Frankfurt/M. (ots) - Die Einführung eines Betriebsrats vor gut 15 Jahren musste die IG Metall noch gegen die Mehrheitsmeinung der SAP-Belegschaft vor Gericht durchsetzen. Die Voraussetzungen für eine hohe Akzeptanz im Haus waren und bleiben eher ungünstig. SAP geht es finanziell prächtig. Europas größter Softwarekonzern verdient Jahr für Jahr Milliarden und hat ein hohes Interesse an der Zufriedenheit seiner Mitarbeiter. Insofern geht es beim Kampf um Privilegien für die Arbeitnehmerschaft oft um das berühmte Sahnehäubchen auf der Torte.
Hinzu kommt, dass sich der Wettbewerb um die Talente in der IT-Branche dramatisch verschärft hat. Neben SAP buhlen längst andere attraktive Arbeitgeber wie die großen Autobauer oder Industriekonzerne wie Siemens mit dick gefüllter Firmenkasse um junge Talente und IT-Spitzenkräfte. Da liegt es im ureigenen Interesse des SAP-Managements, die Zufriedenheit der Angestellten hochzuhalten.
Umso fataler ist das Bild, das der SAP-Betriebsrat in diesen Wochen abgegeben hat. Zwei ranghohe Mitglieder sind Ziel interner Untersuchungen. Der unlängst zurückgetretene Betriebsratsvorsitzende soll dabei Beweismittel manipuliert haben, die ein anderes Betriebsratsmitglied belastet hätten. Der Arbeitnehmervertreter, der auch dem Aufsichtsrat angehörte, stand unter anderem unter Verdacht, bei der Arbeitszeiterfassung betrogen zu haben.
Die internen Ermittlungen des Softwarekonzerns dauern zwar noch an. Die Aufgabe der Vertretung der Interessen der SAP-Mitarbeiter haben die Beteiligten aber offenkundig nicht im Zentrum ihres Schaffens gesehen. Die Vorgänge nagen weiter am Fundament der Akzeptanz des Gremiums innerhalb von SAP, auch wenn die übrigen Betriebsratsmitglieder dem Rauswurf ihres Ex-Vorsitzenden schnell zugestimmt haben. Für SAP-Mitarbeiter ist ein schwindender Gewerkschaftseinfluss aktuell sicher zu verschmerzen. Sie haben ohnehin eine starke Position.
Bitterer dürfte der Fall anderen Betriebsräten schmecken. Die IG Metall, die das Gremium bei SAP einst mit der Brechstange durchgesetzt hat, könnte das Gewerkschaftswesen ungewollt geschwächt haben. Und das ausgerechnet in einer Zeit enormer Transformationsprozesse. Bei SAP mag die Mitbestimmung eine geringe Rolle spielen. Anderswo ist eine konstruktive Zusammenarbeit von Management und Betriebsrat wichtiger denn je, wie viele Vereinbarungen in der Automobilbranche gezeigt haben. Dort geht es aber auch nicht ums Sahnehäubchen, sondern ums Eingemachte.
(Börsen-Zeitung, 02.07.2021)
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Hinzu kommt, dass sich der Wettbewerb um die Talente in der IT-Branche dramatisch verschärft hat. Neben SAP buhlen längst andere attraktive Arbeitgeber wie die großen Autobauer oder Industriekonzerne wie Siemens mit dick gefüllter Firmenkasse um junge Talente und IT-Spitzenkräfte. Da liegt es im ureigenen Interesse des SAP-Managements, die Zufriedenheit der Angestellten hochzuhalten.
Umso fataler ist das Bild, das der SAP-Betriebsrat in diesen Wochen abgegeben hat. Zwei ranghohe Mitglieder sind Ziel interner Untersuchungen. Der unlängst zurückgetretene Betriebsratsvorsitzende soll dabei Beweismittel manipuliert haben, die ein anderes Betriebsratsmitglied belastet hätten. Der Arbeitnehmervertreter, der auch dem Aufsichtsrat angehörte, stand unter anderem unter Verdacht, bei der Arbeitszeiterfassung betrogen zu haben.
Die internen Ermittlungen des Softwarekonzerns dauern zwar noch an. Die Aufgabe der Vertretung der Interessen der SAP-Mitarbeiter haben die Beteiligten aber offenkundig nicht im Zentrum ihres Schaffens gesehen. Die Vorgänge nagen weiter am Fundament der Akzeptanz des Gremiums innerhalb von SAP, auch wenn die übrigen Betriebsratsmitglieder dem Rauswurf ihres Ex-Vorsitzenden schnell zugestimmt haben. Für SAP-Mitarbeiter ist ein schwindender Gewerkschaftseinfluss aktuell sicher zu verschmerzen. Sie haben ohnehin eine starke Position.
Bitterer dürfte der Fall anderen Betriebsräten schmecken. Die IG Metall, die das Gremium bei SAP einst mit der Brechstange durchgesetzt hat, könnte das Gewerkschaftswesen ungewollt geschwächt haben. Und das ausgerechnet in einer Zeit enormer Transformationsprozesse. Bei SAP mag die Mitbestimmung eine geringe Rolle spielen. Anderswo ist eine konstruktive Zusammenarbeit von Management und Betriebsrat wichtiger denn je, wie viele Vereinbarungen in der Automobilbranche gezeigt haben. Dort geht es aber auch nicht ums Sahnehäubchen, sondern ums Eingemachte.
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