Osnabrück (ots) - Kubicki hält Wiederholung der Bundestagswahl für möglich
Parlamentsvizepräsident glaubt wegen Zweifeln am Wahlrecht, dass Neuwahlen "nicht ausgeschlossen" sind
Osnabrück. Der Bundestagsvizepräsident und stellvertretende FDP-Chef Wolfgang Kubicki hält wegen Zweifeln am aktuellen Wahlrecht eine baldige Wiederholung der anstehenden Bundestagswahl für möglich. Zwar sei das "nicht überwiegend wahrscheinlich", sagte Kubicki der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ), aber: "Das ist nicht ausgeschlossen." Käme es so, wäre das in Kubickis Augen schlimm: "Neuwahlen wären ein Desaster und ein letzter herber Schlag gegen die Große Koalition", kritisierte der Jurist gegenüber der NOZ.
Die Groko hatte letztes Jahr das Wahlrecht geändert und dabei unter anderem beschlossen, dass drei sogenannte Überhangmandate künftig nicht mehr durch Ausgleichsmandate kompensiert werden. Die Regelung soll nach Angaben von Union und SPD eine weitere Vergrößerung des auf 709 Abgeordnete angewachsenen Bundestags bremsen, führt aber auch dazu, dass voraussichtlich eine Partei etwas mehr Mandate erhält, als ihr nach prozentualem Stimmenanteil zustehen.
Nicht zuletzt deshalb haben FDP, Grüne und Linke vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Gesetz geklagt sowie einen Eilantrag gestellt, mit dem sie eine Aufhebung der neuen Regeln noch vor der Wahl am 26. September erreichen wollten.
Diesen Antrag haben die Richter zwar im August abgewiesen, in der Begründung aber trotzdem große Zweifel am Gesetz erkennen lassen. Es erscheine "nicht ausgeschlossen", dass die Regelungen "gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot sowie gegen die Gleichheit der Wahl und die Chancengleichheit der Parteien verstoßen", schrieben sie.
Dass die Richter dennoch nicht schon vor der Wahl eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen haben, begründen sie mit großem Prüfungsbedarf und damit, dass eine durch das Gesetz eventuell verursachte verfassungswidrige Benachteiligung später korrigiert werden könnte, etwa durch eine Neuwahl. "Die Folgen einer Ablehnung der einstweiligen Anordnung würden dadurch abgemildert, dass die zu unterstellenden Verfassungsverstöße im Rahmen einer Wahlprüfungsbeschwerde festgestellt werden könnten und - abhängig von der Schwere des Wahlfehlers - gegebenenfalls die Anordnung einer Neuwahl in Betracht käme", formulieren die Verfassungsrichter.
Das heißt nicht, dass automatisch Neuwahlen kommen, falls das Gericht im Lauf des nächsten Jahres feststellen sollte, dass das neue Wahlrecht verfassungswidrig ist. Doch wenn etwa die Bildung einer Regierungsmehrheit an den drei nicht ausgeglichenen Überhangmandaten hinge, könnte sich der Wahlfehler als so schwer erweisen, dass Neuwahlen nötig würden - und das hält Kubicki nach Lektüre des Gerichtsurteils für möglich. "Die intensive Diskussion der verfassungsrechtlichen Zweifel", sagt er, "würden mir als Großer Koalition jedenfalls zu denken geben."
Dagegen hält der Kölner Staatsrechtler Christoph Schönberger eine Neuwahl aufgrund von Wahlprüfungsbeschwerden für "ausgeschlossen". Zwar sei es "nicht fernliegend", dass die Karlsruher Richter das Wahlgesetz für verfassungswidrig erklären werden, sagte er der NOZ. Doch gehe er davon aus, dass das Gericht dann lediglich den Bundestag auffordern werde, für die Zukunft ein neues, verfassungskonformes Gesetz innerhalb einer vorgegebenen Frist zu beschließen.
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Parlamentsvizepräsident glaubt wegen Zweifeln am Wahlrecht, dass Neuwahlen "nicht ausgeschlossen" sind
Osnabrück. Der Bundestagsvizepräsident und stellvertretende FDP-Chef Wolfgang Kubicki hält wegen Zweifeln am aktuellen Wahlrecht eine baldige Wiederholung der anstehenden Bundestagswahl für möglich. Zwar sei das "nicht überwiegend wahrscheinlich", sagte Kubicki der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ), aber: "Das ist nicht ausgeschlossen." Käme es so, wäre das in Kubickis Augen schlimm: "Neuwahlen wären ein Desaster und ein letzter herber Schlag gegen die Große Koalition", kritisierte der Jurist gegenüber der NOZ.
Die Groko hatte letztes Jahr das Wahlrecht geändert und dabei unter anderem beschlossen, dass drei sogenannte Überhangmandate künftig nicht mehr durch Ausgleichsmandate kompensiert werden. Die Regelung soll nach Angaben von Union und SPD eine weitere Vergrößerung des auf 709 Abgeordnete angewachsenen Bundestags bremsen, führt aber auch dazu, dass voraussichtlich eine Partei etwas mehr Mandate erhält, als ihr nach prozentualem Stimmenanteil zustehen.
Nicht zuletzt deshalb haben FDP, Grüne und Linke vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Gesetz geklagt sowie einen Eilantrag gestellt, mit dem sie eine Aufhebung der neuen Regeln noch vor der Wahl am 26. September erreichen wollten.
Diesen Antrag haben die Richter zwar im August abgewiesen, in der Begründung aber trotzdem große Zweifel am Gesetz erkennen lassen. Es erscheine "nicht ausgeschlossen", dass die Regelungen "gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot sowie gegen die Gleichheit der Wahl und die Chancengleichheit der Parteien verstoßen", schrieben sie.
Dass die Richter dennoch nicht schon vor der Wahl eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen haben, begründen sie mit großem Prüfungsbedarf und damit, dass eine durch das Gesetz eventuell verursachte verfassungswidrige Benachteiligung später korrigiert werden könnte, etwa durch eine Neuwahl. "Die Folgen einer Ablehnung der einstweiligen Anordnung würden dadurch abgemildert, dass die zu unterstellenden Verfassungsverstöße im Rahmen einer Wahlprüfungsbeschwerde festgestellt werden könnten und - abhängig von der Schwere des Wahlfehlers - gegebenenfalls die Anordnung einer Neuwahl in Betracht käme", formulieren die Verfassungsrichter.
Das heißt nicht, dass automatisch Neuwahlen kommen, falls das Gericht im Lauf des nächsten Jahres feststellen sollte, dass das neue Wahlrecht verfassungswidrig ist. Doch wenn etwa die Bildung einer Regierungsmehrheit an den drei nicht ausgeglichenen Überhangmandaten hinge, könnte sich der Wahlfehler als so schwer erweisen, dass Neuwahlen nötig würden - und das hält Kubicki nach Lektüre des Gerichtsurteils für möglich. "Die intensive Diskussion der verfassungsrechtlichen Zweifel", sagt er, "würden mir als Großer Koalition jedenfalls zu denken geben."
Dagegen hält der Kölner Staatsrechtler Christoph Schönberger eine Neuwahl aufgrund von Wahlprüfungsbeschwerden für "ausgeschlossen". Zwar sei es "nicht fernliegend", dass die Karlsruher Richter das Wahlgesetz für verfassungswidrig erklären werden, sagte er der NOZ. Doch gehe er davon aus, dass das Gericht dann lediglich den Bundestag auffordern werde, für die Zukunft ein neues, verfassungskonformes Gesetz innerhalb einer vorgegebenen Frist zu beschließen.
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