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DJ DIHK: Lieferengpässe bremsen Konjunkturaufschwung aus
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Lieferschwierigkeiten sowie deutliche Preissteigerungen bei Vorprodukten und Rohstoffen machen nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) derzeit nicht nur der international orientierten deutschen Industrie zu schaffen - sie treffen vielmehr Betriebe sämtlicher Branchen und Größenklassen und bremsen den Aufschwung aus.
"Lieferengpässe und Preissteigerungen bei wichtigen Vorprodukten treffen die deutschen Unternehmen mit großer Wucht und in der Breite der Wirtschaft über ganz viele Wirtschaftszweige hinweg", sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier zu Journalisten.
Diese Entwicklung dürfte den wirtschaftlichen Erholungsprozess merklich erschweren, erklärte Treier. Der DIHK sehe sich leider in seiner Erwartung bestätigt, "dass wir erst wieder im weiteren Verlauf 2022 an die alte Wirtschaftsleistung von vor der Corona-Pandemie anknüpfen können". Laufe es gut, sei vielleicht wieder Mitte 2022 das Niveau des vierten Quartals 2019 erreichbar.
Laut der Blitzumfrage, die der DIHK von Ende Juli bis zum 9. August unter knapp 3.000 deutschen Unternehmen im In- und Ausland durchführte, sorgen die Lieferengpässe bei den betroffenen Unternehmen für zahlreiche Einschränkungen im Betriebsablauf: höhere Einkaufspreise, längere Wartezeiten auf bestellte Waren und Rohstoffe und ein gestiegener Planungsaufwand stellten den Großteil der Unternehmen vor Herausforderungen. "Damit wird die wirtschaftliche Erholung dieser Betriebe nach den Einschränkungen durch die Coronavirus-Pandemie erschwert", so der DIHK.
42 Prozent der Unternehmen können demnach bestehende Aufträge nicht abarbeiten, 17 Prozent müssen neue Aufträge bereits ablehnen. Ein Viertel der Unternehmen müsse aufgrund der Lieferschwierigkeiten seine Produktion drosseln oder sogar stoppen. Bei 43 Prozent der Unternehmen führe die aktuelle Situation zu Umsatzausfällen. 88 Prozent nannten als Auswirkung der Lieferengpässe höhere Einkaufspreise, 73 Prozent längere Wartezeiten und 60 Prozent einen gestiegenen Planungsaufwand. Treier nannte dies "insofern bemerkenswert, als wir es hier ja nicht mit einer plötzlichen Situation zu tun haben". Die Lieferkettenprobleme hätten sich im Verlauf aufgetürmt.
Starke Engpässe bei Stahl und Aluminium
Knapp die Hälfte der befragten Betriebe ist laut der Erhebung von Lieferengpässen oder Preissteigerungen bei Stahl betroffen, rund ein Viertel bei Aluminium. Bei Kupfer berichte fast jedes fünfte deutsche Unternehmen von einer angespannten Situation bei Preis und Verfügbarkeit. Ein Viertel der Befragten könne Holz nicht in ausreichender Menge oder nur zu deutlich höheren Preisen beziehen. Dabei sei die Situation der deutschen Unternehmen im Ausland insgesamt etwas entspannter als in Deutschland, wo knapp ein Drittel Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Holz melde. Zwei von fünf deutschen Unternehmen berichteten zudem von einer schwierigen Marktlage bei Kunststoffen.
Im Umgang mit den Lieferengpässen und Preissteigerungen setzen die Unternehmen laut den Angaben auf verschiedene Maßnahmen. Zwei Drittel der Betriebe sehen sich demnach aufgrund der höheren Einkaufspreise gezwungen, Preiserhöhungen an Kunden weiterzugeben oder planen, dies zu tun. Ebenfalls fast zwei Drittel der Unternehmen sind auf der Suche nach neuen oder zusätzlichen Lieferanten für ihre Materialien. 57 Prozent wollen ihre Lagerhaltung erhöhen.
Der Einsatz von alternativen oder recycelten Materialien stellt laut DIHK für 17 Prozent der Unternehmen eine Lösung dar. Ebenfalls 17 Prozent der Betriebe sehen sich gezwungen, Personalanpassungen wie Kurzarbeit oder Abbau von Überstunden und Urlaubstagen vorzunehmen. Etwa jedes zwölfte Unternehmen will aufgrund der Lieferschwierigkeiten Teile seiner Produktion an neue Standorte verlagern.
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August 19, 2021 03:12 ET (07:12 GMT)
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