(Neu: Apeva, Äußerungen des Konzernchefs.)
HERZOGENRATH (dpa-AFX) - Der Digitalisierungsboom mit einer immer weiter wachsenden Nachfrage nach schneller und effizienter Datenübertragung lässt die Auftragsbücher des Spezialanlagenbauers Aixtron immer dicker werden. Konzernchef Felix Grawert wird daher nochmals optimistischer für Bestellungen im laufenden Jahr. "Die Kundennachfrage ist in allen für uns relevanten Endmärkten sehr hoch", sagte er laut Mitteilung bei der Vorlage der Zahlen für das zweite Quartal am Donnerstag. "Dabei sind insbesondere die Anlagen zur Herstellung von Galliumnitrid-Leistungselektronik, zur Herstellung von Bauteilen für den 5G-Netzausbau und für die schnelle optische Datenübertragung gefragt.
Der Optimismus des Managements überzeugte auch die Anleger. Der Aktienkurs schnellte am Vormittag auf 23,20 Euro nach oben, zuletzt führten die Papiere den Index der mittelgroßen Werte MDax noch mit plus 6,63 Prozent auf 22,53 Euro an. Der Kurs näherte sich damit dem Mehrjahreshoch, auf das die Papiere im Juni infolge der damals angehobenen Umsatz- und Gewinnerwartungen geklettert waren. Mit einem Plus von rund 60 Prozent im bisherigen Jahresverlauf sind die Aktien unter den Favoriten im MDax.
Der Auftragsbestand erreichte den Angaben zufolge zum Ende des zweiten Quartals mit 295 Millionen Euro das höchste Niveau der vergangenen Dekade. Im Gesamtjahr kalkuliert Grawert nun mit Bestellungen für insgesamt 440 bis 480 Millionen Euro. Erst im Juni hatte er die Prognosen auf bis zu 460 Millionen angehoben.
Dabei spielt dem Unternehmen besonders der große Bedarf an Anlagen zur Herstellung von Halbleiterbauelementen auf Basis von Galliumnitrid in die Hände. Die Maschinen des Unternehmens tragen hauchdünne Schichten aus zwei Elementen auf spezielle Träger auf, es entstehen Verbindungshalbleiter. Sie erlauben eine effizientere Energieleitung und halten auch hohe Temperaturen aus. Am Ende werden sie in allerlei Geräten verbaut von Netzteilen für Smartphones, über Technik für den Ausbau des 5G-Netzes bis hin zu Computerservern.
Auch Optoelektronik-Anwendungen stehen bei den Kunden hoch im Kurs. So können auf den Anlagen des Unternehmens aus dem nordrhein-westfälischen Herzogenrath auch Laserchips für die optische Datenübertragung und die 3D-Sensorik produziert werden. Smartphone-Hersteller verwenden diese etwa zur Gesichtserkennung und Autobauer setzen sie zur Abtastung der Umgebung ein.
Im zweiten Quartal stieg der Umsatz im Vergleich zum ersten Jahresviertel um mehr als ein Drittel auf 67,7 Millionen Euro. Vor Zinsen und Steuern (Ebit) blieben acht Prozent beziehungsweise absolut 5,6 Millionen Euro hängen, nachdem zum Jahresstart noch ein kleines Minus angefallen war. Der Gewinn verdoppelte sich auf 7,7 Millionen Euro.
In der Gewinnentwicklung sind wie schon im ersten Quartal Aufwendungen für die Neuausrichtung der Apeva berücksichtigt. Die schaut sich mittlerweile in China nach Kunden für die Technologie zur Herstellung von Oleds um, nachdem - wie nach dem ersten Quartal bekannt gegeben - Kundengespräche in Südkorea nicht zum Erfolg geführt hatten. Weitere Restrukturierungskosten sind hier aber nicht mehr zu erwarten.
Angesichts der weiter gut laufenden Geschäfte und angesichts der guten Auftragslage der vergangenen Monate sieht sich das Aixtron-Management auf Kurs zu den im Juni angehobenen Umsatz- und Gewinnzielen. Auf Umsatzebene werden 400 bis 440 Millionen Euro erwartet, wovon 20 bis 22 Prozent als operatives Ergebnis übrig bleiben sollen. Dass der Umsatzausblick im Gegensatz zur Bestellprognose nicht auch angehoben wurde, begründete Konzernchef Grawert im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX mit der üblichen Durchlaufzeit für Aufträge zwischen sechs und acht Monaten. Vor diesem Hintergrund rechnet der Manager auch für 2022 mit einem beim Umsatz guten Jahresauftakt.
Und auch für die fernere Zukunft ist er optimistisch. Die starke Nachfrage sei anders als beim letzten Boom vor etwas mehr als einer Dekade breit aufgestellt und erstrecke sich über voneinander unabhängigen Endmärkten, die von der IT-Infrastruktur über die Unterhaltungselektronik bis hin zur Autoindustrie reichten. Schließlich wachse das Datenvolumen im Zuge der Digitalisierung rasant, Energieeffizienz werde angesichts der Klimadebatte immer wichtiger und viele Autohersteller verabschiedeten sich perspektivisch vom Verbrenner. In den kommenden Jahren dürften dann auch MicroLEDs zunehmend zum Geschäftstreiber werden./mis/zb/he/jha/