MÜNCHEN (dpa-AFX) - Beim Labordienstleister Synlab brummen dank der Corona-Pandemie die Geschäfte weiterhin. Die gute Geschäftsentwicklung hat zuletzt auch die Aktien des Anbieters von verschiedenen Tests auf das Sars-Cov-2-Virus beflügelt. Der Börsenneuling wird deshalb bald in den SDax aufsteigen. Zur Lage des Unternehmens, was die Experten sagen und was die Aktie macht.
DAS IST LOS BEI SYNLAB:
Das Unternehmen mit Sitz in München geht auf die 1998 von Bartl Wimmer gegründete "Vereinigung freier Laborärzte" aus Augsburg zurück. 2015 übernahm der Finanzinvestor Cinven das Unternehmen - am Markt ist von einem Kaufpreis von 1,7 Milliarden Euro die Rede - und fusionierte es mit dem zuvor ebenfalls übernommenen französischen Labordienstleister Labco. Synlab beschäftigt inzwischen rund 20 000 Mitarbeiter. Neben der Labordiagnostik etwa für Kliniken und Mediziner verfügt Synlab noch über einen kleineren veterinärmedizinischen Zweig.
Derzeit laufen die Geschäfte für Synlab rund. Dabei profitiert das Unternehmen vor allem von der starken Nachfrage nach Sars-Cov-2-Diagnostik. In den ersten sechs Monaten 2021 führte der Labordienstleister insgesamt 14,5 Millionen PCR-Tests und 2,2 Millionen andere Tests auf das Corona-Virus durch. Den Umsatz konnte Synlab in diesem Zeitraum mit rund 1,9 Milliarden Euro nahezu verdoppeln und den bereinigten operativen Gewinn mit 663 Millionen Euro mehr als verdreifachen. Unter dem Strich wies die Firma einen Gewinn aus.
Aufgrund der guten Geschäftsentwicklung zeigte sich das Management für das Gesamtjahr zuletzt zuversichtlicher. So peilt es seit Juli für 2021 ein Umsatzwachstum von bis zu einem Viertel auf 3,2 bis 3,3 Milliarden Euro an. Zuvor war lediglich von mehr als 3,0 Milliarden die Rede gewesen. Das bereinigte operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll um mehr als ein Drittel auf mehr als 925 Millionen Euro klettern. Auch für den freien Mittelzufluss vor Zu- und Verkäufen sowie vor Finanzierungskosten ist nun eine höhere Summe angepeilt.
Beobachter hatten zuletzt Zweifel daran geäußert, ob Synlab sein hohes Wachstum in den kommenden Jahren weiter halten kann. Dies galt auch als Bremsklotz bei den Vorbereitungen zum Börsenstart. Für Konzernchef Mathieu Floreani jedoch ist die aktuelle Corona-Abhängigkeit seines Unternehmens kein gravierendes Problem: Er geht wie viele andere Gesundheitsexperten davon aus, dass Covid-19 künftig endemisch, also örtlich begrenzt sein wird, oder sich bei einer bestimmten Population hält. Deshalb müsse auch in Zukunft viel getestet werden, ist der Manager überzeugt und hofft auf anhaltenden Schub auch für Synlab.
Zudem will der Konzern auch weiterhin durch Übernahmen wachsen - in der Regel kauft das Unternehmen pro Jahr etwa 20 bis 30 Labore hinzu. Dieses Tempo will Floreani halten, wobei er den Fokus künftig auf Lateinamerika und Afrika legt. Synlab will früheren Angaben zufolge für Zukäufe jährlich rund 200 Millionen Euro in die Hand nehmen. Seit Jahresbeginn seien weitere Labore hinzugekommen, hieß es zuletzt. Große Konkurrenten sind etwa die Labordienstleister Sonic, Unilabs, Certa und Eurofins
Erst Ende April wagte Synlab den Gang auf das Parkett und schafft es nun in den SDax. Ab dem 20. September wird die Aktie dann in dem Index für kleinere Börsenwerte gehandelt.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Die hohe Nachfrage nach Covid-Tests treibt auch den Aktienkurs des Labordienstleister an. Zudem profitiert das Unternehmen von dem Aufstieg in den SDax. Wichtig sind Index-Änderungen vor allem für Fonds, die Indizes exakt nachbilden (ETF). Dort muss dann entsprechend umgeschichtet und umgewichtet werden, was Einfluss auf die Aktienkurse haben kann. Erst jüngst erreichte die Aktie mit fast 22 Euro ein Rekordhoch. Danach kam das Papier zwar wieder zurück, doch Aktionäre der ersten Stunde vom Börsengang in diesem Frühjahr können sich inzwischen über einen Buchgewinn von mehr als 15 Prozent freuen.
Dabei waren die letzten Monate keineswegs nur von Erfolg gekrönt gewesen: Die Aktie war Ende April zum Preis von 18 Euro an die Börse gebracht worden - und damit nur am unteren Ende der zuvor ausgerufenen Preisspanne. In den ersten Handelstagen konnte der Kurs im Hoch zwar noch bis auf 21,56 Euro anziehen, doch danach ging es allmählich wieder bergab. Zwischenzeitlich war der Titel im Tief nur noch 17,40 Euro wert. So sorgten sich Investoren, dass das Wachstum des Konzerns ganz maßgeblich von den Corona-Tests abhängt. Sollten die irgendwann nicht mehr notwendig sein, würde ein wichtiges Geschäft wegbrechen, was wohl nur schwer aufzufangen wäre, lauten die Befürchtungen.
Zuletzt stand der Kurs bei rund 21 Euro, womit Synlab auf eine Marktkapitalisierung von knapp 4,7 Milliarden Euro kommt. Damit bringen die Münchener deutlich weniger als die Hälfte des Börsenwertes des großen Konkurrenten Sonic Healthcare auf die Waage - das Marktgewicht der Australier beträgt umgerechnet rund 13 Milliarden Euro. Größter Aktionär ist weiter Cinven, die knapp die Hälfte der Aktien halten.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Die Resultate im ersten Halbjahr waren nach Ansicht von Analystin Veronika Dubajova von der US-Investmentbank Goldman Sachs besser ausgefallen als erwartet. Sie geht davon aus, dass Synlab auch im zweiten Halbjahr 2021 und im ersten Quartal 2022 Rückenwind von der Corona-Pandemie erhalten dürfte. Ein 25-prozentiger Abschlag gegenüber der Aktie des australischen Konkurrenten Sonic findet Dubajova nicht gerechtfertigt.
Für Analyst Craig McDowell von der US-Bank JPMorgan steht der angehobene Ausblick in erster Linie mit Corona-Tests in Zusammenhang. Das übrige Kerngeschäft entwickele sich derzeit "robust". Das Jahresziel für den Barmittelzufluss (Cashflow) bringe Spielraum für Übernahmen mit sich. Das Analystenhaus Stifel rechnet damit, dass Synlab seine neuen Prognosen für 2021 weitgehend übertreffen wird. Die Entwicklung in 2022 ließe sich allerdings aufgrund von Covid-19 schwer vorhersagen.
Die neu formulierten Ziele von Synlab stehen Jefferies-Experte James Vane-Tempest zufolge mit der besser als erwartet ausgefallenen geschäftlichen Entwicklung im ersten Halbjahr in Zusammenhang. Dazu beigetragen hätten die Effekte durch Corona-Tests, aber auch das robuste Wachstum im übrigen Basisgeschäft./mne/tav/nas