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BERLIN (dpa-AFX) - Ärztepräsident Klaus Reinhardt hat eine umfassende wissenschaftliche Untersuchung gesundheitlicher Auswirkungen der Corona-Eindämmungsmaßnahmen gefordert. Diese "Kollateraleffekte" beim Kampf gegen die Pandemie seien lange unterschätzt worden, sagte der Chef der Bundesärztekammer am Dienstag beim digitalen Ärztetag. Er verwies etwa auf dringend notwendige Behandlungen, die nicht begonnen worden seien, und ausgesetzte Früherkennungsuntersuchungen. Vor allem Auswirkungen auf Kinder bedürften einer besonderen Betrachtung. Dabei gehe es neben schulischen Bildungsdefiziten darum, dass viele Kinder wichtige Entwicklungsphasen in sozialer Isolation erlebt hätten.
Die Pandemie hinterlasse in vielen Bereichen Spuren, sagte Reinhardt - etwa auch bei Menschen in Heimen, die oft monatelang keinen Besuch empfangen durften, oder verunsicherten Patienten in Praxen.
Insgesamt sei das Gesundheitswesen in der Krise enorm belastet. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern sei es aber zu keinem Zeitpunkt überlastet gewesen. Das liege auch an gut ausgestatteten Kliniken und dem dichten Netz der ambulanten Versorgung. "Eine der wichtigsten Lehren aus dieser Krise muss deshalb sein, leistungsstarke Strukturen zu erhalten und auszubauen, statt sie, wie von einigen immer wieder gefordert, auszudünnen und auf reine Kosteneffizienz zu trimmen."
Die Pandemie habe aber auch Defizite offengelegt, sagte Reinhardt. Er verwies auf eine unzureichende personelle und technische Ausstattung der Gesundheitsämter, Meldestrukturen, den digitalen Ausbau und die Finanzierung der Kliniken. Dort sei der Arbeitsdruck für Ärzte und Pflegekräfte übrigens auch schon vor Corona enorm hoch gewesen. "Nur hat das vorher niemand ernsthaft zur Kenntnis nehmen wollen."/sam/DP/mis