DJ Merkels Wirtschaftsberater verteidigt Engagement für Wirecard
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Der Leiter der Wirtschaftsabteilung des Kanzleramts, Lars-Hendrik Röller, hat vor dem Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestags laut der Pressestelle des Parlaments die Abläufe zur Vorbereitung von Auslandsreisen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigt. Es habe "keine bösgläubige" Haltung gegenüber Wirecard gegeben - genauso wenig wie gegenüber anderen DAX-Firmen, für die die Kanzlerin sich auf der internationalen Bühne einsetzt. "Wir im Kanzleramt hatten keine Hinweise auf Unregelmäßigkeiten", sagte Röller laut den Angaben.
Röller legte demnach auf eine Frage des CDU-Abgeordneten Matthias Hauer (CDU) dar, wie Wirecard auf die Liste der förderungswürdigen Anliegen der Kanzlerin gekommen ist und welche Prüfungen vorher erfolgt sind. Am Anfang stand laut den Angaben ein Hinweis von Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) auf den geplanten Zukauf eines DAX-Unternehmen in China. Röller habe daraufhin beim Wirtschaftsministerium und beim Finanzministerium abgefragt, ob Bedenken gegen ein Engagement für Wirecard vorliegen. Es seien ihm keine Informationen über schwerwiegende Probleme zugegangen.
Dann sei die politische Prüfung im Kanzleramt erfolgt. Es gebe zwei Bedingungen für eine Empfehlung an die Kanzlerin: Das Anliegen in dem betreffenden Land müsse berechtigt sein - und das Profil des Engagements müsse zu den deutschen Interessen passen. "Wirecard war ein DAX-Unternehmen und passte hier hundertprozentig hinein", sagte Röller. Es sei schon seit Jahren ein Ziel der deutschen China-Politik, mehr Investitionen in der dortigen Finanzwelt möglich zu machen. "Der Kanzlerin ist empfohlen worden, bestimmte Themen anzusprechen", erklärte er.
Röller gab den Angaben zufolge an, als Leiter der Wirtschaftsabteilung lese er zwar regelmäßig eine Presseauswertung, kenne aber nicht immer die komplette Nachrichtenlage. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) da schon ein Verfahren wegen Verstößen gegen die Pflicht zur Veröffentlichung korrekter Finanzberichte angestrengt hatte. "Ich hätte erwartet, von den Ressorts gewarnt zu werden", erklärte Merkels Wirtschaftsberater. Zu Misstrauen habe es erst im Rückblick Anlass gegeben.
Kein konkreter Grund für eine Warnung
In der vorangegangenen Ausschusssitzung im Dezember 2020 hatte bereits Finanzstaatssekretär Wolfgang Schmidt die Unterstützung des Finanzministeriums für den Zahlungsdienstleister zum Erwerb eines chinesischen Unternehmens in den Jahren 2018 und 2019 ausdrücklich gerechtfertigt. "Es gab keine Grundlage, auf der wir das Ansinnen von Wirecard zu diesem Zeitpunkt hätten verweigern können", hatte er gesagt. Auch vor der China-Reise von Merkel im Herbst 2019 habe es keinen konkreten Grund für eine Warnung gegeben - der Wirtschaftsprüfer EY und das Unternehmen hätten alle offenen Fragen ausgeräumt.
In dem Ausschuss ist verstärkt die Rolle der Politik in dem Skandal um den Zahlungsdienstleister ins Zentrum gerückt. Dabei geht es auch um Merkels Rolle wegen des Engagements für Wirecard bei ihrer China-Reise. Guttenberg hatte zuvor als Berater mit seiner Firma vor Merkels Reise im Kanzleramt zugunsten von Wirecard antichambriert.
Im Spätsommer 2019 erwähnte er das Unternehmen gegenüber Merkel bei einem Treffen am 3. September, das er in seiner Vernehmung als "sehr persönlichen" Austausch unter vier Augen über verschiedene Themen charakterisierte. Merkel brachte dann im September 2019 die Ambitionen von Wirecard bei hochrangigen Gesprächen in Peking zur Sprache. Der Erwerb des chinesischen Zahlungsdiensteanbieters Allscore wurde schließlich zwei Monate nach Merkels Besuch umgesetzt.
Bei dem damaligen DAX-Unternehmen Wirecard waren im Juni Luftbuchungen von fast 2 Milliarden Euro öffentlich geworden, es befindet sich mittlerweile in einem Insolvenzverfahren. Ex-Wirecard-Chef Markus Braun sitzt inzwischen in Haft, Ex-Vorstandsmitglied Jan Marsalek ist flüchtig. Braun hatte bei seiner Vernehmung in dem Ausschuss ein Statement verlesen und keinerlei weiterführende Fragen beantwortet. Der Ausschuss will nun eine erneute Vorladung erreichen.
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