DJ UPDATE/Deutlich mehr Schaden durch Hackerangriffe auf Unternehmen
--Jährlicher Schaden von 223 Milliarden Euro
--Verdoppelung gegenüber 2018/2019
--Mehr Unternehmen betroffen
--Homeoffice als neues Einfallstor
(NEU: Details, Hintergrund)
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Durch Diebstahl, Spionage und Sabotage entsteht der deutschen Wirtschaft laut einer Studie des Digitalverbandes Bitkom jährlich ein Gesamtschaden von 223 Milliarden Euro. Die Schadenssumme sei mehr als doppelt so hoch wie in den Jahren 2018/2019, als sie noch 103 Milliarden Euro jährlich betrug, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg bei einer Pressekonferenz.
88 Prozent der Unternehmen seien 2020/2021 von Angriffen betroffen gewesen - gegenüber 75 Prozent in den Jahren 2018/2019. Die Zahlen seien "echt schockierend", sagte Berg. "Wir sehen das mit Sorge, vor allen Dingen, weil die Methoden der Kriminellen immer ausgefeilter werden und sie auch in einigen Ländern vor der Strafverfolgung sicher sind."
Die gesamte Wirtschaft sei von Cyberangriffen betroffen. Bei der Umfrage unter 1.067 Unternehmen sprachen laut Borg 88 Prozent von bestätigten Angriffen und 12 Prozent von vermuteten. Besonders betroffen sei der Mittelstand. Haupttreiber des enormen Anstiegs seien Erpressungsvorfälle, verbunden mit dem Ausfall von Informations- und Produktionssystemen sowie der Störung von Betriebsabläufen - meist unmittelbare Folge von Ransomware-Angriffen.
Die dadurch verursachten Schäden hätten sich im Vergleich zu den Vorjahren 2018/2019 mehr als vervierfacht. Aktuell sähen 9 Prozent der Unternehmen ihre geschäftliche Existenz durch Cyberattacken bedroht.
"Die Wucht, mit der Ransomware-Angriffe unsere Wirtschaft erschüttern, ist besorgniserregend und trifft Unternehmen aller Branchen und Größen", erklärte Berg. Systeme würden verschlüsselt und der Geschäftsbetrieb lahmgelegt. Gestohlene Kunden- und Unternehmensdaten erzeugten nicht nur Reputationsschäden, sondern führten auch zum Verlust von Wettbewerbsfähigkeit. "Der Diebstahl von geistigem Eigentum kann für die innovationsgetriebene deutsche Wirtschaft schwerwiegende Konsequenzen haben", warnte der Bitkom-Präsident.
Verfassungsschutz-Vizepräsident Sinan Selen betonte bei derselben Pressekonferenz, die Studie mache deutlich, "wie wichtig eine resiliente Wirtschaft für den Standort Deutschland ist". Die Corona-Pandemie habe die Notwendigkeit drastisch verstärkt. Nur durch eine intensive Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Behörden könne man den Bedrohungen durch Sabotage und Spionage effektiv entgegentreten.
Mehr Vorfälle durch Homeoffice
Homeoffice ist laut Bitkom in der Pandemie ein "zusätzliches Einfallstor" für Angriffe. 59 Prozent der befragten Unternehmen, bei denen Homeoffice grundsätzlich möglich ist, gaben an, seit Beginn der Pandemie habe es IT-Sicherheitsvorfälle gegeben, die auf die Heimarbeit zurückzuführen seien. In 24 Prozent dieser Unternehmen sei das sogar häufig geschehen.
Sofern ein Angriff mit dem Homeoffice in Verbindung stand, sei daraus in 52 Prozent der Fälle auch ein Schaden entstanden. "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einfach zum Arbeiten nach Hause zu schicken, genügt nicht", sagte Berg. Die Geräte müssten gesichert und die Kommunikationskanäle zum Unternehmen geschützt werden.
Die Infizierung mit Schadsoftware setze die deutsche Wirtschaft besonders unter Druck, sie habe 2020/2021 in 31 Prozent der befragten Unternehmen Schäden verursacht. Sogenannte DDoS-Attacken, bei denen Angreifer bestimmte Ressourcen gezielt überlasteten und zum Beispiel Server mit massenhaften Anfragen in die Knie zwangen, betrafen 27 Prozent.
Spoofing, das Vortäuschen einer falschen Identität, und Phishing, das Abfangen persönlicher Daten, haben laut den Angaben in 20 respektive 18 Prozent der Unternehmen Schäden verursacht. Dabei hätten es Datendiebe mehr denn je auf Kommunikationsdaten und geistiges Eigentum abgesehen.
In den kommenden Monaten werde die Bedrohungslage durch Cyberattacken nach der Erwartung der Wirtschaft sogar noch ernster - 83 Prozent der Unternehmen befürchteten, die Zahl der Angriffe werde bis Ende dieses Jahres zunehmen. "Der Schutz der deutschen Wirtschaft entscheidet wesentlich über den Erfolg und die Strahlkraft des Wirtschaftsstandorts Deutschland", sagte Berg.
Die Stärkung des Wirtschaftsschutzes und der Aufbau notwendiger Cyber-Resilienz könnten nur gelingen, "wenn die nächste Bundesregierung den Schulterschluss mit der Wirtschaft sucht".
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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August 05, 2021 05:46 ET (09:46 GMT)
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