BERLIN (dpa-AFX) - Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verspricht angesichts des erwarteten harten Lockdowns gegen eine unkontrollierte Corona-Ausbreitung verstärkte Anstrengungen gegen Arbeitslosigkeit. Am Wochenende seien Entscheidungen auch über mögliche weitere Einschränkungen zu treffen, sagte Heil am Freitag in der Beratung des Bundeshaushalts im Bundestag. Dabei gelte: "Diese Bundesregierung kämpft um jeden Arbeitsplatz." Heil sagte: "Das Ausmaß der Pandemie - wir erleben das auch heute angesichts neuer Infektionszahlen - ist historisch." Doch auch in der Wirtschaftskrise gebe es Grund für Optimismus. "Trotz dieser massiven wirtschaftlichen Erschütterung ist in Deutschland aus dieser Pandemie keine soziales Erdbeben geworden", sagte Heil. "Das liegt daran, dass wir in Deutschland einen der leistungsfähigsten Sozialstaaten der Erde haben."
Die Ausgabensteigerungen zur Krisenbewältigung seien enorm, räumte Heil ein. So schlage das Kurzarbeitergeld seit Jahresbeginn mit fast 20 Milliarden Euro zu Buche. Auch Unionsredner betonten aber den Wert der Kurzarbeit. CSU-Arbeitsmarktexperte Stephan Stracke sagte: "Es macht Mut zu sehen: Hohe Kurzarbeiterzahlen bedeuten nicht hohe Arbeitslosigkeit." Sein CDU-Kollege Peter Weiß sagte: "Das Kurzarbeitergeld ist in Wahrheit auch eine Investition in die Zukunft." Bereits nach der Finanzkrise 2009 habe es "anschließend zehn wirklich gute Jahre" ermöglicht.
Die FDP kritisierte die Hilfen für Unternehmen als schleppend. "Dass die Novemberhilfen erst im Januar ausgezahlt werden können, ist ein Armutszeugnis", sagte ihr Arbeitsmarktexperte Johannes Vogel.
Mehrere Redner forderten massive Anstrengung für die Zeit nach Abebben der Hochphase der Pandemie. CDU-Experte Weiß verlangte von der Bundesagentur für Arbeit eine "starke Offensive für Ausbildung" im Frühjahr. Es sei wichtig, dass die jungen Menschen die Aussicht hätten, "dass sie auch in Corona-Zeiten einen gescheiten Job, eine gescheite Ausbildung finden".
Grüne und Linke warfen der Regierung unzureichende Politik gegen Armut vor. Die Linke-Abgeordnete Gesine Lötzsch sagte: "Das Grundproblem liegt in unserem Steuersystem." Finanzminister Olaf Scholz (SPD) solle nicht nur in Talkshows über eine Vermögensabgabe reden, diese müsse "hier im Bundestag beschlossen werden". Ekin Deligöz von den Grünen mahnte: "In diesem Land ist Armut weiblich und jung. Sie trifft die Frauen, sie trifft die Alleinerziehenden, sie trifft die Familien."
Heil kündigte Vorschläge für eine Erhöhung des Mindestlohns an, die über die turnusmäßigen Anpassungen hinausgehen soll: "Wir müssen, und ich werde dazu Vorschläge machen, den Mindestlohn weiterentwickeln."
Er machte zudem den Beschäftigten in der Altenpflege Hoffnung auf eine bundesweit einheitlich bessere Bezahlung. Hintergrund ist ein Tarifvertrag der Gewerkschaft Verdi und kleineren Arbeitgeberverbänden. Nun befassen sich die kirchlichen Dienstgeber in einem Konsultationsverfahren damit. Erwartet wird, dass der Tarifvertrag im kommenden Jahr nach monatelangem Ringen dann so breit getragen ist, dass er Heil vorgelegt werden kann mit dem Ziel der Allgemeinverbindlichkeitserklärung. Heil sagte: "Wenn der Antrag jetzt vorliegen wird und wir ihn prüfen und die Voraussetzungen erfüllt sind, dann will ich, dass wir diesen Tarifvertrag im nächsten Jahr für die Altenpflege auch für allgemeinverbindlich erklären."
Der AfD-Abgeordnete René Springer sagte, dass deutsche Arbeitnehmer Nachteile hätten wegen Ausländern, die eigentlich abgeschoben werden sollten. Er forderte daher eine "Abschiebe-Offensive". CDU-Fraktionsvize Hermann Gröhe entgegnete, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik mit Hilfe von Abstammungsnachweisen solle es nicht geben. "Der völkische Versorger ist das Gegenteil von einem gerechten Sozialstaat."/bw/DP/eas