PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Europas Börsen haben sich am Freitag von dem Schwächeanfall des Vortages erholen können. Trotz erneut schwacher Konjunkturdaten zog der jüngste Kursrückschlag wieder Käufer in den Markt. Die Achterbahnfahrt der vergangenen Tage setzt sich damit an den hiesigen Märkten weiter fort. Im Mittelpunkt steht für Marktbeobachter nun die Frage, ob die zuletzt gestiegene Risikoaversion nur ein Strohfeuer oder mehr war.
Der EuroStoxx 50 rückte am späten Vormittag um zuletzt 1,42 Prozent auf 4048,27 Punkte vor, womit er einen Großteil seiner Vortagesverluste wieder ausbügelte. Am Donnerstag hatte eine Schockwelle die Märkte erschüttert - die Angst vor einer steigenden Ausbreitung der Delta-Variante des Corona-Virus gepaart mit sinkenden Erwartungen an den Konjunkturaufschwung hatte die Kurse rund um den Globus einknicken lassen. Doch in Europa, aber auch an der Wall Street hatte - trotz Kursverlusten - eine gewisse Erholung bis Handelsschluss bereits wieder eingesetzt.
Gleichzeitig gehen viele Marktteilnehmer inzwischen davon aus, dass die Notenbanken sich mit der befürchtete Zinswende noch länger Zeit lassen werden. Erst am Vortag hatte die Europäische Zentralbank (EZB) nach Einschätzung von Marktanalyst Jochen Stanzl von CMC Markets mit der Lockerung ihres bisher strengen Inflationszielkorsetts signalisiert, dass sie wie die US-Notenbank Fed eine temporär höhere Teuerung tolerieren dürfte. Damit dürften Aktien wieder an mehr Attraktivität im Vergleich zu festverzinslichen Papieren gewinnen. Eine gewisse Entspannung war zuletzt auch an einigen Anleihemärkten zu bemerken, wo die Renditen in den vergangenen Tagen stark unter Druck geraten waren.
Auch an den wichtigen Länderbörsen ging es vor dem Wochenende klar aufwärts. In Paris rückte der französische Leitindex Cac 40 um 1,75 Prozent auf 6508,83 Zähler vor. Und in London ging es für den FTSE 100 um 0,83 Prozent auf 7088,05 Punkte nach oben. Dabei schoben die Anleger selbst enttäuschende Wirtschaftsdaten beseite, wonach sich das Wachstum der britischen Wirtschaft zuletzt abgeschwächt hat.
Europaweit profitierten Immobilienwerte von den gesunkenen Zinserwartungen, der entsprechende Sektorindex rückte um rund eineinhalb Prozent vor. Die Branche gilt als extrem zinsempfindlich, da steigende Zinsen die Kosten für Immobilienprojekte in die Höhe treiben. Auch Autowerte konnten sich erholen und legten um knapp 1,8 Prozent zu. Anlegerfavorit waren Rohstoffwerte, nach dem jüngsten Kursknick ging es um mehr als 2,2 Prozent aufwärts.
Unter den Einzelwerten waren Airbus an der EuroStoxx-50-Spitze mit einem Aufschlag von knapp 3,4 Prozent zu finden, nachdem der Flugzeugbauer über deutlich angezogene Auslieferungen im Juni berichtet hatte. Zudem hat Airbus neue Aufträge hereingeholt, während sich die Stornierungen in Grenzen hielten. In diesem Sog legten die Papiere des Triebwerkbauers Safran , der auch Airbus beliefert, um gut drei Prozent zu. Zudem stützten positive Analystenstimmen die Franzosen.
Eine Kaufemfpfehlung von Stifel schob unterdessen die LVMH -Papiere um rund 2,9 Prozent an. Der Hersteller von Luxusgütern gewinne Marktanteile hinzu, der Aktienkurs entwickele sich aber unterdurchschnittlich, stellte Analyst Rogerio Fujimori fest. Der Experte erhöhte zudem seine Gewinnschätzungen für den Konzern.
In London schossen die Papiere der auf Atemwegserkrankungen und Inhalatoren spezialisierten Vectura Group nach einem Übernahmeangebot des Tabakkonzerns Philip Morris in die Höhe. Der US-Konzern, der angesichts des wachsenden Gesundheitsbewusstseins in der Bevölkerung mehr Geld außerhalb seines Nikotin-Geschäfts investieren will, will sich den britischen Hersteller für 1,2 Milliarde Dollar (rund 1 Mrd Euro) einverleiben. Mit einem Plus von mehr als 13 Prozent lagen die Vectura-Aktien zuletzt etwas über den von Philip Morris gebotenen 150 Pence je Papier./tav/eas
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