BERLIN (dpa-AFX) - Während Italiener und Spanier ihren Einzug ins Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft feiern, reißt die Kritik nach dem Turnier-Aus der deutschen Mannschaft nicht ab. Der frühere Welt- und Europameister Rainer Bonhof hat sich nachdenklich zu den Entwicklungen im deutschen Fußball geäußert und vor allem Fehler in der Nachwuchsarbeit ausgemacht. "Für meinen Geschmack sind die Spieler in den vergangenen zehn Jahren sehr gefördert, aber zu wenig gefordert worden", sagte der Vizepräsident von Borussia Mönchengladbach im Interview der "Rheinischen Post".
Dass ein Ausscheiden nicht immer nur Diskussionen auslösen, sondern auch Stolz hervorrufen kann, zeigte die Schweiz. Einen Tag nach dem im Elfmeterschießen verlorenen Viertelfinale gegen Spanien feierten die Eidgenossen ihre Nati. "Bravo für die schöne Reise. Ihr habt uns zum Träumen gebracht", lobte Bundespräsident Guy Parmelin das Team von Trainer Vladimir Petkovic schon vor dessen Ankunft am Samstagmittag in Zürich. "Unsere Herzen sind größer als elf Meter!", schrieb die Boulevardzeitung "Blick".
Bevor am Samstagabend Tschechien und Dänemark in Baku sowie Deutschland-Bezwinger England und die Ukraine die weiteren Halbfinalisten ausspielten, jubelten vor allem die Italiener über das Erreichen der Vorschlussrunde. "Italien, du bist großartig, großartig, großartig", frohlockte die "Gazzetta dello Sport" und stellte drei Jahre nach der verpassten WM in Russland stolz fest: "Wir sind wieder unter den Großen den Fußballs." Wie groß, das wird auch vom Halbfinale im EM-Dauerbrenner mit den Spaniern abhängen. "Der Titel ist keine Fata Morgana mehr. La Roja zittert: Jetzt kommt Italien", schrieb der "Corriere dello Sport".
Getrübt wurde die Freude der Squadra Azzurra nur von der schweren Verletzung von Leonardo Spinazzola, der nach einem wahrscheinlich erlittenen Achillessehnenriss Monate lang ausfällt. "Es hat mich sehr getroffen, ihn in Tränen zu sehen. Die Szene war nicht schön anzusehen. Er hat das nicht verdient. Er war einer unserer besten Spieler dieser EM", sagte Trainer Roberto Mancini. Der 28-jährige Spinazzola hat das EM-Team bereits verlassen und meldete sich kämpferisch zu Wort. "Ich kann euch nur sagen, dass ich bald zurück sein werde! Da bin ich sicher!", schrieb der Verteidiger von AS Rom auf Instagram.
Italiens Halbfinal-Gegner Spanien kürte unterdessen seinen Torhüter Unai Simon zum neuen Helden. Der Keeper von Athletic Bilbao hatte gegen die Schweiz zwei Elfmeter gehalten und war als "Star of the Match" geehrt worden. "Unai Simón ist bereits der neue Heilige Spaniens", befand die Sportzeitung "Marca". "Heilige Hände", schrieb die "As" auf ihrer Titelseite./mkl/DP/zb