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FRANKFURT (dpa-AFX) - Lufthansa -Chef Carsten Spohr setzt bei der Wiederbelebung des internationalen Luftverkehrs auf US-Präsident Joe Biden. Schon in naher Zukunft werde dessen Regierung die Einreise doppelt geimpfter EU-Bürger erlauben, deutete der Lufthansa-Chef am Donnerstag erste Medienberichte aus den USA. Es gebe ein klares Signal, dass mit hohem Tempo an dem Thema gearbeitet werde.
Die Routen über den Nordatlantik sind seit langem das wichtigste Geschäft des Kranich-Konzerns, der bislang konservativ für Ende September mit einem Ende des aktuellen Einreisestopps gerechnet hat. Schon jetzt, während de facto fast ausschließlich US-Bürger zwischen den beiden Kontinenten fliegen dürfen, steuert der Konzern nahezu alle früheren US-Ziele an und erzielt dort mehr Umsatz als mit jedem anderen Verkehrsgebiet auf der Fernstrecke. "Die Erholung geht von Nordamerika aus", sagte Spohr. Verbesserte gegenseitige Einreisebedingungen in Asien erwartet Lufthansa zusätzlich zum Ende des Jahres.
Dass die Erholung bitter notwendig ist, haben die am Donnerstag veröffentlichten Geschäftszahlen des MDax -Konzerns für das zweite Quartal 2021 erneut deutlich gemacht. Lufthansa konnte bei einem Umsatz von 3,2 Milliarden Euro zwar den Verlust auf 756 Millionen Euro begrenzen, traut sich aber auch in diesem Sommer und im Gesamtjahr keinen Gewinn zu. Für das erste Halbjahr 2021 steht damit schon wieder ein Verlust von 1,8 Milliarden Euro in den Büchern nach 6,7 Milliarden Euro für das gesamte Katastrophenjahr 2020.
Die Lufthansa-Aktie lag am Nachmittag 0,2 Prozent im Minus. Die Zahlen seien weitgehend wie vom Markt erwartet ausgefallen, meinte Goldman-Sachs-Analyst Patrick Creuset.
Während die Airlines in diesem Frühjahr weiterhin hohe Verluste einflogen, kamen positive Beiträge von der auf Rekordkurs fliegenden Frachtsparte Lufthansa Cargo, der Lufthansa Technik mit ihrem wieder anziehenden Wartungsgeschäft sowie der zum Verkauf stehende Cateringtochter LSG mit ihrem außereuropäischen Geschäft. An den Verkaufsplänen hält Spohr trotz der willkommenen Gewinnbeiträge fest. Bei der zum Kerngeschäft zählenden LH-Technik gehe es nur um den Verkauf eines Minderheitsanteils, über den noch innerhalb dieses Jahres entschieden werde. Der Verkauf müsse die entgehenden Gewinne ausgleichen, sonst werde er nicht vollzogen.
Vorangekommen ist der Konzern beim geplanten Personalabbau, der vor allem die Kerngesellschaft Lufthansa mit ihren hohen Personalkosten treffen wird. Mehr als 30 000 Beschäftigte haben den Konzern weltweit bereits verlassen, allein in Deutschland sollten noch einmal 10 000 Leute gehen. Von diesen hätten sich bereits 5000 für einen Abschied entschieden, berichtete Finanzvorstand Remco Steenbergen. Von den weiteren 5000 werde eine vierstellige Zahl von Kabinenmitarbeitern Abfindungsangebote annehmen. Für die Piloten gelte weiterhin das Angebot, mit einer für alle verbindlichen Teilzeit betriebsbedingte Entlassungen zu vermeiden, sagte Spohr. Er sei hier optimistischer als noch vor wenigen Monaten.
Der Vorstandschef hält es auch immer noch für möglich, die vom deutschen Staat erhaltene Milliardenhilfe noch vor der Bundestagswahl am 26. September über eine Kapitalerhöhung zurückzuzahlen. Dies hänge aber noch von verschiedenen Faktoren auch am Kapitalmarkt ab. Erst im zweiten Quartal hatte das Unternehmen weitere 1,5 Milliarden Euro aus der zweiten stillen Einlage des Bundes gezogen, so dass sich die gesamten in Anspruch genommenen Staatshilfen nun auf 4 Milliarden Euro belaufen. Insgesamt hatten Deutschland, Belgien, Österreich und die Schweiz 9 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.
Erstmals seit Beginn der Krise sind der Lufthansa im Frühjahr zudem mehr Barmittel zugeflossen als hinaus. Vor allem die Buchungen für die kommenden Monate sorgten für einen positiven operativen Cashflow in Höhe von 784 Millionen Euro. Für das Gesamtjahr rechnet Lufthansa damit, ihren bereinigten Verlust vor Zinsen und Steuern (bereinigtes Ebit) unter dem Vorjahreswert von 5,5 Milliarden Euro halten zu können. Im dritten Quartal soll das Flugangebot auf etwa 50 Prozent des Vorkrisen-Niveaus steigen, nachdem es im zweiten Quartal erst 29 Prozent erreicht hatte. Im Schnitt des Gesamtjahres dürfte die angebotene Kapazität etwa 40 Prozent des Vor-Corona-Jahrs 2019 betragen./ceb/stw/DP/men