsen steigen? Das muss man als Privatanleger immer im Kopf haben. Wenn ich heute aufgrund der niedrigen Zinsen einsteige - wird meine Anfangsrendite hinkommen? Wie finanziere ich meine Immobilie langfristig? Und dann sollte man natürlich in die Immobilie investieren, damit ihr Wert erhalten bleibt.

Politische Aspekte spielen eine wichtige Rolle, besonders natürlich in Berlin, weil hier die Stichworte Mietpreisbremse, Mietendeckel existieren, was macht das mit dem Immobilienmarkt in Deutschland und in der Hauptstadt?

Rausch: Das sorgt für Verunsicherung, weil die Regeln unklar sind. Es spricht nichts dagegen, bestimmte Einkommensschichten auch zu schützen und sie nicht den Spekulationen auszusetzen. Eine Mietpreisbremse, die aber offensichtlich rechtlich nicht zu Ende gedacht ist, als politisches Instrument einfach in den Raum zu schieben, kann nicht der Weg sein. Man sieht sogar, dass Investoren, die eigentlich in Neubau investieren wollten, nun abgeschreckt und verunsichert sind, weil sie sich fragen, welche willkürliche Regelung wohl noch aufgestellt werden? Das entzieht dem Markt Angebot und bevorzugt Menschen mit höherem Einkommen, die im Zentrum Berlins in Altbauten wohnen, hohe Mieten zahlen - und durch dieses Instrument zu günstigeren Mieten kommen. Es ist also nicht durchdacht und erreicht auch keine Entlastung auf dem Wohnungsmarkt.

Welche politischen Anreize müsste es denn aktiv geben, damit das besser wird?

Rausch: Es müsste sich zunächst etwas in der Baulandpolitik ändern, die kommunale und die private Seite müssten Hand in Hand gehen. Da gibt es schon gute Beispiele in Deutschland, aber Berlin ist da ganz hinten, was die Bereitschaft betrifft, diese Allianz zu schmieden. Stichwort: Tempelhofer Feld. Dort wurde die Randbebauung abgelehnt, und ich begrüße es sehr, dass man jetzt diese Initiative wieder ergreift. Das zeigt im Grunde, worum es geht: das Bauland wird nicht aktiviert - einer der großen Fehler. Man muss am Ende die Eigentumsbildung fördern, aber auch subjektbezogen Mietpreise subventionieren, für die, die es sich leisten können, damit der Neubau refinanzierbar ist. Das ging in früheren Jahren auch, und wenn man sich die Zahlen anschaut, wie dramatisch der Abbau der sozial geförderten Immobilien aus den Beständen ist, kann man verstehen, dass da viel Unruhe ist. Da müsste die Politik viel stärker und progressiver einsteigen.

Nochmal zusammengefasst: Der Immobilienmarkt ist weiterhin da und man kann jederzeit einsteigen.

Rausch: Auf jeden Fall im Moment. Ganz wichtig ist, dass man die Banken im Blick behält. Die sind aufgrund des stabilen Marktes und der restriktiven Kreditvergabepolitik bisher gut durch die Krise gekommen. Und wenn man als Privatanleger die Finanzierungsinstrumente hat, dann sollte man tatsächlich auch jetzt die Entscheidung treffen, ein Immobilieninvestment anzugehen. Im professionellen Bereich wird das gerade mit großem Engagement vorgenommen.

Aber muss schon ein bisschen mehr Eigenkapital auf den Tisch legen, oder?

Das muss man, aber das sind Regularien, die es auch schon vor Corona gab.

Herr Rausch, vielen Dank für Ihre Einblicke in die Immobilienwelt und darüber wie die Lage derzeit ist.

Enthaltene Werte: DE0008467440,DE0009653394,XD0002747026,DE000SLA5T64,CH0420019983

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