MINSK (dpa-AFX) - Nach dem Tod eines 31 Jahre alten Mannes in Belarus (Weißrussland) fordert die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja Sanktionen der EU auch gegen Unternehmen, die den Machthaber Alexander Lukaschenko unterstützen. Das sollte in Betracht gezogen werden, schrieb die 38-Jährige am Samstag im Nachrichtenkanal Telegram. Zudem sollten weitere Unterstützer des Staatschefs mit Strafmaßnahmen belegt werden. Die EU hat bereits Sanktionen gegen etliche Personen aus dem Machtapparat erlassen, auch gegen Lukaschenko selbst.
In Belarus erinnerten am Samstag erneut viele Menschen an den gestorbenen 31-Jährigen, der von der Demokratiebewegung als Held verehrt wird. Passanten entzündeten etwa in der Hauptstadt Minsk Kerzen und legten Blumen nieder. Der Tod Roman Bondarenkos müsse international untersucht werden, forderte Tichanowskaja. Sie sprach von Mord. Bondarenko soll am Mittwoch überfallen worden sein. Einen Tag später starb er an seinen schweren Verletzungen. Die genauen Umstände sind bislang noch unklar.
"Es besteht kaum ein Zweifel daran, dass er von Sicherheitskräften geschlagen wurde", teilte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International mit. Ähnlich sei es bereits Hunderten anderen friedlichen Demonstranten gegangen, die angegriffen worden seien, nur weil sie ihre Stimme erhoben hätten.
Seit der Präsidentenwahl am 9. August fordern Demonstranten den Rücktritt von Staatschef Lukaschenko, der aber von Russland gestützt wird. Der 66-Jährige ließ sich mit 80,1 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären. Die EU erkennt ihn nicht mehr als Präsidenten an.
Tichanowskaja sprach in der lettischen Hauptstadt Riga von etwa 18 000 Menschen, die seit dem Beginn der Proteste Anfang August festgenommen worden sein sollen. Bei Telegram wurde ein angeblich interner Bericht der Sicherheitsbehörden verbreitet, in dem von fast 26 000 Festgenommenen die Rede war. Das Innenministerium hatte zuletzt keine Angaben mehr zur Zahl der Festnahmen gemacht.
"Die Unterdrückung ist so groß, dass diese Zahlen wie trockene Statistiken klingen. Aber hinter diesen Zahlen stehen Menschen", meinte Tichanowskaja. An diesem Sonntag werden neue Massenproteste in Belarus erwartet./cht/DP/fba