DJ ANALYSE/Im Machtkampf mit Laschet kann Söder nicht wirklich verlieren
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Armin Laschet kann Kanzler. Markus Söder kann es auch. Mit diesem offenen Machtkampf ist die Union in eine Woche gestartet, in der es eigentlich um eine Beendigung des schlechten Corona-Managements der Politik gehen soll, das viele Mediziner und Virologen sprachlos lässt. Aber für die Regierungspartei gibt es durchaus ein wichtigeres Thema: Das Kanzleramt.
Wenn es nach den Umfragewerten ginge, müsste der bayerische Ministerpräsident Söder bei der Kanzlerkandidatur klar das Rennen machen. Sollte der Bayer aber außenvorbleiben und der nordrhein-westfälische Ministpräsident Laschet gekürt werden, hat Söder nach einem schlechten Abschneiden der CDU bei Bundestagswahl im Herbst eine klare Botschaft: Ihr wart gewarnt, nehmt das nächste Mal mich. So richtig verlieren kann er in dem Machtkampf mit Laschet daher nicht.
Nun aber wird der vorherige Endloswahlkampf um den CDU-Vorsitz in eine Verlängerung gehen. Laschet hat am Montag einen Etappensieg für sich verbuchen können. Die CDU-Funktionäre wollen ihn als gemeinsamen Kanzlerkandidaten der Union. CSU-Chef Söder dürfte es damit sehr schwer haben, doch noch nach der Bundestagswahl ins Kanzleramt einzuziehen, obwohl die Bevölkerung dem bayerischen Ministerpräsidenten das Amt eher zutraut. Der Showdown soll diese Woche entschieden werden. Ohne Groll, verspricht Söder, selbst wenn er verliert.
Diese Niederlage ist durchaus wahrscheinlich. Denn die größere CDU-Schwesterpartei mit ihren mächtigen Parteifunktionären will einen der ihren als Spitzenkandidaten in der Bundestagswahl im September, um Bundeskanzlerin Angela Merkel im Kanzleramt zu beerben. Die beiden jüngsten Versuche eines CSU-Politikers als Kanzlerkandidat - Frank Josef Strauß im Jahr 1980 und Edmund Stoiber im Jahr 2002 - waren eben erfolglos.
Teamplayer ohne Schielen auf Umfragewerte
Laschet kann man zugutehalten, dass er in Nordrhein-Westfalen sein Regierungsbündnis mit der FDP trotz denkbar knapper Mehrheiten zusammenhält. Diese Fähigkeit wird sicher auch nach der Bundestagswahl im September gefragt sein. Denn die Zustimmungswerte für die Union sinken und die Unterstützung für die Grünen wächst. Der Aachener ist ein Teamplayer, der auf Verlässlichkeit setzt. Umfragen sind ihm da weniger wichtig als etwa Söder.
Laschet will sich treu bleiben. "Man muss Politik aus einem Grundverständnis machen, das nicht auf Umfragen schaut. Das hat mich geprägt, das hat mich übrigens bisher erfolgreich geprägt. Und das wird mich auch in Zukunft prägen", sagte Laschet am Montag auf seine schlechten Umfragewerte angesprochen. Nach einer am Montag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag des Handelsblatts wollen 46 Prozent der Befragten Söder als Bundeskanzler. Nur 12 Prozent sprachen sich für Laschet aus.
Negativ zu Buch schlägt allerdings, dass Laschet in der Corona-Pandemie oft unglücklich agiert hat. Mit seinem ewigen Hin und Her beim Thema Lockdown hat er seiner Glaubwürdigkeit keinen Gefallen getan. Die öffentliche Häme über seine plötzliche Forderung nach einem "Brücken-Lockdown" nach vorherigem Drängen auf schnelle Lockerungen spricht Bände.
Allerdings könnte Laschet als Unionskanzlerkandidat bei der Bevölkerung mit anderen Themen punkten, wie etwa mit der von ihm anvisierten Versöhnung von Ökologie mit Ökonomie. Darauf setzt die CDU. Damit diese Vorschläge verfangen können, wäre es jedoch wichtig, dass die Bevölkerung bis Ende des Sommers weitgehend geimpft und Deutschland aus dem Shutdown herausgekommen ist.
Machtmensch mit Kehrtwenden
Für Söder spricht in der aktuellen Situation, dass er in der Corona-Politik deutlich mehr Stringenz erkennen lässt, auch wenn sein Bundesland hohe Inzidenzen hat. Ähnlich wie Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte er ein hartes Vorgehen. Dies hat er klar kommuniziert und Führungsstärke unter Beweis gestellt. Das kommt in der Bevölkerung an.
In anderen Themen hat Söder allerdings inhaltlich schon viele Kehrtwenden hingelegt. Es sei nur an seine Anbiederung an die AfD mit dem Wort "Asyltourismus" erinnert. Heute verteufelt er die AfD. Auch hat er die Grünen lange verachtet. Heute dient er sich ihnen an.
Öffentlich hat er zudem gerne provoziert. Der Vorwurf vom früheren bayerischen Ministerpräsidenten Hort Seehofer, Söder habe "Schmutzeleien" betrieben und durch Intrigen seine eigene Karriere befördert, ist auch von Laschet jüngst in Erinnerung gerufen worden. Nach dem Motto: Überlegt Euch gut, wen ihr als Kanzlerkandidaten aussucht.
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April 12, 2021 13:18 ET (17:18 GMT)
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