Berlin (ots) -
- DUH hat interne Akten des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) zur Genehmigung und zum Weiterbau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ausgewertet
- Ursprüngliche Genehmigung der aktuellen Bauarbeiten wurde nach Intervention durch die Nord Stream 2 AG in eine "formlose Zustimmung" geändert, gegen die angeblich keine Rechtsmittel eingelegt werden kann
- DUH zweifelt ergebnisoffenes Verfahren für weitere Baugenehmigung ab Januar 2021 an, nachdem BSH in internen E-Mails an die Bundesregierung schon vor Abschluss der Prüfungen eine Genehmigung im Sinne von Nord Stream 2 ankündigt Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat interne Akten des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) zur Zulässigkeit des Weiterbaus der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ausgewertet. Die DUH hatte die Unterlagen erst mit großer Verzögerung erhalten, bereits Anfang Dezember hatte sie Akteneinsicht beantragt. Aus den internen Vermerken, Schriftwechseln und Genehmigungsunterlagen geht hervor, dass die Nord Stream 2 AG offenbar auf Entscheidungen des BSH Einfluss nimmt und insgesamt mindestens erhebliche Zweifel an der Unabhängigkeit der Entscheidungen der Genehmigungsbehörde bestehen.
Dazu Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Die Nord Stream 2 AG hat die Genehmigungsbehörde anscheinend fest im Griff. Das geht aus den Akten hervor: Wenn die Anwälte von Nord Stream 2 anrufen, werden bereits getroffene Verwaltungsentscheidungen offensichtlich in willfährigem Gehorsam revidiert und ganz im Sinne von Nord Stream 2 neu aufgelegt. Und obwohl der Bau dieser Pipeline nicht nur geopolitisch, sondern auch umwelt- und klimapolitisch weitreichende Folgen für Deutschland und Europa hat, läuft all dies im Geheimen ab. Nord Stream 2 ist damit ein herausragendes Beispiel für Intransparenz. Behördenentscheidungen werden offenbar nicht alleine nach Recht und Gesetz getroffen - sondern an den Wünschen der Nord Stream 2 AG ausgerichtet. Im Dunkeln bleibt auch die Korrespondenz zwischen dem BSH und der Bundesregierung. Auch hier haben wir Anträge auf Akteneinsicht gestellt - und fordern das BSH und die beteiligten Ministerien auf, sämtliche Unterlagen für eine Prüfung zugänglich zu machen."
Ein Beispiel dafür ist die Zustimmung des BSH zu den Bauarbeiten an der Pipeline in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), die am 11. Dezember 2020 aufgenommen wurden. Dafür hatte die Nord Stream 2 AG am 10. Juli 2020 die Erteilung einer Zustimmung durch das BSH beantragt. Nach knapp dreimonatiger und offenbar ausführlicher Prüfung hatte das BSH dann den Arbeiten mit einer "Änderungsgenehmigung" am 2. Oktober 2020 zugestimmt. Eine solche Zustimmung in Form einer Änderungsgenehmigung hätte bewirkt, dass Dritte - wie die DUH dies am 4. Dezember 2020 getan hatte - gegen die Bauarbeiten Widerspruch hätten einlegen können. Ein Anwalt der Nord Stream 2 AG hatte ausweislich der Akten jedoch am 7. Oktober 2020 per E-Mail und Anruf beim BSH interveniert und um eine Änderung "gebeten". Diese hat das BSH dann nach nur zwei Tagen Prüfung am 9. Oktober 2020 vollzogen: Die bereits erteilte und rechtsmittelfähige "Änderungsgenehmigung" wurde in eine formlose "Zustimmung" umgewandelt, gegen die ein Widerspruch nach Rechtsauffassung von Nord Stream 2 AG und BSH nicht möglich sei. Entsprechend wurde auch der Widerspruch der DUH gegen eine Wiederaufnahme der Arbeiten am 11. Dezember 2020 abgelehnt. Der Vorgang macht deutlich: Die Nord Stream 2 AG konnte hier durch die Intervention beim BSH gegen mögliche Überprüfungen durch Umweltverbände wie der DUH "vorsorgen" - und einen effektiven Rechtsschutz weitgehend ausschließen.
Weiterer Beleg für das zweifelhafte Vorgehen des BSH ist das offiziell noch offene Verfahren zur Erteilung einer weiteren neuen Baugenehmigung ab Januar 2021. Die bisherige sogenannte "Zustimmung" des BSH erlaubt der Nord Stream 2 AG in der deutschen AWZ nur einen Bau bis einschließlich Dezember. In der dann folgenden besonders sensiblen Vogelrastzeit sind Bauarbeiten bisher nicht zulässig - dafür hat die Nord Stream 2 AG jedoch ebenfalls im Juli 2020 eine neue Genehmigung beantragt. Die DUH hat dagegen aus Umwelt- und Klimaschutzgründen Einwendungen erhoben. Obwohl das Verfahren noch anhängig und offiziell offen ist, hat das BSH in einer internen E-Mail an das Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur am 3. Dezember 2020 angekündigt, dass die "Genehmigungserteilung noch für Dezember vorgesehen" sei.
Dazu Constantin Zerger, Bereichsleiter Energie und Klimaschutz: "Offenbar hält das BSH für die Nord Stream 2 AG ein Weihnachtsgeschenk bereit. Überrascht werden soll damit aber wohl nur die Öffentlichkeit und die beteiligten Umweltverbände, denn in internen E-Mails an die Bundesregierung wird das Ergebnis des Verfahrens schon vorweggenommen. Werden unsere begründeten Einwendungen zu Klima- und Umweltschutz durch das BSH nur pro forma geprüft? Das wäre ein gravierender Vorgang: Die Unabhängigkeit von Genehmigungsverfahren ist in Frage gestellt, wenn die zuständigen Behörden nicht ergebnisoffen prüfen, sondern sich schon vor Abschluss des Verfahrens auf ein Ergebnis festlegen. Wir werden weitere rechtliche Schritte in diesem Verfahren und gegen das BSH prüfen - wir werden für ein unabhängiges Verfahren und die Gewährleistung des Gebots effektiven Rechtsschutzes streiten."
Die DUH wertet die Akten des BSH weiter aus. Schon jetzt ist jedoch klar: Selbst die verspätet übersandten Unterlagen dürften nicht vollständig sein. So sind zum Beispiel E-Mails an verschiedene Bundesministerien enthalten, jedoch fehlen die Antworten dieser Häuser. Auch gibt es große zeitliche Lücken von mehreren Monaten, in denen es angeblich keine Korrespondenz und keine Vorgänge gab. Zudem sind die Unterlagen nicht paginiert, d.h. durchnummeriert, wie dies für Verwaltungsakten eigentlich üblich ist. So liegt der Verdacht nahe, dass die Unterlagen unvollständig sind.
Links:
Interne E-Mail des BSH mit Vorwegnahme des Genehmigungsergebnisses sowie ein Hintergrundpapier der DUH zur Wiederaufnahme der Bauarbeiten: http://l.duh.de/p201221
Pressekontakt:
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer
0160 90354509, mueller-kraenner@duh.de
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz
0160 4334014, zerger@duh.de
DUH-Pressestelle:
Matthias Walter, Marlen Bachmann, Thomas Grafe
030 2400867-20, presse@duh.de
www.duh.de, www.twitter.com/umwelthilfe, www.facebook.com/umwelthilfe, www.instagram.com/umwelthilfe
Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell
Originalmeldung: https://www.presseportal.de/pm/22521/4796870
- DUH hat interne Akten des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) zur Genehmigung und zum Weiterbau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ausgewertet
- Ursprüngliche Genehmigung der aktuellen Bauarbeiten wurde nach Intervention durch die Nord Stream 2 AG in eine "formlose Zustimmung" geändert, gegen die angeblich keine Rechtsmittel eingelegt werden kann
- DUH zweifelt ergebnisoffenes Verfahren für weitere Baugenehmigung ab Januar 2021 an, nachdem BSH in internen E-Mails an die Bundesregierung schon vor Abschluss der Prüfungen eine Genehmigung im Sinne von Nord Stream 2 ankündigt Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat interne Akten des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) zur Zulässigkeit des Weiterbaus der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ausgewertet. Die DUH hatte die Unterlagen erst mit großer Verzögerung erhalten, bereits Anfang Dezember hatte sie Akteneinsicht beantragt. Aus den internen Vermerken, Schriftwechseln und Genehmigungsunterlagen geht hervor, dass die Nord Stream 2 AG offenbar auf Entscheidungen des BSH Einfluss nimmt und insgesamt mindestens erhebliche Zweifel an der Unabhängigkeit der Entscheidungen der Genehmigungsbehörde bestehen.
Dazu Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Die Nord Stream 2 AG hat die Genehmigungsbehörde anscheinend fest im Griff. Das geht aus den Akten hervor: Wenn die Anwälte von Nord Stream 2 anrufen, werden bereits getroffene Verwaltungsentscheidungen offensichtlich in willfährigem Gehorsam revidiert und ganz im Sinne von Nord Stream 2 neu aufgelegt. Und obwohl der Bau dieser Pipeline nicht nur geopolitisch, sondern auch umwelt- und klimapolitisch weitreichende Folgen für Deutschland und Europa hat, läuft all dies im Geheimen ab. Nord Stream 2 ist damit ein herausragendes Beispiel für Intransparenz. Behördenentscheidungen werden offenbar nicht alleine nach Recht und Gesetz getroffen - sondern an den Wünschen der Nord Stream 2 AG ausgerichtet. Im Dunkeln bleibt auch die Korrespondenz zwischen dem BSH und der Bundesregierung. Auch hier haben wir Anträge auf Akteneinsicht gestellt - und fordern das BSH und die beteiligten Ministerien auf, sämtliche Unterlagen für eine Prüfung zugänglich zu machen."
Ein Beispiel dafür ist die Zustimmung des BSH zu den Bauarbeiten an der Pipeline in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), die am 11. Dezember 2020 aufgenommen wurden. Dafür hatte die Nord Stream 2 AG am 10. Juli 2020 die Erteilung einer Zustimmung durch das BSH beantragt. Nach knapp dreimonatiger und offenbar ausführlicher Prüfung hatte das BSH dann den Arbeiten mit einer "Änderungsgenehmigung" am 2. Oktober 2020 zugestimmt. Eine solche Zustimmung in Form einer Änderungsgenehmigung hätte bewirkt, dass Dritte - wie die DUH dies am 4. Dezember 2020 getan hatte - gegen die Bauarbeiten Widerspruch hätten einlegen können. Ein Anwalt der Nord Stream 2 AG hatte ausweislich der Akten jedoch am 7. Oktober 2020 per E-Mail und Anruf beim BSH interveniert und um eine Änderung "gebeten". Diese hat das BSH dann nach nur zwei Tagen Prüfung am 9. Oktober 2020 vollzogen: Die bereits erteilte und rechtsmittelfähige "Änderungsgenehmigung" wurde in eine formlose "Zustimmung" umgewandelt, gegen die ein Widerspruch nach Rechtsauffassung von Nord Stream 2 AG und BSH nicht möglich sei. Entsprechend wurde auch der Widerspruch der DUH gegen eine Wiederaufnahme der Arbeiten am 11. Dezember 2020 abgelehnt. Der Vorgang macht deutlich: Die Nord Stream 2 AG konnte hier durch die Intervention beim BSH gegen mögliche Überprüfungen durch Umweltverbände wie der DUH "vorsorgen" - und einen effektiven Rechtsschutz weitgehend ausschließen.
Weiterer Beleg für das zweifelhafte Vorgehen des BSH ist das offiziell noch offene Verfahren zur Erteilung einer weiteren neuen Baugenehmigung ab Januar 2021. Die bisherige sogenannte "Zustimmung" des BSH erlaubt der Nord Stream 2 AG in der deutschen AWZ nur einen Bau bis einschließlich Dezember. In der dann folgenden besonders sensiblen Vogelrastzeit sind Bauarbeiten bisher nicht zulässig - dafür hat die Nord Stream 2 AG jedoch ebenfalls im Juli 2020 eine neue Genehmigung beantragt. Die DUH hat dagegen aus Umwelt- und Klimaschutzgründen Einwendungen erhoben. Obwohl das Verfahren noch anhängig und offiziell offen ist, hat das BSH in einer internen E-Mail an das Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur am 3. Dezember 2020 angekündigt, dass die "Genehmigungserteilung noch für Dezember vorgesehen" sei.
Dazu Constantin Zerger, Bereichsleiter Energie und Klimaschutz: "Offenbar hält das BSH für die Nord Stream 2 AG ein Weihnachtsgeschenk bereit. Überrascht werden soll damit aber wohl nur die Öffentlichkeit und die beteiligten Umweltverbände, denn in internen E-Mails an die Bundesregierung wird das Ergebnis des Verfahrens schon vorweggenommen. Werden unsere begründeten Einwendungen zu Klima- und Umweltschutz durch das BSH nur pro forma geprüft? Das wäre ein gravierender Vorgang: Die Unabhängigkeit von Genehmigungsverfahren ist in Frage gestellt, wenn die zuständigen Behörden nicht ergebnisoffen prüfen, sondern sich schon vor Abschluss des Verfahrens auf ein Ergebnis festlegen. Wir werden weitere rechtliche Schritte in diesem Verfahren und gegen das BSH prüfen - wir werden für ein unabhängiges Verfahren und die Gewährleistung des Gebots effektiven Rechtsschutzes streiten."
Die DUH wertet die Akten des BSH weiter aus. Schon jetzt ist jedoch klar: Selbst die verspätet übersandten Unterlagen dürften nicht vollständig sein. So sind zum Beispiel E-Mails an verschiedene Bundesministerien enthalten, jedoch fehlen die Antworten dieser Häuser. Auch gibt es große zeitliche Lücken von mehreren Monaten, in denen es angeblich keine Korrespondenz und keine Vorgänge gab. Zudem sind die Unterlagen nicht paginiert, d.h. durchnummeriert, wie dies für Verwaltungsakten eigentlich üblich ist. So liegt der Verdacht nahe, dass die Unterlagen unvollständig sind.
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Interne E-Mail des BSH mit Vorwegnahme des Genehmigungsergebnisses sowie ein Hintergrundpapier der DUH zur Wiederaufnahme der Bauarbeiten: http://l.duh.de/p201221
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Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer
0160 90354509, mueller-kraenner@duh.de
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz
0160 4334014, zerger@duh.de
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