DJ Weidmann: EZB kann klimapolitische Versäumnisse nicht kompensieren
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte nach Aussage von EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann nicht versuchen, mit ihrer Geldpolitik die klimapolitischen Versäumnisse anderer Akteure zu korrigieren. "Geldpolitik kann kein Ersatz für einen angemessenen CO2-Preis sein, und ich stehe Vorschlägen sehr kritisch gegenüber, die Geldpolitik aktiv zur Verfolgung klimapolitischer Ziele einzusetzen", sagte Weidmann laut veröffentlichtem Redetext beim virtuell stattfindenden European Banking Congress.
Weidmann nannte drei Gründe für seien ablehnende Haltung.
1. Mögliche Konflikte mit dem vorrangigen Ziel der Preisstabilität
"Wenn nötig muss das Eurosystem auf die Bremse treten und das Volumen seiner Wertpapierkäufe oder seines Portfolios zurückfahren. Aber die Notwendigkeit, den Wandel zu unterstützen, verschwindet damit nicht."
2. Es ist nicht die Aufgabe der EZB, bestimmte Industrien zu bestrafen oder zu fördern.
"Die Korrektur von Marktstörungen bringt oft Umverteilungseffekte mit sich. Solche Entscheidungen brauchen eine starke demokratische Legitimierung und sind Sache von Regierungen und Parlamenten."
3. Zentralbanken sollen sich nicht zu viel aufladen
Weidmann zitiert den Nobelpreisträger Jean Tirole mit den Worten: "Wir müssen dem Trend widerstehen, Regierungsbehörden zu Organisationen zu machen, die alles versuchen, aber nichts richtig können." Andernfalls müssen sich Zentralbanken bald auf die Forderung einstellen, Marktstörungen auf anderen Gebieten zu korrigieren.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde ist eine Verfechterin "grüner" Anleihekäufe durch die EZB. Sie hatte kürzlich in der EZB-Zuhörveranstaltung (ECB Listens) die rhetorische Frage gestellt: "Wenn es der Markt nicht schafft, Risiken zu bepreisen, sollen wir dann einfach den Märkten folgen, wenn sie falsch liegen?"
Laut Lagarde muss sich die EZB im Hinblick auf den Umgang mit Klimarisiken zunächst auf die Fakten und die geeigneten Instrumente einigen. "Dann können wir hoffentlich alle, die das angreifen und sagen, dass das nicht von unserem Mandat gedeckt ist, davon überzeugen, dass das Teil unserer Pflichten ist", sagte Lagarde.
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November 20, 2020 08:00 ET (13:00 GMT)
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