Berlin (ots) - Die Zwischenbilanz der Initiatoren des Untersuchungsausschusses zum milliardenschweren Bilanzbetrug bei Wirecard fällt eindeutig aus: Dass die kriminellen Machenschaften eines weit verzweigten Netzwerks rund um die Führungsriege des Zahlungsdienstleisters nicht von den Aufsichtsbehörden gestoppt wurden, sei ein Systemversagen. Neben der kriminellen Energie einer Bande um Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek sowie dem Kollektivversagen von Aufsichtsorganen und Wirtschaftsprüfern habe auch ein Heer von Beratern, ehemaligen Politikern und Lobbyisten eine tragende Rolle in dem Skandal gespielt, weil sie das Bild von Wirecard als Technologiestar in die Welt getragen hätten. Den Kardinalfehler unter den vielen Versäumnissen in der Affäre habe sich die Finanzmarktaufsicht BaFin zuschulden kommen lassen, die Anfang 2019 ein Leerverkaufsverbot für Aktien von Wirecard verfügte und damit Partei für Kriminelle ergriff, während es längst Anzeichen für Betrug bei dem ehemaligen Dax-Konzern gab.
Wer auch nur einen kleinen Ausschnitt der fast 200 Stunden miterlebt hat, die die Befragung von mehr als 60 Zeugen seit dem Start des Wirecard-Untersuchungsausschusses im Oktober nach Angaben aus dem Ausschuss in Anspruch genommen hat, wird dem Zwischenzeugnis, das Florian Toncar (FDP), Danyal Bayaz (Grüne) und Fabio De Masi (Linke) der Regierung und den Behörden nach knapp fünf Monaten Untersuchungsarbeit ausstellen, kaum widersprechen. Vor allem die kollektive Verantwortungslosigkeit im Aufsichtsmikado, das im Ausschuss immer wieder zu besichtigen war, ließ das Publikum häufig fassungslos zurück.
Aber wie weiter? Der Showdown mit der Regierungsspitze - insbesondere mit dem Finanzministerium, wo die Opposition die größte politische Verantwortung sieht -, dürfte trotz der Spitzen in Richtung Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) und Staatssekretär Jörg Kukies weit weniger spektakulär ausfallen, als es sich die Initiatoren wünschen. Auch ihre Hoffnung, die Ausschussarbeit in den Sommer zu ziehen und den Abschlussbericht der Untersuchung kurz vor der Bundestagswahl im Parlament zu diskutieren, dürfte sich zerschlagen.
Das parlamentarische Kontrollsystem mit dem Untersuchungsausschuss als schärfstem Instrument hat trotzdem nicht versagt. Die Lehren aus der Aufklärungsarbeit müssen noch gezogen werden. Das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz, mit dem es Scholz über den Sommer schaffen will, kann dabei nur ein erster Schritt sein.
(Börsen-Zeitung, 11.03.2021)
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Aber wie weiter? Der Showdown mit der Regierungsspitze - insbesondere mit dem Finanzministerium, wo die Opposition die größte politische Verantwortung sieht -, dürfte trotz der Spitzen in Richtung Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) und Staatssekretär Jörg Kukies weit weniger spektakulär ausfallen, als es sich die Initiatoren wünschen. Auch ihre Hoffnung, die Ausschussarbeit in den Sommer zu ziehen und den Abschlussbericht der Untersuchung kurz vor der Bundestagswahl im Parlament zu diskutieren, dürfte sich zerschlagen.
Das parlamentarische Kontrollsystem mit dem Untersuchungsausschuss als schärfstem Instrument hat trotzdem nicht versagt. Die Lehren aus der Aufklärungsarbeit müssen noch gezogen werden. Das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz, mit dem es Scholz über den Sommer schaffen will, kann dabei nur ein erster Schritt sein.
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