23.04.2021 - Die Aktienmärkte sind, wie erwartet, mit erheblichem Schwung in das Jahr 2021 gestartet. Auch die Verzögerungen beim Impffortschritt in vielen Regionen oder Virus-Mutationen konnten diesen Anstieg nicht stoppen, die Stimmung nicht verderben. Europäische Aktien haben sich, ebenfalls wie erwartet, überdurchschnittlich entwickelt - vor allem auch besser als US-Tech-Aktien.
Die meistgestellte, die brennende Frage lautet nun: Wie lange kann das noch so weiter gehen?Die einfache, kurze Antwort: Noch eine ganze Weile. Natürlich wird es immer wieder Rücksetzer geben und wir sehen hier und da eine gewisse Blasenbildung. Nichtsdestotrotz ist die Kombination aus extremer Notenbankpolitik und gigantischen Hilfs- und Fiskalprogrammen eine kaum zu überschätzende Kraft. Dieses von uns viel beschriebene "The New Normal 2.0" und dessen Auswirkungen auf Aktien (auf alle Vermögenswerte) hat sich direkt nach der Marktkrise im letzten Frühjahr angekündigt.
Ist das langfristig eine gesunde Entwicklung für Volkswirtschaften und Märkte?Natürlich nicht, aber diese Wellen können eine ganze Weile und ein ganzes Stück weit tragen. Das von Mario Draghi geprägte "whatever it takes" gilt nun sowohl für Notenbanken als auch für Regierungen. Ist die Welt verrückt geworden? Ja. Wir können das nicht ändern, aber wir können davon profitieren. Auf die spanische Grippe und den Krieg zum Anfang des letzten Jahrhunderts folgten die "Goldenen Zwanziger". Auf die Pandemie folgte Wachstum. Das ist natürlich ein vereinfachter Vergleich. Es spricht aber vieles dafür, dass wir uns zumindest in Teilen an diesem Szenario orientieren können. Das würde heißen, wir erleben gerade erst den Beginn der Goldenen 2020s.
Gleichzeitig dürfen wir nicht übermütig werden und nicht nachlassen. Mit steigenden Erwartungen an die Post-COVID-Lockdown-Welt steigt das Risiko, die Fallhöhe. Wir sehen Blasen in einzelnen Sektoren und Werten sowie im Verhalten einiger Marktteilnehmer. Die Stimmung an den Märkten läuft heiß. Und vor allem: Die Pandemie ist noch nicht zu Ende, das Virus noch nicht besiegt. Es wird uns aller Wahrscheinlichkeit nach noch eine ganze Weile begleiten und einschränken. Dazu kommen extreme Pandemie-Tailrisks. Anlagedisziplin bleibt eine wichtige Voraussetzung für den langfristigen Erfolg.
The New Normal 2.0 würde bei tatsächlich nachhaltig ansteigender Inflation ein jähes Ende nehmen. Die Angst der Märkte vor dem Inflationsszenario haben wir im ersten Quartal, auch wenn das noch viel zu früh ist, gesehen. Dazu kommen weitere, unter anderem politische Risiken. Zu letzteren gehören auch höhere Steuern, Handels- und Währungskrise und noch mehr Regulierung.
Doch in welcher Marktphase befinden wir uns nun? Wie sind die Aussichten der folgenden Marktphase? Welche Titel werden überdurchschnittlich profitieren?Wir befinden uns nach wie vor weitgehend in einer Phase der Fantasie. Aktien und Bewertungen sind gestiegen in Erwartung auf künftiges, Post-COVID-Gewinnwachstum. In dieser Phantasiewelt ist die Realität, sind Zahlen unser Verbündeter. Unsere Erfahrung als Investoren und unsere Studie zu Familienunternehmen sagt uns, dass wir in dieser Post-Krisenphase mit dem Markt gut mithalten können. Die echte Stärke von Aktien von Familienunternehmen erwarten wir dagegen nach dieser Phase der Fantasie, wenn echte harte Zahlen wieder mehr an Bedeutung gewinnen. Hier haben Familienunternehmen oft die Nase vorn und übertreffen die Erwartungen.
Wir bleiben für die nächsten Jahre also sehr optimistisch was ausgewählte Familienunternehmen in Europa und unseren Anlageansatz angeht. Unsere Studie hat gezeigt, dass gerade die nun vor uns liegenden Marktphasen den entsprechenden Rückenwind liefern werden. Auch wenn Risiken und die Fallhöhe steigen. Europa hat noch einiges an Aufholpotential, wenn man zum Beispiel den Vergleich mit dem US-Aktienmarkt heranzieht. Dazu sind wir überzeugt, dass unsere Familienunternehmen Markterwartungen in den nächsten Jahren weiter übertreffen werden. Wir denken, dass wachstumsstarke Unternehmen mit stabilen Bilanzen und Geschäftsmodellen in den kommenden Jahren die beste Risiko-/Chance-Relation bieten.
Was bedeutet dieses The New Normal 2.0 für uns als langfristig ausgerichtete Investoren?Jene Faktoren, die Märkte antreiben, haben sich merklich verschoben. Viele Indikatoren funktionieren nicht mehr wie früher. So haben kurzfristige Kursbewegungen als Indikator für die mittel- und langfristige Aussicht von Aktien merklich an Bedeutung verloren. Langfristig werden sich, wie am Ende immer, Qualität und (antizipierte) Cashflow-Stärke durchsetzen. Wir müssen in diesem veränderten Umfeld noch geduldiger sein.
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