DJ Bundestag billigt Fluthilfefonds und Änderungen im Infektionsschutzgesetz
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Der Bundestag hat die Einrichtung eines Fluthilfefonds von bis zu 30 Milliarden Euro für die vom Hochwasser betroffenen Gebiete beschlossen. Wie Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau bekanntgab, stimmten die Koalitionsfraktionen, FDP, Linke und Grüne für den Gesetzentwurf. Zwei Abgeordnete der AfD votierten dagegen, die übrigen Mitglieder dieser Fraktion enthielten sich den Angaben zufolge. Der Beschluss sieht die Einrichtung eines Sondervermögens "Aufbauhilfe 2021" in Höhe von bis zu 30 Milliarden Euro vor, um die Schäden durch das Juli-Hochwasser insbesondere in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen zu bewältigen.
Vorgesehen ist eine hälftige Beteiligung der Länder an der Rückzahlung von 28 Milliarden Euro, indem sie bis zum Jahr 2050 Anteile am Umsatzsteueraufkommen an den Bund abtreten. Für 2 Milliarden zur Wiederherstellung der Infrastruktur des Bundes kommt dieser allein auf. Noch in diesem Jahr stehen 16 Milliarden der insgesamt 30 Milliarden Euro aus dem Hilfsfonds im Budget im Rahmen der bereits gewährten Kreditermächtigungen zur Verfügung. Der Bundesrat hat bereits für den 10. September eine Sondersitzung einberufen, um das Gesetz zu beschließen.
Gebilligt wurde vom Bundestag auch, dass die Insolvenzantragspflicht temporär ausgesetzt werden soll, sofern die Zahlungsunfähigkeit auf den Auswirkungen der Starkregenfälle oder des Hochwassers beruht und begründete Aussicht auf Sanierung besteht. Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf laut Bundestag Änderungen unter anderem beim Pfändungsschutz vor, um Betroffenen mit Finanzengpässen Luft zu verschaffen. Ein weiterer Bestandteil sind Regelungen für eine bessere Warnung der Bevölkerung bei künftigen ähnlichen Ereignissen. So werden Mobilfunkbetreiber zur Einrichtung eines Cell-Broadcast-Systems verpflichtet, mit dem an alle in einer Funkzelle eingebuchten Mobiltelefone eine Mitteilung verschickt werden kann.
Mit dem Gesetzentwurf werden zudem verschiedene Änderungen im Infektionsschutzgesetz vorgenommen. So soll die sogenannte Hospitalisierung, also die Zahl der Corona-Patienten in Krankenhäusern, als neuer, wesentlicher Maßstab für die Corona-Schutzvorkehrungen benannt werden. Zudem soll in bestimmten Einrichtungen eine Auskunftspflicht der Mitarbeiter zu ihrem Impfstatus eingeführt werden, darunter in Kitas, Schulen und Pflegeheimen. Die Regelung soll laut Bundestag nur bei einer von diesem festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite gelten. Der Gesetzentwurf beinhaltet auch eine Verpflichtung, bei der Einreise über einen Test-, Impf- oder Genesungsnachweis zu verfügen.
Redner der Opposition hatten in der Debatte zuvor heftig kritisiert, dass die Hochwasserhilfen von Änderungen im Infektionsschutzgesetz begleitet werden sollten. "Nach unserer Auffassung lassen sich weitere massive Grundrechtseinschränkungen nicht mehr begründen", sagte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki für die FDP-Fraktion. Grünen-Haushaltssprecher Sven-Christian Kindler bezeichnete die Kombination von Aufbauhilfen und Infektionsschutzgesetz in einer Debatte als "sehr unglücklich". Die stellvertretende Linke-Fraktionsvorsitzende Gesine Lötzsch nannte das Vorgehen zur Impfstatusabfrage "völlig überstürzt". AfD-Gesundheitssprecher Detlev Spangenberg kritisierte, es würden "schikanöse, grundrechtsfeindliche" Änderungen vorgenommen.
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September 07, 2021 09:27 ET (13:27 GMT)
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