Düsseldorf (ots) - Bei den Klatschkonzerten vor einem Jahr waren sich noch alle einig: Pflegekräfte haben mehr gesellschaftliche Anerkennung verdient. Ihre Arbeit ist körperlich hart, emotional belastend und durch Corona noch schwerer geworden. Klar ist auch, dass die Zahlung einmaliger Corona-Boni das strukturelle Problem nicht löst. Eigentlich ist es in der Marktwirtschaft die Aufgabe der Tarifpartner, Löhne auszuhandeln. Doch die Tarifbindung der Branche ist so gering, dass nicht mal die Hälfte der Altenpfleger nach Tarif bezahlt wird. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) scheiterte mit dem Vorstoß, einen Tarifvertrag für die Branche als allgemeinverbindlich zu erklären. Hier hat die Branchengröße Caritas eine üble Rolle gespielt, die das Ganze aus scheinheiligen Gründen platzen ließ. Doch auch der Streit, der nun zwischen Heil und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) entbrennt, lässt nichts Gutes ahnen. Eigentlich wollen beide dasselbe: die Heimbetreiber zwingen, nach Tarif zu bezahlen. Heime, die das ablehnen, sollen kein Geld mehr von der Pflegeversicherung bekommen. Doch zugleich wollen sich beide als alleiniger Retter der Altenpfleger inszenieren.
Dabei sollten sie lieber gemeinsam eine fundamentale Frage klären: Wer soll die bessere Entlohnung bezahlen? Spahn dringt darauf, die Eigenbeteiligung der Pflegebedürftigen zu deckeln. Aber Spahn wie Heil müssen sagen, wer dann für die Finanzierung sorgt. Die Pflegeversicherung? Dann sind die Sozialbeiträge nicht wie versprochen unter 40 Prozent zu halten. Der Steuerzahler? Darauf wird es hinauslaufen, und hier zeigt sich, wie die einst von Norbert Blüm eingeführte Pflegeversicherung an ihre Grenzen stößt. Wer, wenn nicht eine große Koalition, kann eine ehrliche große Pflegereform stemmen? Das Thema ist zu wichtig für billige Wahlkampf-Scharmützel.
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