Mainz (ots) - Man sollte sie einfach umbenennen: Landtagswahlen sind ja kaum noch Parlamentswahlen. Die Bürger funktionieren die Abstimmungen immer stärker zu Bestätigungswahlen für überzeugende Ministerpräsidenten um. Das war in Thüringen bei Bodo Ramelow von den Linken so, und das ist es bei Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz und Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg noch stärker. Mit präsidialem Gestus hat sich Dreyer von der miserablen Performance ihrer SPD entkoppelt - und Kretschmann entkoppelt sich noch einmal von der ohnehin schon rekordverdächtigen Zustimmung zu den Grünen.
Die Krisenstimmung in Corona-Zeiten hat sich zweifach auf die Landtagswahlen im Südwesten ausgewirkt. "Bloß jetzt nicht die Pferde wechseln", lautet die Stimmungslage in den Ländern. Dreyer und Kretschmann profitieren beide davon, dass die Bürger die bitteren Ausfälle bei der Impfbeschaffung und bei der Beschaffung von Schnelltestes allein dem Bund anlasten - obwohl im vergangenen Sommer der Untätigkeit alle politischen Ebenen geschlafen haben. Zugleich verdeckt der extrem hohe Anteil der Briefwähler die jüngste Verärgerung über das Missmanagement in der Pandemie. Und er verdeckt leider die Folgen der vertrauenzersetzenden Korruptionsaffäre in den Reihen der Union. Ohne die vielen Wähler, die ihr Kreuz bereits vor Wochen gemacht haben, wäre die Wahlbeteiligung gewiss noch deutlicher abgesackt.
Beachtlich, wie wenig sich Frust und Verunsicherung der Bürger bei der AfD entladen haben. Dass die Rechtspopulisten allerdings zweistellig bleiben - obwohl sie den rechtsradikalen Flügel nicht abstoßen, sondern integrieren wollen - ist dagegen ein Alarmzeichen. Das Tabu, eine Partei zu wählen, in der Demokratiefeinde und Rassisten das Sagen haben, ist wohl endgültig gebrochen. Bundesweit beachtenswert ist zudem, wenn den Freien Wählern - nach Bayern und Brandenburg - auch in Rheinland-Pfalz der Einzug in den Landtag gelingen sollte. Mit ihrer kommunalpolitischen Basis im Rücken könnten die Freien Wähler einer entleibten FDP langsam aber sicher den Anspruch streitig machen, die Stimme des bürgerlich-liberalen Mittelstands zu sein.
Am lautesten müssen die Alarmglocken allerdings bei der Union anschlagen. Die jeweils schlechtesten Wahlergebnisse der Nachkriegszeit machen deutlich, dass der Partei schon jetzt das Vakuum der Nach-Merkel-Zeit zu schaffen macht. Viel zu lang haben sich CDU und CSU in der vermeintlichen Sicherheit der einzig verbliebenen Volkspartei gewogen. Der Richtungsstreit zwischen gesellschaftspolitischer Öffnung und konservativer Sehnsucht ist auch nach zwei Vorsitzendenwahlen nicht befriedet. Und das Zukunftsthema Klimawandel überlässt die Union weiterhin den Grünen. Wer allerdings erwartet, dass dieser Wahlsonntag Markus Söder den Weg zur Kanzlerkandidatur eröffnet hat, der verkennt die trotzige Stimmungslage in der CDU und der verkennt den beharrlichen Machtwillen von Armin Laschet. Wenn Laschet Kanzler wird, könnte er allerdings nach Ludwig Erhard und Kurt Georg Kiesinger Übergangskanzler Nummer 3 werden. Keine guten Vorzeichen für ein Land, das dringend nach einer neuen, souveränen Führung sucht.
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Die Krisenstimmung in Corona-Zeiten hat sich zweifach auf die Landtagswahlen im Südwesten ausgewirkt. "Bloß jetzt nicht die Pferde wechseln", lautet die Stimmungslage in den Ländern. Dreyer und Kretschmann profitieren beide davon, dass die Bürger die bitteren Ausfälle bei der Impfbeschaffung und bei der Beschaffung von Schnelltestes allein dem Bund anlasten - obwohl im vergangenen Sommer der Untätigkeit alle politischen Ebenen geschlafen haben. Zugleich verdeckt der extrem hohe Anteil der Briefwähler die jüngste Verärgerung über das Missmanagement in der Pandemie. Und er verdeckt leider die Folgen der vertrauenzersetzenden Korruptionsaffäre in den Reihen der Union. Ohne die vielen Wähler, die ihr Kreuz bereits vor Wochen gemacht haben, wäre die Wahlbeteiligung gewiss noch deutlicher abgesackt.
Beachtlich, wie wenig sich Frust und Verunsicherung der Bürger bei der AfD entladen haben. Dass die Rechtspopulisten allerdings zweistellig bleiben - obwohl sie den rechtsradikalen Flügel nicht abstoßen, sondern integrieren wollen - ist dagegen ein Alarmzeichen. Das Tabu, eine Partei zu wählen, in der Demokratiefeinde und Rassisten das Sagen haben, ist wohl endgültig gebrochen. Bundesweit beachtenswert ist zudem, wenn den Freien Wählern - nach Bayern und Brandenburg - auch in Rheinland-Pfalz der Einzug in den Landtag gelingen sollte. Mit ihrer kommunalpolitischen Basis im Rücken könnten die Freien Wähler einer entleibten FDP langsam aber sicher den Anspruch streitig machen, die Stimme des bürgerlich-liberalen Mittelstands zu sein.
Am lautesten müssen die Alarmglocken allerdings bei der Union anschlagen. Die jeweils schlechtesten Wahlergebnisse der Nachkriegszeit machen deutlich, dass der Partei schon jetzt das Vakuum der Nach-Merkel-Zeit zu schaffen macht. Viel zu lang haben sich CDU und CSU in der vermeintlichen Sicherheit der einzig verbliebenen Volkspartei gewogen. Der Richtungsstreit zwischen gesellschaftspolitischer Öffnung und konservativer Sehnsucht ist auch nach zwei Vorsitzendenwahlen nicht befriedet. Und das Zukunftsthema Klimawandel überlässt die Union weiterhin den Grünen. Wer allerdings erwartet, dass dieser Wahlsonntag Markus Söder den Weg zur Kanzlerkandidatur eröffnet hat, der verkennt die trotzige Stimmungslage in der CDU und der verkennt den beharrlichen Machtwillen von Armin Laschet. Wenn Laschet Kanzler wird, könnte er allerdings nach Ludwig Erhard und Kurt Georg Kiesinger Übergangskanzler Nummer 3 werden. Keine guten Vorzeichen für ein Land, das dringend nach einer neuen, souveränen Führung sucht.
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