Regensburg (ots) - Nicht, dass der Bundestagswahlkampf für einen Kanzlerkandidaten Markus Söder ein Spaziergang wäre: Auch ihm stünden harte fünf Monate mit vielen Unwägbarkeiten bevor. Wie entwickelt sich die Pandemie? Kommt es zu neuen Regierungspannen? Tauchen in der Maskenaffäre weitere Ungeheuerlichkeiten auf? Das Risiko des Scheiterns trägt auch er - er wäre trotzdem für die Union der bessere Kandidat. Er ist derjenige, der die Schwesterparteien am besten durch den Bundestagswahlkampf steuern kann. Mit ihm hätten CDU und CSU reelle Chancen, den dahinschmelzenden Abstand zu den Grünen zu vergrößern und sich in eine Position zu manövrieren, in der ohne Union keine Regierungsmehrheit möglich ist. Mit Laschet ist dieses Projekt dagegen ziemlich gewiss zum Scheitern verurteilt. Was in der verqueren CDU-Logik nicht heißt, dass der CDU-Chef nicht trotzdem zum Kanzlerkandidaten gekürt wird. Die CDU hat als größere Unionsschwester nun Mal das Erstzugriffsrecht - mögen Laschets miserable Umfragewerte auch noch so sehr eine kluge statt eine traditionelle Personalauswahl ratsam machen. Denn Laschet hat nicht erst mit der rätselhaften Idee eines "Brücken-Lockdowns" bewiesen, dass er Wähler eher irritieren, als begeistern kann. Zwei, drei Wochen hartes Runterfahren des öffentlichen Lebens bis zu deutlichen Impffortschritten? Wer das bisher schleppende Verfahren verfolgt hat, der weiß, dass mit dieser Corona-Exit-Strategie viele Wochen zu überbrücken wären. Es ist bezeichnend für den Zustand der CDU - und damit der Union - dass Laschet den Weg unter diesen Vorzeichen nicht selbst frei macht. Am Sonntag erblickten so kurioserweise zwei Unions-Kanzlerkandidaten in spe das Licht der Welt. Laschet kalkuliert offensichtlich damit, auch ohne großes eigenes Dazutun mit einem Bein im Kanzleramt zu sein. Warum also Söder den Vortritt lassen, nur weil dieser bei den Wählern ein paar mehr Prozente holt? Nur die CDU kann jetzt noch die Notbremse ziehen und den Weg für Söder ebnen. Andernfalls trägt man dort die Mitverantwortung für einen Kurs, der nicht nur die Option auf das Kanzleramt riskiert, sondern auch auf die Oppositionsbänke führen kann. Söder wird in diesem Szenario mit Fug und Recht betonen können, dass er als Alternative zur Verfügung stand. Es war deshalb von ihm auch langfristig recht geschickt, die Bereitschaft zur Kandidatur zu erklären - wohl wissend, dass die CDU das Amt nie von sich aus an ihn herangetragen hätte. Die Union wirkt aktuell seltsam ungelenk, teils schlicht verbraucht. Für die politischen Mitbewerber ist es die helle Freude. Das gilt speziell für die Grünen, die vom Dauer-Umfragehoch euphorisiert sind. Auch dort lässt man sich mit der Kanzlerkandidatenkür Zeit - allerdings aus der bequemen Position heraus, zwei Joker im Ärmel zu haben, zudem eine Fülle genau durchdachter Konzepte. Die Partei verkörpert Aufbruchswillen, profitiert von der aufkeimenden Wechselstimmung im Land. Sie punktet speziell auch bei jungen Wählern, für die übrigens nicht entscheidend ist, wie viel Regierungsexpertise eine Kanzlerin oder ein Kanzler in spe vorzuweisen hat, sondern wie lässig sie oder er alle anderen alt aussehen lässt. Die Union wird auch nach der wahrscheinlichen Nominierung Laschets nicht zur Ruhe kommen. Selbst neben einem friedfertigen Söder sieht der CDU-Chef stets schwach aus. Es wäre immer offensichtlich, dass der Bayer mit mehr Wumms unterwegs ist. Das Vergleichen wird nicht enden. In Söders Naturell liegt es ohnehin nicht, sich zu zügeln. Man müsste ihn wohl fesseln und knebeln, damit er sich länger als 48 Stunden in die zweite Reihe bewegt.
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