FRANKFURT (dpa-AFX) - Von Sommerruhe kann am deutschen Aktienmarkt zurzeit keine Rede sein. Eher ist die Nervosität gestiegen, und das dürfte angesichts neuer wichtiger Konjunkturdaten und -ereignisse sowie anstehender Geschäftsberichte dies- und jenseits des Atlantiks auch so bleiben. Im Fokus aber wird in der neuen Woche vor allem das US-Notenbanktreffen stehen sowie unter anderem Quartalszahlen von Apple , Alphabet , Microsoft und Amazon sowie hierzulande von der Deutschen Bank , Linde und Heidelbergcement .
Ein kräftiges Sommergewitter hat sich zugleich erst vor rund einer Woche im Dax entladen: Nach dem jüngsten Rekordhoch bei etwas über 15 800 Punkten ging es wegen Sorgen über die sich ausbreitende Delta-Variante des Coronavirus und steigender Inflationsdaten kräftig abwärts in Richtung 15 000 Punkte. Allerdings ließen die Schnäppchenjäger auf diesem Niveau dann nicht allzu lange auf sich warten, so dass die Rekordmarke für den deutschen Leitindex bereits wieder erreichbar erscheint.
Laut Andreas Büchler von Index Radar ist die aktuelle Erholung vom Schwächeanfall zwar noch kein echtes Signal für wieder steigende Kurse. Aber wenigstens habe sich das Risiko verringert, dass es noch weiter abwärts gehe, konstatierte er. Aktuell sieht er wieder Potenzial bis zurück in den Bereich von rund 15 750 Punkten. Kurse oberhalb von 15 800 Punkte lässt ihm zufolge der Sommer zwar nicht mehr erwarten, aber auch keine neuen Tiefs. Und selbst ein Rückfall bis um die 14 300 Punkte sieht Büchler charttechnisch als "nicht schädlich für den übergeordneten Aufwärtstrend".
Wenn die US-Notenbank (Fed) am Mittwoch erneut auf den Plan tritt, rechnen Experten weiterhin mit keiner geldpolitischen Wende. "Die Fed dürfte erst einmal nicht vom Gas gehen", erwartet Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck und verweist auf zuletzt wieder gemischtere Konjunkturdaten sowie steigende Infektionszahlen. Und auch Bernd Weidensteiner von der Commerzbank schreibt: "Die Fed wird auf der Sitzung nächste Woche trotz der hohen Inflationsraten keinen raschen Kurswechsel vollziehen, also noch nicht das versprochene Signal zur Vorankündigung der Rückführung der Anleihekäufe geben." Allerdings dürften entsprechende Vorbereitungen vorangetrieben und möglicherweise einige Überlegungen dazu präsentiert werden.
Der entsprechende Plan dürfte laut Greil erst im September kommuniziert werden, wenn auch in den USA klarer absehbar sei, wie hoch die Pandemie-Risiken für die Konjunktur seien. "Börsianer sollten sich daher den 9. und 22. September dick im Kalender anstreichen - wenn sowohl die Europäische Zentralbank (EZB) als auch die Fed ihre Karten auf den Tisch legen."
Weitere wichtige Daten in der neuen Woche werden wohl die US-Auftragseingangszahlen am Montag sein und die Daten des Conference Board zum Verbrauchervertrauen im Juli sowie am Freitag neue Inflations- und wöchentliche Jobdaten. Hierzulande rückt das Ifo-Geschäftsklima am Montag in den Blick, gefolgt vom GfK-Konsumklima am Mittwoch und Inflationsdaten aus dem Monat Juli am Donnerstag und Freitag.
Marktverwerfungen werden all diese Daten aber wohl kaum auslösen. Doch die jüngste Konsolidierung, also die Abkühlung an der Börse nach den vorangegangenen kräftigen Anstiegen, könnte sich im laufenden dritten Quartal laut Aktienstratege Andreas Hürkamp von der Commerzbank durchaus fortsetzen. Eine scharfe Korrektur erwartet aber auch er nicht. Mit den gesunkenen Inflationserwartungen habe sich ein "wichtiger Risikofaktor für das zweite Halbjahr beruhigt". Zudem erhielten die Aktienmärkte nach wie vor Rückenwind von starken Unternehmensgewinnen. Selbst in Falle einer möglichen Korrektur verringere dies die Fallhöhe des Dax erheblich.
Und so geht der Blick zu den Quartalsberichten, "auch wenn die Zahlen zum zweiten Jahresviertel insgesamt keine große Tragweite besitzen", wie Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect sagt. "Sie geben aber dennoch Auskunft darüber, wie sich die Konjunktur in den einzelnen Branchen und Sektoren erholen kann".
Hierzulande wird sich in der neuen Woche die Aufmerksamkeit unter anderem auf HeidelbergCement, Linde und MTU sowie auf die Dax-40-Anwärter Airbus und Siemens Healthineers richten. Die Deutsche Bank steht sogar gleich zweimal im Fokus: Einmal mit ihrem Geschäftsbericht am Mittwoch und nochmals am Freitagabend. Denn dann veröffentlichen die Europäische Bankaufsichtsbehörde EBA und die EZB die Ergebnisse des diesjährigen Banken-Stresstests. Dabei dürfte sich laut Helaba-Analystin Susanne Knips "das solide Bild, das der Sektor in der Krise bisher zeigte, bestätigen"./ck/jsl/he
--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---