BERLIN (dpa-AFX) - Bundesjustizministerin Christine Lambrecht hat sich dafür ausgesprochen, Grundrechtseinschränkungen für Geimpfte möglichst aufzuheben. "Je intensiver die Grundrechtseingriffe sind, desto höher sind die Anforderungen an die Begründung der Maßnahme. Wenn sicher feststeht, dass von Geimpften keine Gefahr für andere ausgeht, fällt ein wichtiges Begründungselement für den Grundrechtseingriff weg", sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag/RND). Umgekehrt gelte aber auch: "Solange nicht wissenschaftlich sicher belegt ist, dass die Impfung auch vor einer Weitergabe des Virus schützt, kommt eine unterschiedliche Behandlung von Geimpften gegenüber Nicht-Geimpften nicht in Frage."
Lambrecht argumentierte: "Es geht hier nicht um Privilegien, sondern um die Rücknahme von Grundrechtsbeschränkungen." Und weiter: "Nicht die Ausübung von Grundrechten bedarf der Rechtfertigung, sondern die Einschränkung der Grundrechte durch den Staat."
Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte vergangenen Sonntag gefordert, Menschen mit Corona-Impfung früher als anderen den Besuch von Restaurants oder Kinos zu erlauben.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Donnerstag: "Wir wissen nicht, ob der Geimpfte andere anstecken kann. So lange stellt sich die Frage von Privilegien überhaupt nicht." Ähnlich hatte das CDU-geführte Bundesgesundheitsministerium kürzlich argumentiert. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CDU) sagte noch Ende Dezember - Privilegien für Geimpfte, das könnte eine Impfpflicht durch die Hintertür bedeuten und die Gesellschaft spalten.
Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, sagte den Funke-Zeitungen (Freitag): "Wenn geimpfte Personen nachweislich nicht nur vor eigener Erkrankung geschützt sind, sondern von ihnen auch keine Ansteckungsgefahr ausgeht, dann gibt es für Freiheitseinschränkungen dieser Personen keinen Rechtfertigungsgrund mehr."/sax/DP/stk