ROSTOCK/SCHWERIN WISMAR (dpa-AFX) - SPD-Kanzlerkandidat und Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat bei seinem Besuch in Mecklenburg-Vorpommern Verbesserungen beim Betrieb und der Genehmigung von Windkraftanlagen versprochen. Die Laufzeit von Windradflügeln soll bei entsprechender technischer Eignung verlängert werden können, sagte Scholz am Montag bei der Firma tools for composite GmbH (tfc) in Güstrow.
Dort wurde die neu entwickelte Vorrichtung "Argos" gezeigt, mit der Flügel künftig automatisch vermessen und abgebildet werden, so dass Gutachter deren Zustand genau einschätzen können. Man werde die nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen in der nächsten Legislaturperiode schaffen, versprach Scholz beim Rundgang.
Die Vorrichtung "Argos" wurde über fünf Jahre hinweg entwickelt und ist patentrechtlich geschützt, wie tfc-Geschäftsführer Guido Wittwer sagte. Das 550 Kilogramm schwere Gerät nehme wie ein Computertomograph den "Fingerabdruck" des Flügels und werde im August mit einem großen Energieunternehmen zusammen erprobt. Damit wäre eine solche Wertung nicht länger Einzelnen überlassen, die in die Höhe kletterten und deren Einschätzung später niemand kontrollieren könne.
Beim Besuch des "Ocean Technology Campus" (OTC) in Rostock sagte Scholz, dass die Genehmigungszeit von neuen Onshore-Windkraftanlagen auf maximal ein halbes Jahr gesenkt werden soll. "Das muss im nächsten Jahr als Weichenstellung gelingen", sagte er. Er bezog sich dabei auf Aussagen von Kommunen, die von einer Genehmigungsdauer von bis zu sechs Jahren gesprochen haben.
Dies sei ein Schritt hin zum CO2-neutralen Wirtschaften, das für die kommenden 25 Jahre angestrebt werde. Dabei gelte es gleichzeitig, den wirtschaftlichen Wohlstand und die technologische Kompetenz zu erhalten. "Es ist ja nicht sicher, dass es in 10, 20, 30 Jahren für Deutschland noch den Wohlstand gibt, den wir heute haben."
Der OTC in Rostock soll sich in den kommenden Jahren zu einem Leuchtturm der internationalen Unterwasserforschung entwickeln. Ziel der Forschungen werde es sein, Formen für die zivile und nachhaltige Nutzung der Meere zu finden, sagte der Informatiker und OTC-Chef, Uwe von Lukas.
Beim Thema Impfen zeigte sich Scholz überzeugt, dass alles dafür getan werden müsse, die noch zögernden Menschen mit "aufsuchenden Angeboten" zu erreichen. Es sei der richtige Moment, die rund 50 Prozent der Bundesbürger mit einer vollständigen beziehungsweise 60 Prozent mit einfachen Impfung als Beispiel zu nehmen und sich impfen zu lassen.
Dies gelte auch für junge Menschen, für die es auch ein Impfangebot gibt. 15- und 16-Jährige seien durchaus in der Lage, eine eigene Entscheidung zu treffen, betonte Scholz.
Bei einem Bürgerforum am Abend in Wismar kritisierte der SPD-Kanzlerkandidat die Steuersenkungspläne der Union scharf. Diese passten angesichts der coronabedingt angehäuften Schulden nicht in die Zeit und begünstigen vor allem Unternehmen und Besserverdiener. "Das Programm von CDU/CSU ist nicht nur unfinanzierbar, sondern aus meiner Sicht auch unmoralisch", sagte Scholz vor rund 150 Gästen. Steuergeschenke über 30 Milliarden Euro würden Kürzungen am Sozialstaat zur Folge haben oder bei Investitionen in die Zukunft, warnte er.
Scholz verteidigte die hohen staatlichen Corona-Hilfen für die Wirtschaft. 400 Milliarden Euro habe der Bund bereitgestellt, um die Folgen der Corona-Krise zu mildern und Millionen an Arbeitsplätzen zu erhalten. "Ich bekenne mich dazu: Man muss solide wirtschaften, aber in einer Krise auch gegenhalten", sagte Scholz. Der SPD-Politiker zeigte sich überzeugt davon, dass - wie nach der Finanzkrise - in spätestens zehn Jahren wieder eine "stabilere Finanzlage" erreicht sein werde.
Am Nachmittag hatte Scholz den traditionsreichen Boxclub Traktor Schwerin besucht. Dort bekam er einen von namhaften Schweriner Boxern signierten Boxhandschuh überreicht. Boxen sei ein toller Sport, der gute Kondition verlange. "Und darum geht es ja auch, wenn man Deutschland regieren will", sagte er. Zuvor hatte sich Scholz angesichts der vergleichsweise guten Umfragewerte für seine Person zuversichtlich gezeigt, dass auch die SPD bis zum Wahltag noch zulegen werde. "Da ist Bewegung in der Sache. Und ich bin sicher, dass das Wahlergebnis für die SPD so ausfallen wird, dass wir einen Auftrag bekommen, die nächste Regierung zu bilden und zu führen", sagte Scholz.
Am 26. September werden neben dem Bundestag auch die Länderparlamente in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern neu gewählt./fp/DP/he